Zeuge im Cum-Ex-Prozess
Der Staat hat kein Geld für Kindergärten? Na und! Im ersten Cum-Ex-Prozess beschreibt ein Zeuge die Skrupellosigkeit der Täter. Und warum der Gesetzgeber die krummen Geschäfte weiter anfachte.
Der Staat habe im Kampf gegen hoch umstrittene Cum-Ex-Steuerdeals krasse Fehler gemacht, so die Aussage eines zentral beteiligten Akteurs. Ein 2007 beschlossenes Gesetz habe die Geschäfte nicht trockengelegt, sondern erst richtig angefacht, sagte der 48-jährige Anwalt am Dienstag vor dem Bonner Landgericht, wo er als Zeuge im ersten Cum-Ex-Strafprozess auftrat (Az: 62 KLs 1/19). „Es war gedacht zur Eindämmung von Cum-Ex, aber es war ein Brandbeschleuniger.“ Die Akteure hätten ihre Geschäfte teilweise ins Ausland verlagert und danach stärker weitergemacht als zuvor. Erst 2010 hätten diese Geschäfte ihren Höhepunkt erreicht.
Der 48-Jährige war lange Berater von Investoren, die mit dem Hin- und Herschieben von Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch viel Geld machten: Anleger ließen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten und strichen so über Jahre Milliarden zulasten der Staatskasse ein. Der Jurist trat als Zeuge auf, wegen seiner tiefen Verstrickungen in Cum-Ex-Transaktionen ist er in anderen Verfahren aber auch Beschuldigter….
Allen Beteiligten seien die Fakten bekannt gewesen, sie hätten alle ein Ziel gehabt: „Es ging nur um Profitmaximierung.“
Der aufwendige Strafprozess geht mindestens noch bis Anfang 2020. Angeklagt sind zwei britische Ex-Aktienhändler, ihnen werden 33 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung und ein Versuch im Zeitraum 2006 bis 2011 vorgeworfen, dabei soll ein Schaden von 447 Millionen Euro entstanden sein. Es gibt noch zahlreiche weitere Verfahren – der Cum-Ex-Gesamtschaden für die Staatskasse soll im zweistelligen Milliardenbereich liegen….Der Spiegel