Was sind „aufgeblähte Vermögenspreise“

Drohende Fehlallokationen: Aufgeblähte Vermögenspreise bergen Gefahren
Die laxe Geldpolitik hat die Vermögenspreise nach oben getrieben. Dabei dürfte es zu erheblichen Fehlallokationen kommen. Die Entwicklung könnte den Keim der nächsten Welle der Krise in sich tragen.

Michael Ferber berichtet: «Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten», hat Nobelpreisträger Albert Einstein einmal gesagt. Dennoch versuchen die internationalen Zentralbanken seit Jahrzehnten mit der immergleichen Methode, Krisen zu bekämpfen – mit der Bereitstellung von billigem Geld. Dies führt in der Folge zu immer rascheren Aufschwüngen und Abstürzen an den Finanzmärkten, alleine im vergangenen Jahrzehnt gab es mit dem Platzen der New-Economy-Blase 2000 bis 2003 sowie der seit 2007 dauernden Finanz- und Schuldenkrise zwei tiefgreifende Finanzmarktkrisen. Mit dem Argument, eine Deflation verhindern zu müssen, haben Zentralbanken wie die amerikanische Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) in den vergangenen Jahren noch mehr Geld aus dem Nichts geschaffen.

Trotzdem hat das viele billige Geld bisher nicht für einen nennenswerten Anstieg der Inflation gesorgt, die mit den klassischen Konsumentenpreisindizes gemessen wird. Die Geldschwemme hat aber zu einem starken Anstieg bei Vermögenswerten wie Immobilien, Aktien sowie Kunst und anderen «exotischen» Sachwerten geführt. Diese Art der Teuerung ist in der offiziellen Inflationsstatistik nicht enthalten. Aloys Prinz, Professor für Finanzwissenschaft an der Universität Münster und zusammen mit Hanno Beck Autor des Buchs «Die grosse Geldschmelze», hält deshalb die gängigen Messmethoden von Inflation für irreführend.

Die Inflation der Vermögenspreise ist unübersehbar. So sind beispielsweise die Preise für Liegenschaften in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz – angetrieben von den ultraniedrigen Zinsen – in den vergangenen Jahren nach oben geschossen. Die Geldschwemme und die extrem niedrigen Zinsen an den Obligationenmärkten treiben die Anleger ausserdem in Aktien. So ist beispielsweise das deutsche Börsenbarometer DAX in den vergangenen drei Jahren um rund 75% gestiegen. In diesem Jahr hat sich das Rally nach Ankündigung des Anleihekaufprogramms der EZB erneut beschleunigt, der DAX liegt 2015 per Donnerstag mit rund 16% im Plus. Die Inflation der Vermögenspreise zeigt sich auch am Kunstmarkt. Wie aus einer Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg hervorgeht, ist im Mai bei Auktionen in New York Kunst im Wert von rekordhohen 2,7 Mrd. $ versteigert worden – ein Plus von 23% gegenüber demselben Vorjahresmonat. Zudem wechselte ein Werk von Picasso für den Rekordpreis von 179,4 Mio. $ den Besitzer. Ablesen lässt sich die Entwicklung auch an dem von Flossbach von Storch errechneten Vermögenspreisindex, der die Preisänderung von Vermögensgütern deutscher Haushalte erfasst.

Hinter der Entwicklung stehe das Kalkül der Zentralbanken, die Vermögenspreise mit aller Macht nach oben zu drücken, um Investitionen, den Konsum und letztlich das Wirtschaftswachstum anzuregen, sagt Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und ehemaliger Chefökonom der Deutschen Bank. In den USA und Grossbritannien – weniger in der Euro-Zone – sei dies sogar vorübergehend gelungen, und die Folgen des Crashs des Jahres 2008 seien gelindert worden. Der damalige Absturz der Vermögenspreise sorgte für enorme Verwerfungen in den Bilanzen von privaten Haushalten und Unternehmen, und in der Folge gerieten reihenweise Banken ins Straucheln.

Zentralbanken im Dilemma
Nach Jahren, in denen die Vermögenspreise mittels billigen Geldes «aufgepumpt» worden sind, stehen die Zentralbanken laut Mayer nun vor einem Dilemma: Erhöhten sie die Zinsen, drohe sich die Überbewertung bei den Aktiva zu reduzieren. Da die Passiva dann nicht mehr gedeckt seien, könnte es erneut zu Zahlungsausfällen kommen, und ein erneuter Crash könnte die Folge sein. Beliessen die Zentralbanken die Leitzinsen hingegen auf Nullniveau, so drohten sich umso grössere Blasen an den Märkten zu bilden – mit immer schlimmeren makroökonomischen Folgen bei deren Platzen.

So hält Mayer beispielsweise eine Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt für praktisch unausweichlich. Die Geldpolitik, die die EZB für die ganze Euro-Zone mache, sei für Deutschland viel zu lax. Die extrem niedrigen Zinsen sorgten in Deutschland folglich für einen regelrechten Immobilienboom und blähten die Preise künstlich auf. Dies wiederum gebe dann Raum für zusätzliche Verschuldung. Die Inflation der Vermögenspreise könnte aber noch eine Zeitlang weitergehen, solange sie von den Zentralbanken befeuert wird. So läuft beispielsweise das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) bis Herbst 2016.

Prinz glaubt allerdings nicht, dass sich die «aufgeblasenen» Vermögenspreise auf Dauer auf dem derzeitigen hohen Niveau halten lassen. Vielmehr könnte die Inflation der Vermögenspreise zur Wurzel der nächsten Etappe in der Finanz- und Schuldenkrise werden. Die Vermögenspreisinflation schaffe starke Fehlallokationen von Kapital. Bereits heute spiegelten die Preise der Vermögensgüter oft nicht das wider, was sie in Zukunft erwirtschaften könnten. So könnte die von den Zentralbanken erhoffte Ankurbelung des Wirtschaftswachstums steckenbleiben, da das viele billige Geld nur die Preise von Vermögensgütern nach oben treibt, aber letztlich unproduktiv investiert wird. Eine laxe Geldpolitik könne kein Wachstum schaffen, sondern höchstens Zeit für strukturelle Reformen erkaufen, sagt Prinz.

Das seit mehreren Jahrzehnten in einer Deflation steckende Japan gilt als Beispiel dafür, was passiert, wenn solche Reformen nach einer Inflation der Vermögenspreise nicht angegangen werden – das Wachstum lässt sich schliesslich kaum mehr ankurbeln. Anfang der 1990er Jahre platzte in Japan eine riesige Immobilienblase, die das Land immer tiefer in eine Schuldenspirale und Bankenkrise stürzte. Dass das Land bis heute in dieser Krise steckt, zeigt die potenziell schlimmen Folgen einer Vermögenspreisinflation…..
Aufgeblaehte Vermoegenspreise bergen Gefahren
Bubble-Preisblase

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