Tax Wars – Krieg der Steuern

Wirtschaft und Finanzen sind zu wichtig, um sie allein den Politikern und Technokraten zu überlassen. Wir alle brauchen mehr Finanzbildung, sagt Jayati Ghosh/ ICRICT in diesem hochinteressanten Arte Beitrag .

Der Dokumentarfilm blickt hinter die Kulissen im weltweiten Kampf gegen die Steuerflucht von Großkonzernen. Das Thema ist von großer Bedeutung: Steuereinnahmen dienen in Zeiten zunehmender Ungleichheit und eines erstarkenden Populismus dazu, den Sozialstaat und den Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren.

Dabei gibt es Ansätze für eine gerechtere und nachhaltige Gesellschaft. Einer von ihnen fußt auf der Beendigung der Steuerflucht von Großkonzernen.

Thomas Piketty, Joseph Stiglitz, Eva Joly, Gabriel Zucman und Jayati Ghosh haben sich diesem Ziel verschrieben und 2015 die Unabhängige Kommission für die Reform der Internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) gegründet. Sie schrieben Berichte, kontaktierten Ministerien, gaben zahlreiche Konferenzen und unterstrichen immer wieder die Dringlichkeit einer Neuordnung des globalen Steuersystems.

Nach sechs Jahren wurden ihre erst als utopisch abgetanen Forderungen zum Leitfaden für eine historische Steuerreform, die im Oktober 2021 von 140 Staaten unterzeichnet wurde. Sie könnte den Staaten um die 220 Milliarden Dollar an zusätzlichen Steuereinnahmen verschaffen. Das wäre zwar immer noch nicht genug, aber immerhin ist es die erste derartige Veränderung in diesem Jahrhundert. Steuerflucht ist kein Kavaliersdelikt mehr und wird härter geahndet.

Der Dokumentarfilm zeichnet die Überzeugungsarbeit dieser Wirtschaftsweisen nach: wie sie die öffentliche Meinung für sich gewannen und sich gegen die mächtigsten Konzerne der Welt behaupten konnten.

 

Dokumentarfilm von Hege Dehli und Xavier Harel (F/N 2024, 93 Min)

Dr. Jan Tomaschoff
www.w-t-w.org/en/dr-jan-tomaschoff/

Effektiver Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland – genauso wichtig wie Entwicklungshilfe?!

Deutschland hat 2017 die Abschöpfung von kriminellen Vermögen reformiert und mit den kriminellen Clans in Deutschland begonnen. Bis Anfang 2020 soll die Umsetzung der 5. Anti-Geldwäscherichtlinie für ein besseres Transparenzregister und weitere Verschärfungen der bisherigen Maßnahmen sorgen.

Christoph Trautvetter berichtet: Bei vielen Bürgern wächst das Unbehagen gegenüber anonymen Investoren mit Geld aus möglicherweise illegalen Quellen vor allem auf dem Immobilienmarkt. Doch was hat all das mit Entwicklungshilfe zu tun?

Genauso wie beim Drogenhandel und anderen Formen der organisierten Kriminalität wird bisher nur ein minimaler Bruchteil des von korrupten Machthabern gestohlenen und über die internationalen Finanzmärkte auch in Deutschland investierten Vermögens durch die Strafverfolgungsbehörden eingezogen. Während über die letzten 40 Jahre in Entwicklungsländern nach konservativen Schätzungen mindesten 1,2 Billionen US-Dollar in den Taschen von korrupten Machthabern verschwunden sind, wurden davon bis zur Veröffentlichung der letzten Zahlen in 2012 lediglich 2,6 Milliarden US-Dollar eingefroren – also weit weniger als 1%. Auch in Deutschland wurden 2017 von kriminellen und gewaschenen Erträgen von schätzungsweise 29 bis 100 Milliarden Euro im Jahr nur 198 Millionen Euro eingezogen. Verbrechen lohnt sich also. Mit illegal erlangtem Vermögen kaufen sich die korrupten Machthaber Villen in Los Angeles, New York, Paris, London oder Baden-Baden, wetteifern um die längste und größte Yacht und kaufen mehr Luxusautos, Taschen und Uhren als sie jemals nutzen können. Oder sie investieren das Geld still und heimlich in Aktien, Immobilienfonds und Mietshäuser in stabilen Märkten wie Deutschland, weil zu Hause das Risiko zu hoch ist.

Eine kürzlich erschienene Studie für Cifar e.V. im Auftrag der deutschen Gesellschaft für international Zusammenarbeit (GIZ) trägt 16 öffentlich dokumentierte Fälle von illegitimen Investitionen korrupter Machthaber aus Entwicklungsländern in Deutschland zusammen und argumentiert dass dies nur die Spitze eines sehr viel größeren Eisbergs ist:

  • Das Haus der Schwester von Ben Ali (Tunesien) in der Nähe von Frankfurt und weiteres bisher nicht aufgefundenes Vermögen;
  • Die von einer deutschen Firma (Ferrostaal) stammenden und über deutsche Banken in Liechtenstein, Schweiz und Luxemburg (Warburg) gewaschenen Bestechungszahlungen an Sani Abacha (Nigeria);
  • Die Villen und Luxusautos des Sohns von Muammar al-Gaddafi (Lybien) in München und die umstrittenen lybischen Investments auf dem internationalen Finanzmarkt.

Gestützt von Interviews mit Finanzermittlern, Staatsanwälten und investigativen Journalisten zeigt die Studie, dass in Deutschland bisher viel zu wenig Ressourcen zur Verfolgung der oft komplexen internationalen Geldwäschefälle zur Verfügung stehen und dass die für die Ermittlung  nötigen Daten bisher fehlen, nicht zugänglich sind oder unzureichend ausgestauscht werden. Deswegen bleibt in Deutschland investiertes illegales Vermögen bis jetzt fast immer unerkannt und ungestraft. Drei weitere Fälle zeigen beispielhaft, wie sich diese Situation in Zukunft ändern könnte:

  • Schon 2010 zahlte Siemens gemeinsam mit anderen ausländischen Unternehmen 170,8 Millionen US-Dollar an Nigeria, basierend auf einem außergerichtlichen Vergleich;
  • 2017 lieferten die deutschen Steuerbehörden spontan Informationen zu Konten im Namen von Briefkastengesellschaften bei deutschen Banken und nutzten dafür Daten aus den Panama Papers, einem großen Datenleak aus einer panamaischen Anwaltskanzlei;
  • Im Februar 2019 beschlagnahmten BKA und die Staatsanwaltschaft in München Immobilien und Konten im Wert von 49 Millionen Euro aus dem „Russischen Waschsalon“ einem komplexen und von investigativen Journalisten aufgedeckten Geldwäscheskandalen und arbeiten dabei auch mit den 2017 reformierten Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung.

Wenn deutsche Behörden – genauso wie die Behörden in den USA, Großbritannien und Frankreich – in Zukunft konsequent und proaktiv nach illegalem Vermögen suchen und das Entdeckungsrisiko durch mehr Transparenz höher wird, verlieren die korrupten Machthaber aus den Entwicklungsländern den sicheren Hafen für die Erträge aus ihren Verbrechen und das sichergestellte Geld kann in die Entwicklung ihrer Heimatländer fließen… Steuergerechtigkeit

Weitere Details und Empfehlungen wie eine solche kohärente (Entwicklungs)politik aussehen könnte finden sich unter: Cifar.EU

von Kostas Koufogiorgos