Rezession erschreckt Euroraum

Draghi nimmt Italien ins Gebet – Rezession erschreckt Euroraum

Einen Tag nachdem Daten zeigten, dass die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums im vergangenen Quartal überraschend geschrumpft ist, hat der Präsident der Europäischen Zentralbank auf die unzureichenden Strukturreformen seines Landes und Hemmnisse für Investitionen verwiesen. Zuvor hatte er in seinen einleitenden Bemerkungen die ungleichmäßige Erholung in der Region beklagt.

„Ich sage immer wieder dasselbe – ich meine bezüglich der Reformen am Arbeitsmarkt, an den Produktmärkten, beim Wettbewerb, im Rechtswesen und so weiter und so weiter“, sagte Draghi, der früher Präsident der italienischen Notenbank war, am Donnerstag in Frankfurt. Der EZB-Rat hatte auf seiner Sitzung die Leitzinsen unverändert auf Rekordtiefs belassen. „Das wären Reformen, die in der Tat kurzfristig Nutzen bringen und dies unter Beweis gestellt haben.“

Die Kommentare erhöhen den Druck auf den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, eine Wende herbeizuführen in einer Volkswirtschaft mit einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 40 Prozent und einer Rezession, welche die aufkeimende Konjunkturerholung in der Währungsunion abwürgen könnte. Die Kommentare des EZB-Präsidenten zu seinem Heimatland waren unverblümter als sonst, was den Unterschied zu Ländern wie Spanien, die mehr Strukturanpassungen durchgeführt haben, erhöht.

„Draghi hat nachdrücklich Strukturreformen gefordert und darauf verwiesen, dass es nun reichliche Belege gibt, dass Länder, die Wirtschaftsreformen durchgeführt haben, eine stärkere konjunkturelle Entwicklung aufweisen als der Rest der Eurozone“, sagt Riccardo Barbieri, Chefökonom Europa bei Mizuho International Plc in London. „Das klingt nach einer starken Ablehnung des Konzepts, das Italiens neuer Ministerpräsident verfolgt.“

„Ich stimme Draghi vollkommen zu“, sagte Renzi gegenüber dem Fernsehsender La7 laut der Nachrichtenagentur Ansa. „Was der EZB-Präsident gesagt hat, ist unantastbar; wir müssen Italien wieder auf Kurs bringen, um es wettbewerbsfähiger zu machen.“

Der italienische Ministerpräsident, der vierte seit 2011, hatte, als er im Februar das Amt übernahm, umfassende Reformen bei Wirtschaft und politischem System versprochen. Der 39jährige hatte Veränderungen angekündigt, um den Arbeitsmarkt flexibler zu machen, das Rechtssystem voranzubringen und die öffentliche Verwaltung effizienter zu gestalten.

Indes hat die italienische Notenbank im vergangenen Monat ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr auf 0,2 Prozent gesenkt, weniger als ein Drittel ihrer vorherigen Schätzung.

Draghi ließ durchblicken, dass die mangelnden Reformen Investoren abschrecken, und er verwies auf Italiens sehr niedriges Niveau an Privatinvestitionen. Er sagte, dass dies zwar für den Euroraum insgesamt gelte, verglichen mit anderen Teilen der Welt, es jedoch teilweise auf unzureichende Strukturreformen zurückzuführen sei.

„Gewiss sind es nicht die Kapitalkosten, da die Zinsen, die nominalen und die realen Zinsen, niedrig sind und in einigen Teilen des Euroraums seit einiger Zeit negativ sind“, erklärte der EZB-Präsident. „Diese generelle Unsicherheit, die durch mangelnde Strukturreformen entsteht, ist ein sehr mächtiger Faktor, der von Investitionen abschreckt.“

Harm Bengen www.w-t-w.org/en/harm-bengen www.harmbengen.de

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