CumEx ist der größten Steuerbetrug der deutschen Geschichte

Nicht der Einsatz gegen Finanzmarktkriminalität ist ein Verbrechen, sondern die Finanzkriminalität selbst. Doch in Zürich steht in wenigen Tagen, am 26. März, jemand vor Gericht, weil er ganz wesentlich zur Aufklärung von Finanzkriminalität beigetragen hat: Eckart Seith hat Belege zu den kriminellen CumEx-Geschäften, die er im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit erhielt, an die zuständigen Behörden in der Schweiz und in Deutschland weitergeleitet und so die Ermittlungen gegen die CumEx-Täter in Gang gesetzt.
 
Seith drohen nun bis zu 3,5 Jahre Haft – wegen angeblicher Wirtschaftsspionage. Angezeigt hat ihn die Bank Sarasin, die an den CumEx-Geschäften beteiligt war. Wir meinen: Eckart Seith darf in dieser Auseinandersetzung gegen die CumEx-Bank Sarasin nicht alleine stehen. Im Gegenteil: Er verdient als Anerkennung für seinen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Finanzkriminalität das Bundesverdienstkreuz…..
Finanzwende.de

„Sternstunde des Parlaments“: Bundestag beschließt Geschäftsgeheimnis-Gesetz

Der Bundestag hat das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet. Die Abgeordneten hatten zuvor gegen den Willen der Regierung einen starken Schutz von Journalisten und Whistleblowern durchgesetzt.

Justus von Daniels und Jonathan Sachse berichten

Trotz einiger Bedenken des Bundesjustizministeriums hat der Bundestag am Donnerstag kurz vor Mitternacht das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beschlossen. Das Gesetz war zunächst umstritten: es drohte, sowohl Whistleblower als auch Journalisten in ihrer Arbeit zu kriminalisieren.

Die Fraktionen der Großen Koalition und die Grünen bekannten sich jetzt zu einem starken Schutz für Journalisten und mehr Rückhalt für Whistleblower…Correctiv

Italien: Gedenktag für die Opfer der Mafien – ein Moment der Reflexion:

Ist das Europa, wie wir es wollen?

Am 21. März begeht Italien den Gedenktag für alle Opfer der Mafien, der aber auch die Erfolge von Polizei und Gerichten im Kampf gegen das Organisierte Verbrechen ins Bewusstsein rufen will. Aus diesem Anlass reflektiert der Journalist Piero Innocenti die Bedeutung einer Entscheidung von Eurostat (1) von 2014, die Gewinne aus Drogenhandel, Prostitution und Zigarettenschmuggel ins Bruttoinlandsprodukt (Bip) einrechnen zu können – eine Regelung, die in Deutschland seit September 2014 umgesetzt worden ist. Angesichts der bevorstehenden Europa-Wahlen haben auch wir Deutschen Grund, uns  darüber Gedanken zu machen.

Diese Kann-Regelung macht die Regierungen Europas zu Dr. Jekyll und Mr. Hyde, wie Roberto Scarpinato, Generalstaatsanwalt von Palermo,  bemerkt: Auf der einen Seite behauptet man, die Organisierte Kriminalität bekämpfen zu wollen, und Polizei und Gerichte führen einen zunehmend aussichtslosen Kampf dagegen, auf der anderen Seite rechnet man deren Gewinne mit ins Bruttoinlandsprodukt, um  die Staatsbilanzen aufzubessern.

Die Gewinne der OK können natürlich nur geschätzt werden. Geradezu grotesk ist es, wenn man liest, wie die Zahlen für Zigarettenschmuggel erhoben werden: Der deutsche Zigarettenverband lässt leere Zigarettenschachteln aus öffentlichen Abfalleimern sammeln, um prüfen zu können, ob die Schachteln mit einer Steuermarke versehen sind. So kommen pro Monat 12000 Prüfstücke zusammen. Die Statistiker des Bundes schätzen dann auf dieser Basis die Gewinne durch Zigarettenschmuggel.

In gleicher Weise verwunderlich – oder soll man sagen empörend? – ist die Art und Weise, wie man dem Vorwurf, kriminelles Kapital einzuberechnen, vorbauen will: In der Regelung heißt es, dass nicht die Gewinne der OK gemeint seien, sondern nur Gewinne, die auf individuelle Geschäftsbeziehungen wie z.B. zwischen Drogenhändler und Konsument oder Prostituierte und Kunde zurückzuführen seien! Wenn also Polizeikräfte Drogen beschlagnahmen, so meint der Journalist Innocenti, handelten sie deshalb gegen die Interessen der nationalen Wirtschaft und „wir würden uns nicht wundern, wenn unsere Regierung in ein paar Jahren an die Drogenbosse Anerkennungsurkunden verteilt für ihren Beitrag, den sie zum Wirtschaftswachstum ihres Landes geleistet haben.“

„Guten Morgen, wir sind reicher“ titelte das Handelsblatt schon am 14.8. 2014 und fuhr fort: „Der geschrumpften Wirtschaftsleistung zum Trotz: Deutschland ist über Nacht um 80 Milliarden reicher geworden. Denn das Bruttoinlandsprodukt wird neuerdings ohne moralische Brille gemessen“.

In Italien betont die parlamentarische Antimafiakommission der letzten Legislaturperiode in ihrem Abschlussbericht vom Februar 2018, dass diese Regelung keinesfalls zu akzeptieren sei, da sie auf politischer und ethischer Ebene verheerende Auswirkungen habe. Die negativen Folgen dieser Entkriminalisierung der Gewinne, die mit illegalen Aktivitäten erzielt werden, scheinen in Europa und bei uns aber kaum jemanden zu interessieren – Hauptsache, die Zahlen stimmen. Im Gegenteil! Im Artikel des Handelsblatts vom 18.3.2014 wird Dr. Wolfgang Niehaus vom Ifo-Institut (2) zitiert: Zweck und Ziel der Neuberechnung sei, „möglichst international vergleichbare Zahlen nach harmonisierter Methodik zu haben. Wir begrüßen das sehr.“

  1. Das europäische Amt für Statistik
  2. Das Münchener Ifo-Institut ist das einflussreichste Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland
Klaus Stuttmann
Geld aus dem Rotlichtmilieu- Auch Einnahmen aus der Prostitution druecken kuenftig die Schuldenquoten (Foto: Getty Images)
Klaus Stuttmann
Veröffentlicht unter W-T-W

Blackrock Miteigentümer von Deutsche Wohnen und Moody’s

Moody’s droht jetzt damit, die Kreditwürdigkeit Berlins abzustufen, wenn die Deutsche Wohnen enteignet wird.

Wegen dieser Enteignungsdebatte fürchtet Berlin um seine Kreditwürdigkeit.

Panik in Berlin: Weil eine Bürger­initiative Unterschriften dafür sammelt, Immobilienkonzerne wie die Deutsche Wohnen zu enteignen, könnte das Bundesland seine Bonität verlieren. Die Ratingagentur Moody’s droht damit, die Kreditwürdigkeit Berlins herabzustufen, sollte das Volksbegehren erfolgreich sein. Senat, Wirtschaft und Presse reagieren besorgt – und das zu Recht. Setzt Moody’s die Ankündigung um, muss das Land Berlin künftig höhere Zinsen auf Kredite zahlen. Der Spielraum für öffentliche Investitionen würde schrumpfen.

Und dass die Ratingagentur Ernst macht, ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Zumindest wäre es im Interesse ihrer Eigentümer: Die Fondsgesellschaft Blackrock ist größter Aktio­när der Deutschen Wohnen und mit 6,26 Prozent der Anteile gleichzeitig drittgrößter Aktionär bei Moody’s. Der Vermögensverwalter MFS ist ebenfalls bei beiden Unternehmen Großaktionär. Anders ausgedrückt: Über Moody’s warnen Finanzkonzerne das Land Berlin vor ihrer eigenen Enteignung.

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt. Berlin fürchtet um seine Kreditwürdigkeit

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt.

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt. Die aktuelle Eigentümerstruktur von Moody’s… nasdaq.com

Harm Bengen

Steueroasen: Gemeinsame Schwarze Liste der EU zeigt Wirkung

Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen Union entschieden, welche Drittstaaten sie neu auf die Schwarze Liste der Steueroasen setzen und welche Länder zur weiteren Beobachtung auf der Grauen Liste verbleiben. Ziel der gemeinsamen EU-Liste ist es, eine verantwortungsvolle Steuerpolitik weltweit zu fördern und sicherzustellen, dass die internationalen Partner der EU die gleichen Standards einhalten wie die EU-Mitgliedstaaten.

Die Liste ist das Ergebnis eines Überprüfungs- und Dialogprozesses der EU-Ratsgruppe Verhaltenskodex Steuern mit Drittländern. Dabei bewerten die EU-Länder Drittländer nach Kriterien zu Steuertransparenz, fairer Besteuerung, Umsetzung von OECD BEPS-Maßnahmen und Prüfung der ökonomischen Substanz von Steuergestaltungen für Null-Steuer-Länder.

Am 5. Dezember 2017 hatten die EU-Mitgliedstaaten die erste EU-Liste nicht kooperativer Drittländer präsentiert, die seither mehrmals angepasst wurde. Zuletzt befanden sich noch Amerikanisch-Samoa, Guam, Samoa, Trinidad und Tobago sowie die amerikanischen Jungferninseln auf der Schwarzen Liste, weil sie sich weigerten mit der EU zusammenzuarbeiten oder Mängel zu beheben. Die Graue Liste umfasste 63 Drittländer: EU list of tax havens Die heute verabschiedete Schwarze Liste führt zusätzlich zu den bisherigen fünf Ländern auch Aruba, Barbados, Belize, Bermuda, Dominica, Fidschi, Marshallinseln, Oman, Vanuatu und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

„Die Schwarze Liste wirkt. 60 Steueroasen haben angefangen, ihre schädlichsten Steuergesetze zu ändern oder abzuschaffen. Über 100 Steuergesetze werden derzeit weltweit verbessert. 35 Staaten haben zugesagt, in Steuerfragen transparenter zu werden. Das ist ein erster Erfolg der Schwarzen Liste. Das zeigt: Wenn die EU zusammenarbeit, kann sie etwas gegen die weltweite Steuervermeidung bewirken.

Inakzeptabel ist, dass die Schweiz auf der Schwarzen Liste fehlt und einen weiteren Aufschub bekommt, obwohl sie die Kriterien erfüllen. Es ist offensichtlich, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der Bewertung von Drittstaaten politische Doppelstandards anwenden. Frappierend ist, dass die wichtigsten Steueroasen der Welt gar nicht auf der Schwarzen Liste auftauchen. Mit angemessen Bewertungskriterien würden auch die größten Offshore-Finanzzentren wie die Britischen Jungferninseln, Kaimaninseln und Bahamas auf der Schwarzen Liste landen. Zur wirksamen Bekämpfung von Steuerdumping müssen die Mitgliedstaaten tatsächlich Sanktionen gegen Drittstaaten verhängen. Das ist rechtlich möglich und muss genutzt werden.

Um international glaubwürdig zu bleiben, muss die EU zuerst die Messlatte für ihre eigenen Mitgliedstaaten hochsetzen. Die neuesten Länderberichte der EU-Kommission zum Europäischen Semester listen aggressive Steuergestaltungsmodelle in mehreren Mitgliedstaaten auf. Einige EU-Mitgliedstaaten qualifizieren sich selbst für die Schwarze Liste. Sie halten nicht einmal die schwachen Steueroasen-Kriterien für Drittländer ein. Nullbesteuerung von Gewinnen ist im EU-Recht leider erlaubt und auch eine Prüfung der ökonomischen Substanz von Steuergestaltungen ist nicht zwingend vorgeschrieben. Das neue Bewertungskriterium der Transparenz über wirtschaftliche Eigentümer von Unternehmen muss spätestens ab Juni konsequent angewandt werden.”
Zehn neue Steueroasen

Die EU hat weitere Länder auf ihre schwarze Liste der Steuerparadiese gesetzt – darunter Bermuda, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman…Süddeutsche

Verrückter Januar 2019

Finanzkompetenz oder „Financial Literacy“. Verbessern Sie Ihr Finanzwissen. Finanzwissen
im Brennpunkt Prof. Dr. Heri. Fintool

Die Jahreswende 18’/19 war an den Aktienmärkten in der Tat aussergewöhnlich. Geht es so weiter?

FAZ.net

Wie Russland Europa zur Geld-Waschanlage macht

Das Reich von Wladimir Putin ist weltweit eine der größten Quellen von Schwarzgeld in der EU.

Der größte Geldwäscheskandal aller Zeiten erschüttert Europas Finanzsektor: Nordische Banken haben hunderte Milliarden Euro aus Russland gewaschen. Deutsche Bank, Commerzbank und andere Institute leiteten das Schwarzgeld weiter. Und die EU-Länder drücken die Augen fest zu.

Hannes Vogel berichtet: Wenn sich jemand mit schmutzigem Geld aus Russland auskennt, dann Bill Browder. Als Chef der britischen Investmentfirma Hermitage Capital hat sich der Banker schon in den Neunzigern auf die russischen Märkte spezialisiert. Und Bekanntschaft mit Russlands größtem Problem gemacht: 230 Millionen Dollar hätten korrupte Beamte dem russischen Staat mithilfe seiner Firmen gestohlen, behauptet Browder. Sein Anwalt Sergej Magnitski, der den mutmaßlichen Betrug aufgedeckt hatte, starb 2009 nach Misshandlungen in russischer U-Haft. Putin-Kritiker Boris Nemzow, der die Aufklärung von Magnitskis Tod forderte, wurde 2015 in Sichtweite des Kremls hinterrücks erschossen.

EU-Länder wollen Moskau nicht weiter reizen

 

Das Land, in dem der „Troika Laundromat“ viele seiner Briefkastenfirmen unterhielt, wollte die EU-Kommission übrigens zusammen mit Saudi-Arabien und vier US-Territorien nun erstmals auf die schwarze Liste gegen Geldwäsche setzen. Doch die EU-Länder, darunter Deutschland, kuschten vor Riad und Washington und lehnten den Vorstoß in dieser Woche einstimmig ab.

„Ein Geschenk für Finanzkriminelle“ nennt Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold die Entscheidung. „Statt die Liste weichzuspülen, sollte die EU-Kommission auch Russland, Aserbaidschan, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Geldwäschestaaten aufnehmen.“

Tatsächlich hat Brüssel Putins Reich zusammen mit 53 anderen Ländern, darunter China, die Ukraine und die Schweiz, schon lange in die engere Auswahl genommen. Wenn die EU-Länder aber bereits beim Versuch, Panama und Saudi-Arabien an den Pranger zu stellen, auf die Barrikaden gehen, kann man sich vorstellen, wie groß der Widerstand erst bei Russland werden dürfte: Das Land ist wichtigster Öl- und Gaslieferant der EU und bereits ohnehin ein mächtiger Kontrahent im Ukraine-Krieg, im Syrien-Konflikt und im Nahen Osten.

Schwer vorstellbar also, dass Berlin, Rom und Paris Moskau mit der schwarzen Geldwäsche-Liste weiter provozieren werden. Die EU-Kommission scheint deshalb bereits einzulenken: „Wir müssen eine Liste zustande bringen, die volle Unterstützung erhält“, sagt Justizkommissarin Vera Jourova. Im Kreml dürfte sich Wladimir Putin schon die Hände reiben….NTV

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

 

Geldanlage Männersache?

Die Angst der Frauen vor der Aktie
Viele Frauen sind bei der Vermögensanlage vorsichtig, nicht wenige überlassen sie ganz ihrem Partner. Das mangelnde Interesse kann sich rächen. Allerdings versuchen die Märkte oft am Hochpunkt Frauen in die Aktien zu locken.

Viele Frauen sehen die Geldanlage als «Männersache» – darauf deutet zumindest eine Studie der Grossbank UBS hin, für die 3700 wohlhabende verheiratete und geschiedene Frauen sowie Witwen in neun Ländern befragt wurden. Dieser gemäss überlassen 58% der befragten Frauen langfristige Finanzentscheide ihrem Partner. In der Schweiz waren es sogar 69%. Die weltweit befragten jungen wohlhabenden Frauen im Alter von 20 bis 34 Jahren übernehmen derweil nicht etwa mehr Verantwortung als ältere, 59% von ihnen überlassen ihrem Partner die Führung im Bereich Finanzen.

Frauen schätzen ihre Kenntnisse in Finanzangelegenheiten zudem als schlechter ein als diejenigen ihres Partners.

Letztlich ist für Frauen die Altersvorsorge im Zweifelsfall noch wichtiger als für Männer. Schliesslich haben sie eine längere Lebenserwartung und müssen folglich für einen längeren Zeitraum vorsorgen. Hinzu kommt, dass Frauen oft in Teilzeitpensen beschäftigt sind und weniger Kapital bilden. Laut dem Bundesamt für Statistik arbeiteten 2017 rund sechs von zehn Frauen in der Schweiz in Teilzeit, bei den Männern waren es nur 1,7 von zehn…NZZ.ch

Frauen betrachten den Markt länger, ehe sie investieren
(Foto: Ikon Images/Getty Images)

 

Die unheimliche Macht der Berater

Vier Firmen. Fast eine Million Mitarbeiter weltweit. Aktiv in mehr als 180 Ländern. Ein Umsatz von fast 130 Milliarden Euro pro Jahr.

Man nennt sie die „Big Four“: die vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt. Diese vier Firmen prüfen weltweit die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne. Und sie prüfen Konzerne nicht nur, sie beraten sie auch – unter anderem wie man Steuerschlupflöcher in Gesetzen nutzen kann. Und schließlich beraten sie auch noch die Politik, die diese Gesetze macht. Kaum einer hat so viel Einblick. Sie haben Herrschaftswissen. Sie haben Macht.

Untersuchungen zu Verwicklung in Steuerskandale
Sie beraten Unternehmen und Regierungen und haben Herrschaftswissen: die vier weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Schätzungen gehen von bis zu einer Billion europaweit entgangenen Steuern aus. Bei den Steuersparmodellen großer Konzerne spielen die Berater eine Schlüsselrolle, meint die britische Parlamentarierin Margaret Hodge. Sie hat zahlreiche Untersuchungsausschüsse geleitet, in denen die Verwicklung der Big Four in Steuerskandale analysiert wurde: „Hinter dieser massiven Steuervermeidungsindustrie steckt ein System. Wenn sie es verstehen wollen, müssen Sie die Rolle der Beraterfirmen unter die Lupe nehmen. Allen voran die Big Four“.

In einer umfangreichen Recherche wollen Reporter von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung herausfinden: Wie mächtig sind diese Beraterfirmen wirklich? Wie arbeiten sie genau? Und welche Rolle spielen sie im schier endlosen Kampf gegen Steuerflucht?
Vier Firmen prüfen die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne. Und sie beraten sie auch. …..Die unheimliche Macht der Berater

Vier Firmen prüfen die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne.

Ein Film von Michael Wech, Georg Wellmann, Massimo Bognanni, Petra Nagel, Petra Blum, Lena Kampf und Katja Riedel

Die unheimliche Macht der Berater

Die Infiltration der Mafien in die legale Wirtschaft

Dies der Titel eines Kongresses, der anlässlich der Vorstellung des Buches
Das Unternehmen in der sog. „Grauzone“ von Stefania Pellegrini (Universität Bologna)
im Sitz der RAI Sicilia abgehalten wurde. Unter den geladenen Experten auch der Generalstaatsanwalt von Palermo, Roberto Scarpinato, der die aktuelle Situation folgendermaßen beschreibt:

Eingangs warnt der Staatsanwalt davor, den Fehler zu begehen, die Mafien mit der Brille von vor 25 Jahren zu betrachten. Die makropolitische und makroökonomische Lage habe sich in diesem Zeitraum durch große historische Umwälzungen wie den Untergang des Kommunismus, die Globalisierung und die Einführung des Euro gravierend verändert. Damit sei auch das bisherige Gleichgewicht einzelner Länder erschüttert und verändert worden.

Auch die Mafien mussten sich neu orientieren. Kurz gesagt, die Mafien hätten den Weg „dalla violenza al consenso“ genommen, also den Weg von der Anwendung von Gewalt zur Zustimmung durch Politik, Wirtschaft und Bevölkerung, den Weg zur „Gesellschaft als Komplize“. “Wir stehen heute einer Mafia in den Märkten gegenüber, die zu einer strukturellen Komponente des globalen Kapitalismus geworden ist. In Italien sperren wir weiterhin kleine und große Erpresser ein, was auf lokaler Ebene natürlich essentiell ist. Aber gleichzeitig wäre es wichtig zu begreifen, dass die eigentliche Schlacht auf der makro-politischen Ebene geschlagen wird.“

Wie gehen die Mafien in den Märkten vor?

Die Mafien verstehen sich heute als Service-Zentrum für Leute mit Geldproblemen: Ob es darum geht, eine Firma vor dem Aus zu retten, die Produktionskosten zu senken oder den Profit zu vergrößern (z.B. durch „kostengünstige“ Müllbeseitigung, durch gefälschte Rechnungen, durch eigens aus dem Nichts gestampfte Briefkastenfirmen) – um diese Bedürfnisse zu befriedigen, wendet man sich heute an die Mafia. Nachfrage nach Drogen, nach Prostituierten, nach billigen Arbeitskräften? Auch hier kann die Mafia helfen! Und dies gilt nicht nur für Italien, sondern weltweit: „Da sind die Millionen von neuen Reichen in China, die in Indien, in den Schwellenländern, die nicht nur einen Ferrari fahren, sondern überhaupt ein Leben wie im Westen führen wollen. Es gibt also weltweit eine ungeheure Nachfrage, und die am besten entwickelten Mafien haben sich in Agenturen für illegale Dienstleistungen und Güter verwandelt.“

Die Rolle Europas

Dass die Mafien ihre Aktivitäten ins europäische Ausland verlagert haben, lasse sich leicht erklären: Die Möglichkeiten Gewinne zu machen sind ungleich größer als in Italien und das Risiko einer Beschlagnahmung des Kapitals gehe gegen Null: „In den europäischen Staaten wurde gerade mal 1% des Gesamtumsatzes der Mafien beschlagnahmt. Außerdem finden sich die großen Steuerparadiese ebenfalls in Europa, denken wir nur an Malta oder die City of London.“

„Außerdem hat die EU 2014 festgelegt, dass für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts auch die Umsätze durch Drogenhandel und Prostitution hinzugerechnet werden müssen. Denn sie halten die Wirtschaft am Laufen. Das gilt nicht für die Umsätze durch Erpressungen, denn sie machen den Unternehmer ärmer, und das bedeutet einen Schaden für die europäische Wirtschaft.“ Er beklagt, dass es in Europa niemanden interessiere, ob an Geld Blut klebe. Und er behauptet, dass die Geldwäsche inzwischen überholt sei: „Die neuen Mafien in den Märkten wollen ihr Geld nicht mehr in den Banken verstecken, sie werden selber zu Banken. Man kauft beispielsweise kleine Banken im Osten, die dann in den großen Banken aufgehen, und so finden sie den Weg ins Top Management.“

Der Kapitalismus heute verhandle die Beziehung der Wirtschaft zur politischen Macht neu und diktiere der Politik ihre Agenda. Man brauche nur in den Nachrichten darauf zu achten, wie oft gesagt wird „Die Märkte brauchen, die Märkte verlangen, die Märkte fordern“. Und er fragt sich, wer denn diese Märkte seien, von denen ständig die Rede ist. Das seien etwa 200 Monopole, die über so viel Geld verfügten, dass sie den Zusammenbruch eines Landes herbeiführen, den Spread nach oben treiben und deshalb der Politik ihre Agenda diktieren können.

Abschließend zitiert Roberto Scarpinato einen einflussreichen Mafiaboss, den er in einem kanadischen Gefängnis vernommen hat. Der habe ihm Folgendes gesagt: „Sehen Sie, dottore, die Welt hat sich vollkommen verändert. Früher kontrollierte die Politik die Wirtschaft, heute diktiert die Wirtschaft der Politik die Agenda. Wir sind das schwarze Herz der Wirtschaft, aber auf jeden Fall sind wir – Wirtschaft.“

Roberto Scarpinato