Die Geldwäscherei- Ein Film „Muss“ für jede Frau

„The Laundromat“
eine Empfehlung von W-T-W Women and Finance aus der Film Reihe:
a“MUST“ for every woman
Offizieller „Die Geldwäscherei“ Trailer Deutsch German 2019

In seinem neuen Film erzählt Steven Soderbergh den Skandal um die Panama Papers von 2016 als bitterböse Satire. „The Laundromat: Die Geldwäscherei“ ist ein Einblick in die Welt der Reichen und das System von Offshore-Bankkonten, die dazu dienen, Steuerzahlungen zu minimieren oder ganz zu vermeiden.

Eine Witwe (Meryl Streep) geht einem Versicherungsbetrug nach, wobei ihre Recherchen sie auf die Spur von zwei Anwälten (Gary Oldman and Antonio Banderas) in Panama-Stadt bringen, die das weltweite Finanzsystem ausbeuten.

„Beenden Sie die massive, weltweite Korruption!“

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The Laundromat / „Die Geldwäscherei“  Full Movie

Weiter Filme die wir empfehlen aus der Reihe: A „Must“ For Every Woman

Big Short – Ein „Muss“ für jede Frau

Kernschmelze auf dem Konto

The Big Short“ mit Ryan Gosling: All das hässliche Geld

Ein Film witzig und wütend zugleich und wie auch der Film Wolf of Wall Street ein unbedingtes „Muss“ für jede Frau. Die *Exzesse des internationalen Finanzsystems gehen uns alle an.

Hannah Pilarczyk berichtet: Gleich in der ersten Szene stellt sich Goslings Figur Jared Vennett direkt dem Publikum vor. (Es ist nicht das einzige Mal, dass „The Big Short“ die sogenannte vierte Wand durchbricht. Und es wird jedes Mal lustiger.) Vennett ist einer der wenigen Finanz-Manager, die bereits 2005 ahnen, dass der US-Immobilienmarkt auf hochriskanten Hypotheken beruht und sein Kollaps mittelbar die Weltwirtschaft bedroht. Welche Rolle Vennett im Vorfeld der globalen Finanzkrise von 2008 spielt, zeigt sich jedoch erst später. Denn zunächst nimmt „The Big Short“ Michael Burry (gespielt von Christian Bale) in den Fokus.Burry ist ein tatsächlich existierender Hedgefonds-Manager, der als einer der Ersten auf den Kollaps des Immobilienmarktes wettete (auf Englisch: to short) und damit Gewinne von rund 100 Millionen US-Dollar für sich und rund 700 Millionen für seine Investoren einfuhr.Während die meisten Figuren in „The Big Short“ auf realen Vorbildern basieren, ist Burry der einzige, dessen Name unverändert geblieben ist. Das hindert Christian Bale jedoch nicht daran, Burry als grandios irritierenden Einzelgänger mit Asperger-Syndrom zu spielen, der ebenso gnadenlos auf sein Schlagzeug eindrischt wie er sich Details über die Zusammensetzung von Collateralized Debt Obligations (CDOs) reinzieht.Wenn Sie jetzt nicht mehr wissen, was CDO sind, ist das nicht schlimm. Zum einen wird das im Film erklärt, zum anderen gehört es zum Erzählprinzip von „The Big Short“, seine Zuschauer lieber mit zu viel als zu wenig Details über die Ursachen der Krise zu versorgen. Basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch von Michael Lewis haben Regisseur Adam McKay und sein Co-Autor Charles Randolph weder auf die technische Sprache noch auf das Geflecht an Figuren aus der Vorlage verzichtet. So stoßen neben Christian Bale und Ryan Gosling bald noch Steve Carell und Brad Pitt als Hedgefonds-Manager mit jeweils einem Trupp an Finanz-Minions in hellblauen Hemden zum Ensemble hinzu.„Triple A“ noch für den größten Schrott

Unter der verblüffend souveränen Regie von McKay, der bislang für absurde Komödien wie „Anchorman“ oder „Stepbrothers“ bekannt war, und mithilfe der furiosen Schnittkunst von Hank Corwin wird es jedoch nie unübersichtlich, wenn die vier verschiedenen Teams unabhängig voneinander beginnen, sich einen Überblick über die nahende Katastrophe auf dem Immobilienmarkt zu beschaffen. Eine Reise führt den Trupp um Steve Carells Mark Baum nach Florida, wo sie feststellen müssen, in welchem Ausmaß hier Hypotheken verschleudert werden: Sogar die Stripperin, die Baum einen Lapdance angedeihen lässt, kann sich mehrere Häuser leisten. Mit der entsetzlichen Gewissheit, dass man wahrlich vor dem Abgrund steht, kehrt Baum nach New York zurück.Er ist in mancherlei Hinsicht das emotionale Zentrum eines Films, der ohne klassische Identifikationsfiguren auskommen muss. Schließlich wollen hier alle ausnahmslos das große Geld machen (und sehen dabei auch noch richtig mies aus). Doch Baum kommen – ebenso wie zwei Trader-Rookies unter der Ägide von Börsenguru Ben Rickert (Brad Pitt, dessen Firma Plan B den Film produziert hat) – Zweifel, ob man ein so krankes, aber auch ein so dummes System ausschlachten darf. Fast beleidigt reagieren sie, als sie feststellen müssen, dass die Ratingagenturen auch dem größten Schrott eine „Triple A“-Bewertung hinterherschmeißen. So einfach darf Betrug doch nicht sein.

In solchen Momenten des Mit-Wissens um die Fehler im System fühlt man mit den Hauptfiguren von „The Big Short“ durchaus mit. Dennoch baut McKay sie nie zu falschen Helden auf, im Gegensatz zu Martin Scorseses „Wolf of Wall Street“ hält er stets Distanz. Wo Scorsese die ekstatische Gier seiner Hauptfigur im inszenatorischen Exzess doppelte und sich so mit ihr gemein machte, verweigert sich McKay dem vermeintlichen Sog der Ereignisse. Nach anderthalb Stunden sagt Mark Baum lapidar „It’s happening“ – die Lehman Brothers gehen pleite, der Kollaps beginnt. Die Finanzkrise fällt jedoch nicht in eins mit der dramaturgischen Krise, die Katharsis bleibt aus, die Empörung, die sich in einem als Zuschauerin angestaut hat, bleibt ohne Ventil. Mit der unbändigen Energie (oder ist es Wut?), mit der einen „The Big Short“ durch die Geschichte der Finanzkrise gefegt hat, scheucht er einen auch wieder aus dem Kino raus.

Was man im Jahr acht nach der Krise vom Finanzsystem und seiner derzeitigen Regulierung zu halten hat? „The Big Short“ vertraut darauf, dass sein Publikum schon die richtigen Antworten darauf finden wird.

„The Big Short“ und Wolf of Wall Street sind Filme die jede Frau kennen sollte. Den die Exzesse des internationalen Finanzsystems gehen uns alle an.

*Frauen und Kinder leiden unter Korruption

Die Lehre aus dem Wolf von der Wall Street
Geldgier und ihr Lohn

Wie Banker und Investoren die Staatskasse plünderten

Zeuge im Cum-Ex-Prozess

Der Staat hat kein Geld für Kindergärten? Na und! Im ersten Cum-Ex-Prozess beschreibt ein Zeuge die Skrupellosigkeit der Täter. Und warum der Gesetzgeber die krummen Geschäfte weiter anfachte.

Der Staat habe im Kampf gegen hoch umstrittene Cum-Ex-Steuerdeals krasse Fehler gemacht, so die Aussage eines zentral beteiligten Akteurs. Ein 2007 beschlossenes Gesetz habe die Geschäfte nicht trockengelegt, sondern erst richtig angefacht, sagte der 48-jährige Anwalt am Dienstag vor dem Bonner Landgericht, wo er als Zeuge im ersten Cum-Ex-Strafprozess auftrat (Az: 62 KLs 1/19). „Es war gedacht zur Eindämmung von Cum-Ex, aber es war ein Brandbeschleuniger.“ Die Akteure hätten ihre Geschäfte teilweise ins Ausland verlagert und danach stärker weitergemacht als zuvor. Erst 2010 hätten diese Geschäfte ihren Höhepunkt erreicht.

Der 48-Jährige war lange Berater von Investoren, die mit dem Hin- und Herschieben von Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch viel Geld machten: Anleger ließen sich eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mithilfe von Banken mehrfach erstatten und strichen so über Jahre Milliarden zulasten der Staatskasse ein. Der Jurist trat als Zeuge auf, wegen seiner tiefen Verstrickungen in Cum-Ex-Transaktionen ist er in anderen Verfahren aber auch Beschuldigter….

Allen Beteiligten seien die Fakten bekannt gewesen, sie hätten alle ein Ziel gehabt: „Es ging nur um Profitmaximierung.“

Der aufwendige Strafprozess geht mindestens noch bis Anfang 2020. Angeklagt sind zwei britische Ex-Aktienhändler, ihnen werden 33 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung und ein Versuch im Zeitraum 2006 bis 2011 vorgeworfen, dabei soll ein Schaden von 447 Millionen Euro entstanden sein. Es gibt noch zahlreiche weitere Verfahren – der Cum-Ex-Gesamtschaden für die Staatskasse soll im zweistelligen Milliardenbereich liegen….Der Spiegel

Bund verlor Milliarden:
Zeuge im „Cum-Ex“-Prozess: Staat selbst förderte Steuerdeals
FinanzTreff:  Cum-Ex und Cum-Cum

„Es handelt sich um den bisher größten Steuerraub in der Geschichte Europas“, sagt Christoph Spengel, Steuerprofessor an der Universität Mannheim. www.w-t-w.org/en/stephanie-franziska-scholz

Finanzpolitikerin wird Regierungschefin in Belgien

Belgien bekommt erstmals eine Regierungschefin
Die Liberale Sophie Wilmès wird Nachfolgerin von Charles Michel.

Daniel Steinvorth berichtet: Der Kreis der weiblichen Regierungschefs in Europa erweitert sich. Vier Monate nach der Parlamentswahl in Dänemark und nach der Bildung einer Übergangsregierung in Österreich hat auch Belgien bald eine Frau an seiner Spitze. Wie die Nachrichtenagentur Belga meldete, wurde die Liberale Sophie Wilmès am Samstagabend als Nachfolgerin des scheidenden geschäftsführenden Premierministers Charles Michel nominiert. Auch wenn die 44-jährige Politikerin des französischsprachigen Mouvement Réformateur (MR) nur eine Übergangsregierung anführen wird, ist das für das kleine Königreich eine Premiere.

Wilmès war als Haushaltsministerin in Michels Kabinett bisher vor allem für das Budget verantwortlich. Die Mutter von vier Kindern wird von der Tageszeitung «Le Soir» als erfahrene Finanzpolitikerin beschrieben. Dank ihrer Herkunft wäre sie eigentlich prädestiniert, im Sprachenstreit Brücken zu schlagen. Sie stammt aus Rhode-Saint-Genèse, einer ursprünglich mehrheitlich niederländischsprachigen Gemeinde, die sowohl an die Region Brüssel-Hauptstadt wie auch an die Wallonische Region grenzt und heute zu zwei Dritteln frankofon ist…NZZ.ch

plus.lesoir.be

 

Die Neue im EZB-Direktorium

Die deutsche Regierung hat die Finanzmarktökonomin und Bankenexpertin Isabel Schnabel für das EZB-Direktorium nominiert. Die Professorin der Universität Bonn soll die deutsche Öffentlichkeit wohl auch mit der EZB-Politik versöhnen.


Michael Rasch berichtet:
Mitglied bei den «Wirtschaftsweisen»

Das Führungsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB) erfährt eine Bereicherung. Mit der nominierten Isabel Schnabel wird eine renommierte Ökonomin in das sechsköpfige Direktorium der EZB einziehen. 

Deutschland wollte möglichst wieder eine Frau nominieren, was nun gelungen ist. Schnabel dürfte sich im innerdeutschen Rennen vor allem gegen Claudia Buch durchgesetzt haben, die Vizepräsidentin der Bundesbank. Auch vom Europäischen Parlament kommen regelmässig Forderungen nach einem höheren Frauenanteil innerhalb des 25-köpfigen EZB-Rates, der bis jetzt fast nur aus Männern besteht. Die 48-jährige Schnabel ist allerdings alles andere als eine Quotenfrau. Die gebürtige Dortmunderin lehrt derzeit Finanzmarktökonomie an der Universität Bonn und ist eine Expertin für Bankenregulierung, Finanzkrisen und systemische Risiken. Seit Juni 2014 ist sie auch Mitglied des deutschen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (der sogenannten Wirtschaftsweisen) und hat somit einen breiten ökonomischen Fundus. Zudem amtiert sie seit diesem Monat als Co-Vorsitzende des deutsch-französischen Rates der Wirtschaftsexperten….
NZZ.ch
Euractiv.de

Finanz-Expert Lilah
Prof. Isabell Schnabel

 

Bestechungsverdacht Fresenius-Millionen für Ärzte?

Der deutsche Konzern Fresenius Medical Care ist nach Informationen von WDR, NDR und SZ im Visier der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Betrieb der Konzern ein weltweites Schmiergeldsystem.

Massimo Bognanni berichtet: Der Sturm, so schien es, war an Fresenius Medical Care (FMC) vorbeigezogen. Am 29. März dieses Jahres veröffentlichte das Unternehmen, das weltweit führend bei Produkten und Dienstleistungen für Nierenkranke ist, eine nüchterne Mitteilung. Man habe sich mit US-Behörden im Rahmen eines Vergleiches auf eine Strafzahlung von 231,7 Millionen Dollar geeinigt. Eine Untersuchung der US-Justizbehörde und der US-Börsenaufsicht sei damit abgeschlossen. Ein paar Medien griffen die nüchterne Nachricht auf. Auf der Hauptversammlung im Mai schimpften die Aktionäre. Ansonsten herrschte bis heute: Stille.

Kaum jemand stellte die Frage, warum eines der 30 größten Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) mit 114.000 Mitarbeitern und mehr als 16 Milliarden Euro Umsatz die sagenhafte Strafe von 231,7 Millionen Dollar akzeptiert hatte. Niemand schien sich für den möglichen weltweiten Schmiergeldskandal zu interessieren, den die US-Ermittler bei Fresenius Medical Care untersucht hatten.

Jahrelang Schmiergeldzahlungen in vielen Ländern….
WDR/ Fresenius Bestechung
Welt.de

ZWISCHENBERICHT 2019
Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA

Bildergebnis für fresenius bestechung cartoonKorruption: Ermittlungen gegen Fresenius-Mitarbeiter – WELT

 

Schattenmacht BlackRock

Keiner verfügt über mehr Geld als der amerikanische Finanzinvestor BlackRock.

Die Jounalistin Heike Buchter:
BlackRock: Eine heimliche Weltmacht greift nach unserem Geld

Über sechs Billionen Dollar verwaltet der Konzern. Wer über so viel Geld verfügt, hat großen Einfluss. Doch was genau bedeutet das für uns alle? Längst gibt es Experten, die in der unfassbaren Größe von BlackRock eine Bedrohung für den freien Wettbewerb und die Stabilität der Finanzmärkte sehen. Es ist das geliehene Geld der Kunden, das BlackRock immense Macht verleiht. Denn BlackRock entscheidet darüber, was mit den Billionen Dollar geschieht. Mit ihnen hat sich der Finanzinvestor bei führenden Weltkonzernen eingekauft.

Derzeit ist BlackRock Großaktionär bei Apple, Microsoft, Facebook, McDonald’s, Siemens, BASF, Bayer und vielen, vielen mehr. BlackRocks Einfluss geht jedoch weit über Unternehmensbeteiligungen hinaus. Der Investor berät Notenbanken und Finanzminister, hat Zugang zu Staatschefs. Kein anderer Konzern und keine Behörde der Welt besitzt heute einen so umfassenden Einblick in die globale Finanzwelt wie BlackRock.

In diesem Zusammenhang warnen Experten auch vor „Aladdin“, dem computergestützten Analyseprogramm des Konzerns. Dessen Algorithmen sind längst nicht mehr nur für das Risikomanagement bei BlackRock verantwortlich, sondern auch für das anderer Investoren. Dadurch wird der Markt mehr und mehr gleichgeschaltet – und anfälliger für Krisen.

Finanzexperten fragen sich: Wie groß darf der Einfluss von BlackRock noch werden? Sie treibt die Sorge um, dass die wachsende Dominanz des amerikanischen Finanzinvestors bei einer zukünftigen Börsenkrise zu einem gefürchteten „Run for the Exit“ führen könnte, zu einer Panik, bei der alle ihre Aktien nur noch verkaufen wollen.

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

Der europäische Gerichtshof für die Rechte von Mafiabossen

Diesen Titel wählt der italienische Mafiaexperte, Journalist und Herausgeber der Zeitung Antimafiaduemila Giorgio Bongiovanni für seinen Bericht über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Geklagt hat ein Boss der `ndrangheta, Marcello Viola. Er sitzt im Gefängnis wegen mehrfachen Mordes, wegen Beseitigung einer Leiche, wegen Entführung und illegalem Waffenbesitz. Insgesamt vier Mal lebenslänglich haben die Gerichte verhängt. Einer der Morde ist wegen der besonderen Grausamkeit erwähnenswert: 1991, am sog. „Schwarzen Freitag“, wurden in Taurianova (Kalabrien) innerhalb weniger Stunden vier Personen getötet, und eines der Opfer, Giuseppe Grimaldi, wurde von dem Killerkommando geköpft. Anschließend wurde der abgeschlagene Kopf auf der Piazza als Ziel eines Schießstandes zum Abschuss für alle freigegeben. Noch am gleichen Tag versuchte Viola, die ganze Familie Grimaldi auszulöschen: Mit zwei anderen Männern brach er ins Haus der Familie ein und versuchte, den Sohn und die anderen Verwandten zu entführen, was glücklicherweise nicht gelang. Deshalb sitzt er jetzt im Gefängnis, wobei ihm Vergünstigungen versagt werden, weil er bisher jede Art von Zusammenarbeit mit der Justiz verweigert hat. Allerdings konnte er im Gefängnis Hochschulabschlüsse in Biologie, Medizin und Chirurgie machen und folgt aktuell einem Studiengang in Betriebswirtschaft. Nun haben sich seine Anwälte an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt und gegen die Verhängung der Urteile zu lebenslänglicher Haft geklagt – und am 13.6.2019 Recht bekommen. Der EGMR stellt fest, dass das italienische Gesetz zum „ergastolo ostativo“ (lebenslängliche Haftstrafe ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung) Artikel 3 der Europäischen Konvention zu den Menschenrechten verletze, die Folter, unmenschliche und herabwürdigende Strafen, und das Fehlen einer Möglichkeit zur Resozialisierung untersage.

Italien hat daraufhin Widerspruch eingelegt und argumentierte mit der invasiven Präsenz der Mafia-Organisationen auf italienischem Gebiet. Auch wenn im Art. 4bis der italienischen Strafvollzugsordnung festgelegt sei, dass Haftvergünstigungen (Preise, Arbeit außerhalb des Gefängnisses, Alternativen zur Haft, doch nicht die vorzeitige Entlassung) dem Häftling im verschärften Strafvollzug nur zugestanden werden, wenn er mit der Justiz zusammenarbeitet, so dass evident werde, dass seine Beziehungen zur OK unterbrochen seien, so sei trotzdem im gleichen Artikel festgelegt, dass die Vergünstigungen auch dann möglich sind, wenn seine Zusammenarbeit mit der Justiz für Ermittlungen „objektiv irrelevant“ sei. Die einzige conditio sine qua non sei, wenn der Häftling auch im Gefängnis noch Verbindung zur OK habe. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Behörden sind sich sicher, dass Viola für seinen Clan immer noch die Rolle des Bosses innehat.

Und wie argumentiert Straßburg?

Ein Staat könne nicht lebenslänglich ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung verhängen, nur weil der Häftling nicht zur Zusammenarbeit mit der Justiz bereit sei. Die Verweigerung einer Zusammenarbeit bedeute, „nicht notwendigerweise“, dass der Verurteilte seine Taten nicht bereut habe und immer noch in Kontakt mit seiner kriminellen Organisation stehe, was ja tatsächlich eine Gefahr für die Gesellschaft bedeutet. Die Weigerung könne auch andere Gründe haben, z.B. die Angst um das eigene Leben oder das seiner Angehörigen. Also, so die Richter von Straßburg, sei eine Entscheidung für die Zusammenarbeit mit der Justiz nie ganz freiwillig. Und Italien wird aufgefordert, das entsprechende Gesetz zu ändern.

Die Mafiabosse und ihre Anwälte jubilieren!

Und die Stellungnahmen italienischer Experten?

Zitiert werden im Artikel von Antimafiaduemila nur zwei Stellungnahmen (des ehemaligen Staatsanwalts Gherardo Colombo und des Ex-Senators Luigi Manconi), die den „ergastolo ostativo“ für nicht mit der italienischen Verfassung vereinbar halten. Die überwältigende Mehrheit derer, die sich zu Wort melden, sind jedoch gegenteiliger Meinung und über den Richterspruch empört oder entsetzt:

Stellvertretend für die vielen Experten (Antimafia-Richter, Politiker, Journalisten, Vertreter der Mafia-Opfer) hier nur die Stellungnahme von Nicola Morra, dem Präsidenten der Parlamentarischen Antimafia-Kommission: Das Urteil bedeute auch „eine Beleidigung für Generationen von Sizilianern, Italienern, Richtern und Kriminalbeamten, die zur Verteidigung des Staates gehandelt haben und deshalb in abscheulichen Attentaten von der Mafia eliminiert wurden. (…) Der Staat bekämpft den Einsatz von Sprengstoff, indem er mit Margeriten wirft.“

Von Alfonso Bonafede, Justizminister: Er sieht auch den Artikel 41 bis in Gefahr (Haft zu verschärften Bedingungen)

Und von Roberto Scarpinato,dem leitenden Antimafia-Staatsanwalt von Palermo: Er meint, den ergastolo ostativo abzuschaffen, bedeute, den Kampf gegen die OK aufzugeben. (…)

Zu behaupten, dass die Gefangenen keine freie Wahl hätten, ob sie mit der Justiz zusammenarbeiten wollten oder nicht, weil sie sich damit der Gefahr für Leib und Leben aussetzten, sei gleichbedeutend mit der Behauptung, der italienische Staat hätte bewiesen, dass er nicht in der Lage sei, das Leben der Kronzeugen und ihrer Angehörigen zu schützen, während die Realität der letzten Jahrzehnte eindeutig das Gegenteil beweist, nämlich dass der italienische Staat sehr wohl in der Lage war und ist, das Leben von Hunderten von Kronzeugen und ihrer Familien dadurch zu schützen, dass man sie mit einer neuen Identität an anderen Orten untergebracht und ihnen die Möglichkeit eröffnet habe, ein neues Leben zu beginnen.

Indem das Gericht den Häftlingen das Recht zuspricht, nicht mit der Justiz zusammenzuarbeiten, weil sie sich damit der Rache der Mafia aussetzten, vermittle es damit eine äußerst negative Boschaft: Man könne kein Vertrauen haben in den Staat, dass er in der Lage sei, das Gesetz gegen die Übermacht der Mafia durchzusetzen. Damit sei auch gesagt, dass die Mafia mächtiger sei als das Gesetz. (…)

Noch paradoxer sei das Argument der Straßburger Richter, das italienische Gesetz (…) verletze das Recht des Gefangenen auf Selbstbestimmung und seine Würde. Scarpinato zitiert den Richter Wojtyczek, der als einziger gegen den Straßburger Richterspruch gestimmt und das o.g. Argument schlichtweg „rätselhaft“ genannt hat. Dieser Richter kritisiert das Urteil, da das Gericht damit seine Kompetenzen überschritten habe, indem es sich an die Stelle des italienischen Gesetzgebers setze und eine politisch alternative Gesetzgebung fordere, die dem Recht des Gefangenen selbst zu bestimmen, wie er seine Resozialisierung gestalten wolle, mehr Gewicht gebe als dem Schutz der Kollektivität. (…)

Die Abschaffung des ergastolo ostativo nähme dem Staat ausgerechnet das Instrument, das die Mafiosi wirklich fürchten: Lebenslange Haft, was für sie bedeute, ihre Macht zu verlieren und ihre angehäuften Reichtümer nicht mehr genießen zu können. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung könne er sagen, dass Mafiabosse auch nach 30 Jahren Haft sofort wieder in die Aktivitäten der Mafia Eingang fänden. Mafia-Häftlinge seien außerdem stets mustergültige Gefangene, die dadurch nach dem italienischen Gesetz eine Reduktion ihrer Strafe erführen: Für jedes Jahr ihrer Haft mit guter Führung erhielten sie drei Monate angerechnet. Eine 10jährige Haftstrafe reduziere sich so auf achteinhalb Jahre und zwanzig Jahre auf fünfzehn. Gebe der Gefangene dann noch ein formelle Erklärung ab, mit seiner Vergangenheit als Mafioso gebrochen zu haben, sei klar, wie schwierig eine Entscheidung über Hafterleichterungen für den zuständigen Richter würde. Geht die Erklärung, sich von Cosa Nostra zu distanzieren auf eine gelungene Resozialisierung, auf eine tatsächliche Änderung der Lebenseinstellung des Gefangenen zurück oder ist sie das Ergebnis einer geschickten Strategie der Verschleierung? Entdecke man dies erst nach der Haftentlassung, riskiere man damit das Leben weiterer Opfer und die Glaubwürdigkeit des Staates im Kampf gegen Mafia-Verbrechen. Ein Problem, das der italienische Gesetzgeber vermeiden wollte, indem er den Zugang zu Hafterleichterungen der Zusammenarbeit mit der Justiz untergeordnet habe, womit er ein Gleichgewicht herstellen wollte zwischen dem Interesse der Gesellschaft und den Rechten des Einzelnen.

Ich persönlich halte die Differenzierung des italienischen Gesetzgebers nach Gefangenen und Gefangenen, die sich bei ihren Verbrechen durch besondere Unmenschlichkeit und Gefährlichkeit ausgezeichnet haben, für weise. Die von Straßburg kritisierte Gesetzgebung betrifft Mafia-Verbrechen, Terrorismus und Pädophilie. Dies befriedigt mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit.

Der `ndrangheta-Boss, der in Straßburg geklagt hat, ist wegen mehrerer Morde und anderer Vergehen zu vier Mal lebenslänglich verurteilt worden. Einem Opfer den Kopf abzuschlagen und ihn dann auf der Piazza zum Abschuss für alle freizugeben, halte ich für eine beispiellose Grausamkeit, für Unmenschlichkeit. Der Boss Viola verdient für mich damit keine zweite Chance.

Dass es für das Gericht keine Rolle zu spielen scheint, dass Viola von den zuständigen Richtern in Italien immer noch für den Boss seines Clans gehalten wird – was einhergeht mit der Aussicht, dass neue Opfer für seine „nicht entwürdigende“ Behandlung bezahlen müssen, empört mich ebenso wie die Tatsache, dass der besonderen Grausamkeit, die Tausende von Mafia-Opfern, darunter Richter, Polizisten, Politiker, Journalisten usw. usw., in Italien erfahren haben, nicht im mindesten Rechnung getragen wird. Ich verstehe vollkommen die Verbitterung zahlloser Angehörigen von Mafia-Opfern. Das Urteil bedeutet für mich, dass nach Meinung der Straßburger Richter die Interessen eines einzelnen Bosses (Hunderte werden seinem Beispiel folgen) wichtiger sind, als die von Opfern und ihrer Angehörigen. Auch die Interessen der Gesellschaft, dass nämlich die Mafiosi daran gehindert werden, weitere Verbrechen und weitere Morde zu begehen, sollen nach diesem Urteil den Interessen eines einzelnen untergeordnet werden. Das scheint jetzt europäisches Recht zu sein, aber Gerechtigkeit ist das nicht! Das Gericht hätte besser die Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich an der beispielhaften und effizienten italienischen Antimafia-Gesetzgebung ein Beispiel zu nehmen und endlich den Kampf gegen die OK wirklich aufzunehmen!..rsw.beck.de

Sie haben Falcone und Borsellino ein zweites Mal umgebracht. Die Straßburger Richter legen Italien nahe, den zu lebenslänglicher Haft verurteilten Gefangenen Vergünstigungen zu gewähren. – Gratteri: Der Staatsanwalt von Catanzaro, der zur `ndrangheta ermittelt: „Damit sind 150 Jahre Antimafia zunichte gemacht, die Bosse jubeln“

Erste Dax-Chefin bei SAP

Selbstverständlich eine Frau.

Mit Jennifer Morgan rückt eine Frau an die Spitze des wertvollsten deutschen Konzerns SAP. Das war gerade in der IT-Branche lange undenkbar. Doch das Beispiel SAP zeigt, wie gut amerikanischer Einfluss manchmal tut.
Männer haben SAP gegründet, Männer haben die Softwarefirma seither geführt. Nun hat Aufsichtsratschef Hasso Plattner gemacht, was noch kein Dax-Unternehmen wagte: eine Frau an die Spitze gesetzt.

Es ist wohl auch der amerikanischen Sozialisation zu verdanken, dass sich Morgan während ihres steilen Aufstiegs innerhalb des Konzerns nie scheute, sich Frauenfragen anzunehmen. Sie half aktiv mit, Förderprogramme für weibliche Führungskräfte aufzustellen und setzt sich für die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen im Unternehmen ein.

„Natürlich müssen Frauen in den Vorstand, wenn sie die Besten sind“, sagte sie am Rande der SAP-Messe Saphire im Jahr 2017. „Weil sie dann die Besten sind.“

Nun wurde Morgan, die das US-Magazin „Forbes“ zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt zählt, zusammen mit dem Deutschen Christian Klein als eine der beiden Besten ausgewählt um den nach Börsenwert größten Konzern Deutschlands zu führen…
Der Spiegel

Nino Di Matteo – der bestbewachte Antimafia-Staatsanwalt Italiens

Bongiovanni Di Matteo

Seitdem Totò Riina, Boss der Bosse, aus dem Gefängnis heraus die Ermordung des Antimafia-Staatsanwalts Nino Di Matteo angeordnet hat (2013) – eine Drohung, die durch Angaben eines glaubwürdigen Polizeispitzels bestätigt und um das Detail ergänzt wurde, dass der für das Attentat vorgesehene Sprengstoff schon in Palermo lagere, ist der Schutz des Staatsanwalts aus Palermo auf die höchste Stufe angehoben worden:

Di Matteo bewegt sich ständig mit einem Konvoi von drei gepanzerten Fahrzeugen, in denen die neun Carabinieri Platz finden, die für seinen Schutz zuständig sind. Seine Wohnung ist rund um die Uhr bewacht, andere Carabinieri sind dafür abgeordnet, die Sicherheit der Straßen und Plätze zu prüfen, die der Konvoi nehmen wird. Außerdem hat ihm der frühere Innenminister Alfano nach massivem Druck aus der Bevölkerung einen Bomb jammer (Störsender, der im direkten Umkreis des Geräts eventuelle Funksignale unterbricht) genehmigt.

Nun könnte man meinen, der Status als bestbewachter Staatsanwalt bringe eine besondere Wertschätzung von Seiten des italienischen Staates und der Kollegen zum Ausdruck, doch dieser Eindruck täuscht.

Giorgio Bongiovanni, Herausgeber der Zeitung Antimafiaduemila, hielt anlässlich des 27. Jahrestages des Attentats auf den Antimafia-Richter Paolo Borsellino in Via D’Amelio eine flammende Verteidigungsrede für den Staatsanwalt, in der er dessen Tätigkeit in den letzten Jahren schildert und beschreibt, wie sich manche Vertreter von Politik, Medien, Institutionen und manche Kollegen ihm gegenüber verhalten haben. Die Rede dauert 59 Minuten und kann immer noch über diesen link verfolgt werden.

Seit Gründung der Zeitung Antimafiaduemila im Jahre 2000 verfolge er, Bongiovanni, genauestens, was in Politik und bei der Bekämpfung der Mafia vor sich gehe. Und während er anfangs die Justiz fast für eine Priesterschaft im Dienste der Wahrheitsfindung gehalten habe, müsse er inzwischen sagen, dass es unter den Richtern, in der Justiz allgemein, solche und solche gebe. Seit 20 Jahren habe er auf den Kongressen, die Antimafiaduemila jedes Jahr veranstaltet, jeweils den Moderator gegeben, jetzt aber sei es das erste Mal, dass er selber das Wort ergreife, das erste Mal, dass man ihm zuhören müsse. Und mit ihm warteten fast 100 000 Unterzeichner eines Appells zur Verteidigung von Nino Di Matteo auf Antworten des italienischen Staates.

Er vergleicht Nino Di Matteo mit dem 1992 von Cosa Nostra ermordeten Antimafiarichter Giovanni Falcone, weil es auffällige Parallelen gebe: Beide wurden lächerlich gemacht, geradezu verfolgt, bei Bewerbungen abgewiesen, und man versuchte ständig ihnen die Legitimität abzusprechen. Eine Presse, die einer gewissen politischen Richtung hörig ist, hat ihn als Scheriff, als Primadonna beschimpft, ihm vorgeworfen, er bereise ganz Italien, um von möglichst vielen italienischen Städten zum Ehrenbürger ernannt zu werden.

Nino Di Matteo hat Drohungen und Einschüchterungsversuche erlebt:

(Anm. Verf.: Die Angriffe auf Di Matteo sind im Zusammenhang mit dem 2012 eröffneten Prozess zur trattativa Stato mafia zu sehen: In diesem Prozess, der im Sommer 2018 mit der Verurteilung aller Angeklagten bis auf einen endete, war Di Matteo Hauptvertreter der Anklage. Als historisch kann der Prozess deshalb gelten, weil hier die Justiz eines Landes sozusagen gegen sich selbst ermittelt hat: Auf der Anklagebank saßen neben den bekannten Mafiabossen Riina, Bagarella, Brusca, Cinà zwei ehemalige Minister, hohe Ränge einer Sondereinheit der Carabinieri und die „rechte Hand von Berlusconi“, Marcello Dell’Utri. Die Anklage lautet „Erpressung eines staatlichen Gremiums“: Cosa Nostra hat kurz vor den Attentaten auf die beiden Antimafiarichter Falcone und Borsellino Verhandlungen mit Vertretern des italienischen Staates aufgenommen: Die Strategie der blutigen Attentate werde erst beendet, wenn der italienische Staat vor allem die strengen Antimafia-Gesetze rückgängig mache und weitere Forderungen der Mafia erfülle.)

2012-2013: Im Gericht und in der Privatwohnung des Staatsanwalts treffen verschiedene anonyme Briefe ein. Darunter das sog. Protocollo fantasma, ein anonymes Schreiben von 12 Seiten mit dem offiziellen Briefkopf „Ministerium der Republik Italien“. Es enthält Warnungen und Drohungen. Und 2013 liest man in einem Brief: „Die Freunde von Matteo Messina Denaro in Rom (Messina Denaro hat in der Cosa Nostra Führungsfunktion und ist seit 1993 untergetaucht) haben entschieden, dass es reicht: Italien in der Hand von Schwulen (gemeint ist der Regionspräsident von Apulien Nichi Vendola) und Komikern (der Gründer der Fünfsternebewegung Beppe Grillo)! Unterzeichnet ist der Brief mit „ein Mafioso aus Alcamo“.

Es gibt auch Drohungen anderer Art im Umfeld des Prozesses: 2013 erfolgt ein Einbruch in die Wohnung von Roberto Tartaglia, ebenfalls Anklagevertreter im Prozess zur trattativa. Aus seinem Arbeitszimmer werden Ermittlungsakten gestohlen. Kurz darauf erhält der Staatsanwalt Giuseppe Lombardo, der die Anklage in einem Prozess mit ähnlicher Thematik in Reggio Calabria vertritt, einen Brief mit Sprengstoff und der Ankündigung, man werde ihn mit 200 kg Sprengstoff in die Luft jagen.

Ebenfalls 2013 wird Totò Riina im Gefängnis bei seinen täglichen Spaziergängen mit einem Mafioso aus Apulien abgehört: „Wir müssen uns Di Matteo vom Hals schaffen. …. Und zwar sofort!“ Und in Palermo kommt ein Brief mit dem Poststempel Castelvetrano an (von dort stammt Matteo Messina Denaro). „Die Brüder in Palermo“ sollten hören, was ihnen ihr Boss zu sagen habe: Nino Di Matteo „hat sich zu weit vorgewagt. Er muss beseitigt werden!“

Ein weiterer höchst beunruhigender Vorfall: Einbruch ins Büro des leitenden Staatsanwalts von Palermo, Roberto Scarpinato. Auf seinem Schreibtisch liegt ein Drohbrief: „Passen Sie bloß auf, Dr. Scarpinato! Wir finden Sie überall! Sie übertreiben bei Ihrer Arbeit und in Ihrer Rolle im Amt! Lassen Sie endlich den Dingen ihren Lauf. Unsere Geduld hat bald ein Ende!“ Hier überlegt Bongiovanni: Die Procura von Palermo ist das am besten bewachte Gericht Italiens, und Scarpinato hat dort die Leitung. Ist es vorstellbar, dass ein normaler Mafioso ins Allerheiligste der Hochsicherheits-Procura vordringen kann? Seiner Meinung nach sind es „staatliche Gespenster“, die sich dort Zutritt verschafft haben. Und der Grund: Scarpinato vertritt zu der Zeit die Anklage in einem Prozess in Caltanissetta, den man als Ableger des Prozesses in Palermo bezeichnen könnte.

Aber das ist nicht alles: 20 Tage später kommt Scarpinato in sein Büro und findet dort noch einmal ein Schreiben vor. Dieses Mal ist es nur ein Zettel mit einem Wort im sizilianischen Dialekt: „Accura!“ (Pass bloß auf).

Auch Kronzeugen sagen aus: Da ist als erster Vito Galatolo, der für eine der gefährlichsten Mafia-Familien von Palermo arbeitet, für die Familie Madonia. Er sagt aus, er sei es, der den Auftrag für das Attentat auf Di Matteo erhalten habe. Cosa Nostra habe 600 000 € gesammelt, um den nötigen Sprengstoff von den calabresi, also in Kalabrien von der `ndrangheta, kaufen zu können. Di Matteo und der `ndrangheta-Staatsanwalt Giuseppe Lombardo sind sich einig: Hinter dem geplanten Attentat steckt ein ganzes kriminelles System, zu dem auch Freimaurer, Politiker und Vertreter der Institutionen gehören. Dasselbe kriminelle System, das die Ermordung Paolo Borsellinos und seiner Eskorte zu verantworten hat. Die Staatsanwälte wollen deshalb einen anderen Kronzeugen befragen, der als erster das kriminelle System der `ndrangheta beschrieben hat: Leonardo Messina. Er hat seine Strafe abgesessen und ist seit 2016 frei. Doch er ist seit Monaten nicht mehr auffindbar. Das, so fragt sich Bongiovanni, ist doch kein Zufall?

Auch die schon längst verurteilten Mafiabosse der Attentate auf Falcone und Borsellino sagen über die Anschläge von 1992/93 aus. Brusca und Cancemi nennen schon 1998 Dell’Utri und Berlusconi als Auftraggeber von außerhalb der Mafia.

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen für den Prozess zur trattativa befragen die Staatsanwälte auch den ehemaligen Staatspräsidenten (1992-99) Oscar Luigi Scalfaro. In der Urteilsbegründung von 2018 wird betont, dass Scalfaro nachweislich gelogen hat, genauso wie der Polizeichef Vincenzo Parisi (Beide sind verstorben, bevor man ihnen einen Prozess wegen Falschaussage machen konnte).

Auch der letzte Staatspräsident Giorgio Napolitano spielt eine doch sehr zweifelhafte Rolle: Er zieht alle ihm zu Verfügung stehenden Register, um den Prozess zu stoppen! Einer Befragung durch die Staatsanwälte (Er hatte in der Zeit der Mafia-Attentate das Amt des Parlamentspräsidenten inne) versucht er mehrmals zu entkommen. Als Vorsitzender des CSM (höchstes Gremium der italienischen Justiz) leitet er ein amtliches Verfahren gegen die gesamte Procura di Palermo und einen der Staatsanwälte ein. So gelingt es ihm, Antonio Ingroia, der wesentlich an der Vorbereitung des Prozesses beteiligt war, aus dem Pool zu entfernen:

Dann ereignet sich ein kleines Wunder: 2015 beobachten zwei kleine Jungs auf dem Gelände eines Tennisplatzes in Palermo zwei bewaffnete Männer, die sie dort noch nie gesehen haben und melden es sofort weiter. Dies geschieht unmittelbar, bevor Di Matteo den bomb jammer erhält. Offenbar wollte man das Attentat vorher noch durchziehen. Kurz darauf meldet sich der Kronzeuge Galatolo, der den Auftrag für das Attentat bekommen hat, er müsse Di Matteo dringend sprechen: Der mit Sprengstoff gefüllte Wagen stehe bereit, aber jetzt habe Matteo Messina Denaro Palermo informiert, dass die Vorbereitungen abgeblasen seien. Für das geplante Attentat sei eine Autobombe nicht geeignet, man brauche dafür spezielle Waffen. Er habe einen Experten an der Hand, der nicht zur Cosa Nostra gehöre und der sich mit solchen Waffen auskenne und das Attentat bewerkstelligen werde. Und übrigens: Außer Di Matteo seien noch weitere 23 Personen dran.

Dann wird zufällig ein normaler Mafioso aus Palermo abgehört, der sich am Telefon mit seiner Frau heftig streitet: „Was machst du denn da für einen Mist? Ich habe dir schon mehrfach gesagt, du darfst das Kind nicht mehr auf den Tennisplatz X bringen. Das ist der Tennisplatz, auf dem auch Di Matteo spielt, den sie jetzt umbringen müssen.“

Bongiovanni zieht hier eine Zwischenbilanz: Die Serie von Morddrohungenm zeigt, dass die Strategie der blutigen Attentate der Cosa Nostra und des italienischen Staates nicht beendet ist, sie befindet sich lediglich im stand by!

Und was hat sich in den letzten Jahren ereignet? Nino Di Matteo, ein Spitzenmann im Bereich von Mafia-Ermittlungen, bekommt in Palermo nun Feld-Wald-und-Wiesen-Ermittlungen aufgetragen, Einbrüche, Diebstähle, Streitigkeiten unter Nachbarn usw. Weshalb?

2018 soll Di Matteo Mitglied im neu gegründeten Pool zur Ermittlung der externen Auftraggeber der Attentate von 1992-94 werden. Offenbar sind aber nicht alle Kollegen einverstanden: Gegen Luca Palamara, den ehemaligen Präsidenten eines Gremiums der italienischen Justiz (ANM) wird ermittelt wegen Korruption – ein riesiger Skandal. Also wird er abgehört, und das auch bei einem Gespräch, in dem er zu einem Kollegen sagt, er müsse unbedingt verhindern, dass Di Matteo zu diesem Pool gehöre. Und was passiert? In einer Mail schreibt Cafiero De Raho, der Nationale Antimafia-Staatsanwalt, an Di Matteo, er könne nach dem Fernsehinterview auf La7 nicht mehr in den Pool aufgenommen werden, weil er Geheimnisverrat betrieben habe. Er habe damit das Vertrauensverhältnis unter Kollegen zerstört, das Voraussetzung sei für die Arbeit im Pool. In Wahrheit aber (unddas kann man in einer Video-Registration überprüfen) hat er dort nur Fakten genannt, die jederzeit auch im Internet gegoogelt werden können.

2018 erhält Italien eine neue Regierung aus der Fünfsterne-Bewegung und der Lega. Es werden die Ministerposten verteilt, man schlägt Di Matteo als Innenminister vor – man diskutiert und berät, und statt Di Matteo macht man schließlich Matteo Salvini von der Lega zum Innenminister – was für eine Alternative zu Di Matteo! Die Fünfsterne wollen aber doch an dem Spitzenbeamten Di Matteo festhalten und so hat der neue Justizminister die Idee, Di Matteo zum Chef des DAP (der Gefängnisverwaltung) zu machen.

Was er jetzt berichte, könne man für die Phantasien eines Filmregisseurs halten, warnt Bongiovanni, es handle sich aber um Tatsachen: Der Chefposten der Gefängnispolizei ist ein strategisch enorm wichtiges Amt. Man ist dort im engen Kontakt mit den Mafiabossen, hört, was in den Gefängnissen kolportiert wird, die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften ist zu koordinieren – also ein sehr wichtiger Posten. Nach Bekanntwerden dieses Plans trifft beim Justizminister Bonafede ein Informationsschreiben der Gefängnisverwaltung ein: Die Mafiabosse seien in heller Aufregung und wollten unbedingt Di Matteo als Chef des DAP verhindern, sie wollten streiken, um ihre Forderung durchzusetzen. Und der Minister? Er verspricht, dass man Di Matteo einen anderen Posten geben werde!

Hier wendet sich Bongiovanni direkt an den Innenminister: „Minister Bonafede. Warum???? Warum haben Sie das getan? Das müssen Sie uns erklären!“

Und Di Matteos Kollege Giuseppe Ayala? (Einst im Antimafia-Pool von Palermo. Er war während des Attentats von Via D’Amelio vor Ort, hat aus dem zerstörten Auto von Paolo Borsellino dessen Aktenmappe mit dessen rotem Notizbuch genommen und vom Tatort entfernt).

Fünf Mal erklärt Ayala, er könne sich nicht erinnern, wem er Borsellinos Aktenmappe gegeben habe, was daraus geworden sei. Und als er vor kurzem wieder danach gefragt wird, bekommt er einen Wutanfall und weigert sich zu antworten: „Wenn ich einst gestorben bin, soll Gott mich richten!“

Abschließend appelliert Bongiovanni an die Staatsanwaltschaften von Caltanissetta, Florenz und an die Nationale Staatsanwaltschaft, er hoffe, sie hätten sich im Streit, ob Di Matteo Geheimnisverrat betrieben habe, zu seiner Verteidigung eingesetzt! Er fürchte aber, dass das nicht geschehen sei.

Einen weiteren Appell richtet er wieder an die Staatsanwaltschaft Caltanissetta und ihren Leiter Amedeo Bertone, die die Ermittlungen wegen des geplanten Attentats auf Di Matteo geführt haben. Sie haben nun die Ermittlungen eingestellt, obwohl sie in der Begründung zugeben zu wissen, dass die Mordpläne gegen Di Matteo weiter verfolgt werden und nicht etwa erledigt sind. Und was macht man in Caltanissetta? Man archiviert das Verfahren, man tut nichts! Und er schließt: „Diese Staatsanwaltschaft ist schuldig, schuldig, schuldig!“

Corruption Only the Shadow Knows

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