Das gehört sich nicht!

Wie Wirecard und Cum-Ex den Kanzlerkandidaten Scholz einholen

Ein Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Wirtschaftskrimi, unangenehme Fragen zu seiner Rolle als Hamburger Bürgermeister im Cum-Ex-Skandal: Dem deutschen SPD-Kanzlerkandidaten Scholz weht eine steife Brise entgegen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz war sich fast eineinhalb Jahre vor dem Zusammenbruch der Wirecard einer möglichen Marktmanipulation bewusst und setzte damit eine Schlüsselfigur in der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Druck.

Die Finanzaufsichtsbehörde BaFin informierte Scholz im Februar 2019 über den Fall „wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation“, heißt es in einem Bericht des Finanzministeriums, den Bloomberg gesehen hat.

Sein frühes Wissen um die Vorwürfe, die um Wirecard herumgewirbelt werden, erhöht die Kontrolle über den ranghöchsten Sozialdemokraten in Dr. Merkels Koalition und legt die heikle Dynamik gut ein Jahr vor der nächsten Wahl offen.

Der Bericht, der den Vorsitzenden des parlamentarischen Finanzausschusses am Donnerstagabend (16. Juli) vorgestellt wurde, schafft eine neue Öffnung für Kritiker, die den deutschen Behörden vorwerfen, zu nachlässig zu sein, indem sie den Betrugsvorwürfen eines Unternehmens nicht nachgehen, das danach strebte, eine führende Rolle in der europäischen Technologieindustrie einzunehmen.

Dem Minister wurde gesagt, die BaFin werde „in alle Richtungen ermitteln“, hieß es in dem Dokument, über das zuvor in den deutschen Medien berichtet wurde.

Während Herr Scholz jede direkte Verwicklung in den Wirecard-Skandal bestritten hat, hat er darum gekämpft, sich von dem Thema abzuschotten.

Sein Stellvertreter, Jörg Kukies, bestätigte am Mittwoch, dass er sich Ende letzten Jahres zweimal mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun getroffen habe, darunter einmal am Geburtstag des Managers.
SCHOLZ‘ PROBLEM

Dr. Merkel hielt den Skandal auf Distanz und sagte, die Verantwortung für die Aufklärung des Skandals liege bei Herrn Scholz.

„Welche Informationen dem Finanzministerium zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung standen, wird das Ministerium der Öffentlichkeit mitteilen, und die Kanzlerin hält das für gut und richtig“, sagte Martina Fietz, stellvertretende Sprecherin von Dr. Merkel, am Freitag bei einer regulären Pressekonferenz der Regierung.

„Die Kanzlerin arbeitet loyal mit allen Mitgliedern des Kabinetts zusammen“, sagte Frau Fietz.

Trotz des wachsenden Drucks sei es für Dr. Merkel schwierig, gegen ihren Vizekanzler vorzugehen, ohne die Koalition zu stürzen – ein unwahrscheinliches Szenario inmitten einer globalen Pandemie und während der sechsmonatigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
POLITISCHE UNTERSTÜTZUNG

Wirecard, ein Mitglied des deutschen Benchmark-Index DAX, wurde zu einer nationalen Schande, als es letzten Monat sagte, dass ein Viertel seiner Bilanz wahrscheinlich nicht existiert.

Das löste ein Schuldzuweisungsspiel zwischen Banken, Wirtschaftsprüfern und Behörden aus und deckte große Lücken in der Aufsicht des Landes über Nicht-Finanzunternehmen auf.

„Politisch ist es höchst problematisch, dass sich der Finanzminister so früh mit dem Fall befasst hat“, sagte Danyal Bayaz, ein Gesetzgeber der Grünen Partei, am Freitag in einem Telefoninterview.

„Scholz hatte Wirecard auf seinem Radar, er hatte ein Interesse, aber dieses Interesse wurde anscheinend nie groß genug, um ihn zum Handeln zu veranlassen“, sagte er und fügte hinzu, dass das Finanzministerium es versäumt habe, seine Rolle aufzuklären und dass er nicht ausschließen würde, eine parlamentarische Untersuchung anzustreben.

Die Entscheidung ueber das Schicksal von Scholz liege vielmehr bei der SPD, deren Mitglieder im vergangenen Jahr seine Bewerbung um die Parteifuehrung zugunsten eines Duos abgelehnt hatten, das sich staerker fuer eine Politik wie eine Vermoegenssteuer, einen hoeheren Mindestlohn und oeffentliche Ausgaben aussprach.

Der Rückhalt der SPD bei den Wählern ist jedoch nach wie vor auf einem historischen Tiefstand, und die Partei hat begonnen, die Kandidatur von Scholz für das Kanzleramt zu unterstützen.

Die deutschen Regulierungsbehörden sind im Laufe der Jahre verschiedenen Vorwürfen gegen Wirecard nachgegangen, und das Ministerium wurde regelmäßig über den Stand der verschiedenen Sonden informiert, sagte Finanzministeriums-Sprecher Dennis Kolberg auf der Regierungskonferenz.
Verwandte Geschichte
Die Einreise von Wirecard-Ex-COO Marsalek in die Philippinen war gefälscht, sagt der Minister

Das Ministerium bemüht sich „aktiv“ um eine Überarbeitung der Buchhaltungsaufsicht nach dem Zusammenbruch von Wirecard und wird „so schnell wie möglich“ einen Plan vorlegen.

„Wir prüfen intensiv, ob Verbesserungen notwendig sind“, sagte Herr Kolberg.

Die BaFin, die vom Finanzministerium beaufsichtigt wird, ist in die Kritik geraten, weil sie sich anscheinend mehr auf Investoren konzentriert, die Unregelmäßigkeiten bei Wirecard behaupteten und Wetten gegen die Aktie abschlossen, als auf das Unternehmen selbst.

Die Aufsichtsbehörde sagte im März vergangenen Jahres, dass sie gegen beide Seiten ermittle.

BaFin-Präsident Felix Hufeld sagte im vergangenen Monat, seine Institution gehöre zu denjenigen, die dafür verantwortlich seien, dass es nicht gelungen sei, den von ihm so genannten „massiven Betrug“ bei dem Unternehmen aufzudecken.

Dennoch verteidigte er das Vorgehen der BaFin gegen so genannte Leerverkäufer als rechtliche Verpflichtung.

Trotz der Empoerung ueber die Maengel haben politische Gegner den Ruecktritt von Scholz nicht mehr gefordert.

„Die Schlamperei bei der Kontrolle von Milliardenunternehmen ist einfach unvorstellbar“, sagte Linksparteichef Bernd Riexinger in einer Stellungnahme per E-Mail.

„Scholz muss dringend erklären, warum der Verdacht von Unregelmäßigkeiten bei Wirecard – aber auch die Probleme mit dem Aufsichtsregime – in seinem Ministerium so lange ignoriert wurde.

Scholz-Null
Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

Die Gesundheit der Finanzmärkte ist schwer angeschlagen

Ein manipulierter Crash ist nicht ausgeschlossen

Wie grosse Finanzmarktakteure die Börsenkurse manipulieren

Seit einiger Zeit sind die Börsen anfällig für Preismanipulationen. Dieser Umstand kann Privatanleger viel Geld kosten.

Korrigierende und mässigende Einflussfaktoren haben in den letzten Jahren einen enormen Bedeutungsverlust erfahren. Diese Entwicklung hat sich in den letzten sechs Monaten insbesondere aufgrund der Massnahmen des Fed noch einmal deutlich verschärft. Aber ein derart ungesundes Finanzsystem begünstigt Übertreibungen und Marktmanipulationen. Dass nur Softbank auf das sich aufschaukelnde Herdenverhalten an den Börsen setzt, um Kurse zu manipulieren, ist sehr unwahrscheinlich.

Daraus ergibt sich für Anleger ein sehr beunruhigender Umstand. Es gibt nicht nur die Manipulationsstrategie «pump and dump», sondern auch eine mit dem Namen «short and distort». Dabei geht es nicht darum, die Kurse in die Höhe zu treiben, sondern die Kurse crashen zu lassen. Je länger die Kurse hoch bleiben, desto attraktiver könnte eine Crash-auslösende Kursmanipulation für einige der grossen Player werden. Angesichts der ungesunden Märkte, der zunehmenden Volatilität und der steigenden Gefahr durch mögliche Short-and-distort-Manipulationen ist klar: Langfristig orientierte Buy-and-hold-Investoren sollten sich weiterhin sehr defensiv ausrichten.

Die gegenwärtige Verfassung der Börsen legt nahe, dass Anleger in der nächsten Zeit mit zahlreichen kleineren oder auch grösseren Crashs rechnen müssen. Insbesondere bis zu den Präsidentschaftswahlen in den USA wird die Volatilität erhöht bleiben…..NZZ.CH

Manipulierte Märkte

 

Italien: Piera Aiello verlässt aus Protest die Fünf Sterne

Piera Aiello aus Partanna (Provinz Trapani)
in Sizilien ist die erste Kronzeugin, die 2018 auf einer Liste der Fünf-Sterne-Bewegung ins Parlament gewählt wurde. Sie arbeitete in der nationalen parlamentarischen Antimafia-Kommission und in der Justiz-Kommission, deren Aufgabe es ist, alle vom Justizminister Bonafede und seinem Büro formulierten Gesetze zu überprüfen, mögliche Bedenken zu formulieren und Verbesserungsvorschläge zu machen. „Aber nach Monaten und Monaten der Schein-Debatten “, so Aiello, „bleibt von der geleisteten Arbeit nichts übrig. Es entscheidet immer der Justizminister, und – ich bin sicher – er entscheidet nicht autonom, denn 90% der Vorschläge werden dann verworfen, und das oft ohne eine sinnvolle Begründung.“ Sie verlässt jetzt deshalb die Fünf Sterne, ihre Arbeit in Kommissionen und Parlament wird sie jedoch fortsetzen.

Wer ist Piera Aiello? Weshalb findet ihr Austritt aus der Bewegung einen solchen Widerhall in den Medien?

Sie ist eine Symbolfigur der Antimafia:

Mit 18 Jahren wird sie gezwungen, den Mafioso Nicola Atria aus Partanna (Provinz Trapani) zu heiraten. Ihr Schwiegervater Vito Atria wird nur wenige Tage nach ihrer Hochzeit in einer Auseinandersetzung mit den Corleonesi ermordet. Das gleiche Schicksal erleidet 1991 ihr Mann, der vor ihren Augen umgebracht wird. Piera, die nie die Lebenseinstellung ihres Mannes geteilt hat, beschließt nun, sich an die Justiz zu wenden und lernt so auch den Richter Paolo Borsellino kennen. Sie muss deshalb Sizilien verlassen und lebt unter anderem Namen in Rom. Kurz darauf folgt ihr ihre Schwägerin Rita Atria, die ebenfalls beschließt, ihr Wissen der Justiz zur Verfügung zu stellen, um sich an den Mördern ihres Vaters und ihres Bruders zu rächen. Durch die Aussagen der beiden jungen Frauen kann zahlreichen Mafiosi der Prozess gemacht werden. Pieras Schwägerin Rita begeht 1992 nach der Ermordung des Richters Borsellino in Rom Selbstmord, Piera selber lebt mit ihrer Tochter mit ihrer neuen Identität im Verborgenen bis zu den Wahlen 2018. Sie kandidiert im Territorium von Messina Denaro für die 5Sterne, von denen sie sich eine ernsthafte Antimafia-Arbeit verspricht. Erst im Juni des Wahljahres beschließt sie, sich zu ihrer wahren Identität und zu ihrem Gesicht zu bekennen.

Jetzt ist sie aus den 5Sternen ausgetreten, aus Protest gegen die Arbeit des Justizministers Bonafede. „Zu lebenslanger Isolationshaft verurteilte Mafiosi schickt er mit einer simplen Email, einem Rundschreiben an alle Haftanstalten in den Hausarrest!“ empört sie sich. „Natürlich ist auch für mich das Recht auf körperliche Unversehrtheit sakrosankt, aber genauso wie das Gesetz bei Totò Riina umgesetzt wurde, der bis zum letzten seiner Tage im Gefängnis medizinisch betreut und behandelt wurde, genauso hätten jetzt die anderen Mafiabosse behandelt werden müssen. (…) Wie kann ein Bürger dem Staat vertrauen, wenn vom Staat seine Sicherheit aufs Spiel gesetzt wird? Wie sollen sich Kronzeugen sicher fühlen vor Kriminellen, zu deren Verhaftung sie beigetragen haben? Und diejenigen, die vorhaben mit der Justiz zusammenzuarbeiten, wie sollen sie das nötige Vertrauen in einen Staat aufbringen, der keine eindeutige Haltung im Umgang mit Mafiosi einnimmt, indem er wirksame Strafen vorsieht für Leute, deren Hände mit Blut beschmiert sind?

Piera Aiello verlässt die Fünf-Sterne-Bewegung: „Die Antimafia-Arbeit – zunichte gemacht von unfähigen Leuten“. Ein vergifteter Abschied der Abgeordneten und Kronzeugin. „Ich möchte nicht zur Komplizin der Fehler werden, die die Fünf Sterne begangen haben.“

 

Italien: Mafia Bosse in den Hausarrest entlassen – und nun?

Von 223 im März und April in den Hausarrest entlassenen Häftlingen von besonderem Kaliber sind immer noch 112 zu Hause, d.h. sie sind trotz des vom Justizminister entlassenen Dekrets nicht in die Haftanstalten zurückgekehrt.

Da stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Der verantwortliche Justizminister Bonafede (5Sterne) wurde u.a. von der parlamentarischen Antimafia-Kommission zu einer Befragung geladen, hat jedoch verschiedene Fragen nicht beantwortet. Die Misstrauensanträge der Opposition gegen Bonafede wurden von der Mehrheit der Parlamentarier abgewiesen. Und die Verantwortung wird jetzt von einer Dienststelle zur nächsten geschoben.

Der Minister selbst weist in einem Post auf Facebook jede Verantwortung von sich: Die Entscheidungen zur Haftentlassung hätten Richter „vollständig autonom“ getroffen. Sein Ministerium habe mit den zwei jüngst erlassenen Dekreten Gesetze geändert, die seit 50 Jahren von keinem reformiert worden seien. Sie verpflichteten die Richter, sich vor einer solchen Entscheidung mit den lokalen Antimafia-Behörden zu beraten. Jetzt habe er dafür gesorgt, dass die Umsetzung der beiden Antimafia-Dekrete auch vor Ort überprüft würde. – Dem Leser fällt auf, wie häufig der Minister in einem Post die Wendung „in vollständiger Autonomie“, bezogen auf die Richter, verwendet.

Piera Aiello aus Partanna (Provinz Trapani), Kronzeugin und Abgeordnete der 5Sterne, verlässt deshalb die Partei (Sie ist Nummer 36 der Parlamentarier, die in der letzten Zeit aus der Partei ausgetreten sind): Das eigene Land für immer verlassen zu müssen, weil man Mafiosi angezeigt hat, und nun sehen zu müssen, dass diese Leute wieder in die eigene Stadt zurückkehren, das ist für sie „eine Katastrophe, eine Niederlage für Sie als Frau und für den italienischen Staat“.

Nando dalla Chiesa, Professor für Soziologie der Organisierten Kriminalität in Mailand, Sohn des 1982 von der Mafia ermordeten Präfekts Carlo Alberto Dalla Chiesa: Seinem Eindruck nach seien die Haftentlassungen nur möglich gewesen, weil Fehler und Unregelmäßigkeiten begangen worden seien. Ein Blick in die Vergangenheit könne da für mehr Klarheit sorgen: Er untersuche jetzt mit seinen Studenten die medizinischen Gutachten der 70er und 80er Jahre. Er habe die Aussagen von Kronzeugen zu diesem Thema studiert: Sie sprächen alle von Gutachtern, die von der Mafia bezahlt worden sind. Auf jeden Fall sei er sehr verbittert, wenn er an die Anstrengungen denke, die Richter und Ermittler auf sich genommen hätten, um die Mafiosi ins Gefängnis zu bringen. Sie jetzt freizulassen bedeute, sie wieder nach Hause zu schicken, damit sie dort wie vorher kommandieren können. „Von wegen Umerziehung der Häftlinge wie mancher behauptet – daran glaube ich nicht!“

Entlassen wegen Covid: Spaziergang der Bosse – „Ja, aber mit Maske und einem Meter Distanz“.

Cum-Ex-Skandal: Bankier suchte Hilfe bei Scholz

Die Privatbank Warburg hat in der Cum-Ex-Affäre offenbar intensiv versucht, Einfluss auf die Hamburger Regierung zu nehmen, um einer Steuerrückzahlung in Höhe von rund 90 Millionen Euro zu entgehen. Das geht aus Tagebüchern des Mitinhabers der Warburg Bank, Christian Olearius, hervor, die Panorama und die Wochenzeitung „Die Zeit“ einsehen konnten. Demnach hat sich Olearius mindestens drei Mal mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz getroffen. Zwei der Treffen fanden im Jahr 2016 statt, ein drittes Treffen 2017.

Treffen zwischen Scholz und Olearius auch 2017

Gegenüber Panorama und „Zeit“ bestätigte Scholz nun die Treffen mit Olearius. Bislang hatten weder er noch die Hamburger Senatskanzlei die Öffentlichkeit über die Treffen 2016 unterrichtet, sondern nur den Termin 2017 eingeräumt.

Scholz weist strikt zurück, zu Gunsten von Warburg interveniert zu haben. Gegen Christian Olearius und weitere Mitarbeiter der Bank wurde seit 2016 wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften ermittelt. Bei den Treffen soll Olearius Scholz sowohl über die Cum-Ex-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln gegen ihn und die Warburg Bank als auch über drohende Steuerrückforderungen im mehrstelligen Millionenbereich durch die Hamburger Finanzverwaltung informiert haben, offenbar, um politischen Beistand zu organisieren.

Nahaufnahme Olaf Scholz, der die Lesebrille abnimmt. © dpa picture alliance Foto: Kay Nietfeld

Olaf Scholz bestätigte nun die Treffen mit Olearius. Bislang hatten weder er noch die Hamburger Senatskanzlei die Öffentlichkeit über die Treffen 2016 unterrichtet.

Im Finanzausschuss des Bundestages wurde Olaf Scholz zu seiner Rolle im Steuerverfahren gegen die Warburg Bank bereits zweimal befragt. Nach übereinstimmender Aussage mehrerer Teilnehmer der Sitzungen hatte Scholz die Treffen mit Olearius im Jahre 2016 nicht erwähnt. Nach Recherchen von Panorama und „Zeit“ habe er davon gesprochen, ab und zu mit Vertretern der Warburg-Bank, aber auch anderer Banken gesprochen zu haben. Dies sei normal.

Auf Anfrage teilte Scholz mit, „er habe keine konkrete Erinnerung an den Inhalt der Gespräche.“ Er sei aber „nicht mit dem Steuerverfahren der Warburg-Bank befasst gewesen“ und „habe sich nicht in die Angelegenheit eingeschaltet.“ Die Bearbeitung der Steuersachen sei „ausschließlich Sache der Steuerverwaltung“ gewesen.

In den Tagebüchern von Olearius findet sich kein Hinweis darauf, dass Scholz tatsächlich Einfluss auf das Steuerverfahren genommen haben könnte.

Kontakt zur Kahrs und Pawelczyk

Traf sich in der Causa Cum-Ex mit Christian Olearius: Johannes Kahrs, 2016 haushaltspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag.

Aus den Tagebucheinträgen geht auch hervor, dass Christian Olearius im März 2016 Kontakt zu Johannes Kahrs aufnahm – damals haushaltspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag – und zu Alfons Pawelczyk, seit den 80er-Jahren ein einflussreicher SPD-Mann in Hamburg. Die beiden sollten offenbar helfen, die drohende Rückforderung des Hamburger Finanzamtes von 47 Millionen Euro zu verhindern. „Beide stehen zur Hilfe bereit“, heißt es in den Tagebüchern.

Darin ist auch vermerkt, dass Johannes Kahrs mit der Leitung der Bankenaufsicht (Bafin) und dem Bundesfinanzministerium gesprochen habe. Und dass Olearius den Kreisverband von Kahrs im Jahr 2017 mit einer Spende von 13.000 Euro unterstützt habe. Pawelczyk, so heißt es an anderer Stelle, „armiere ich mit Unterlagen. Er wird das Gespräch mit H. Scholz suchen.“ Und später: „Am Donnerstag, den 4. August, berichtet H. Pawelczyk vom Gespräch mit H. Scholz. Der geht der Sache nach.“

Weitere Treffen mit Scholz

Auch Alfons Pawelczyk (SPD) bereitete wohl ein Treffen von Olearius mit Hamburgs damaligen Bürgermeister Olaf Scholz vor.

Pawelczyk soll außerdem ein Treffen von Scholz und Olearius am 7. September 2016 vorbereitet haben. Laut Tagebuch nahm sich Scholz in seinem Amtszimmer eineinhalb Stunden Zeit für Olearius, der ihm die schwierige Lage der Bank schilderte. Über die Reaktion von Scholz notierte Olearius: Scholz „hört aufmerksam unseren Schilderungen zu und stellt kluge Fragen.“ Und weiter: „Wir bekommen nichts versprochen, erwarten, fordern das auch nicht. jederzeit könne ich mich melden, er erwarte das auch in dieser Angelegenheit.“

Am 26. Oktober 2016 kam es zu einem weiteren Treffen zwischen Olearius und Scholz. Bei dieser Gelegenheit übergab Christian Olearius, wie es in seinem Tagebuch heißt, ein siebenseitiges Papier. In dem Dokument legt die Warburg Bank dar, warum ihr die Cum-Ex-Gelder zustünden und dass deren Rückforderung „zu einer Existenzgefährdung“ der Bank führen würde. Das Papier liegt Panorama und der „Zeit“ vor. Olearius notierte zu dem Treffen, Scholz „fragt, hört zu, äußert keine Meinung. Lässt nicht durchblicken, was er denkt und ob und wie er zu handeln gedenkt. Ich verstehe das, will ja auch nicht drängen und ihn in irgendeiner Weise kompromittieren.“

Weitere Informationen

Am 9. November 2016 notierte Olearius, dass Scholz ihn in der Sache angerufen und mitgeteilt habe: „Schicken Sie das Schreiben ohne weitere Bemerkung an den Finanzsenator.“ Weiter heißt es: „Ich frage nichts, danke und lasse das Schreiben Tschentscher überbringen. Ich hoffe, dass sich das Abwickeln positiv deuten lässt.“ Peter Tschentscher, der damalige Finanzsenator habe auf das Steuerverfahren keinen Einfluss genommen. „An ihn persönlich gerichtete Schreiben von Steuerpflichtigen wurden in diesem Sinne an die Steuerverwaltung weitergegeben“, teilte die Finanzbehörde mit.

Hamburg verzichtet auf 47 Millionen Euro aus Warburgs Cum-Ex-Geschäften

Eine Woche später, am 17. November 2016, berieten Vertreter der Hamburger Finanzbehörde und Beamte des Finanzamts gemeinsam über den Cum-Ex-Fall Warburg. Sie entschieden, dass die Stadt darauf verzichtet, die 47 Millionen Euro aus Warburgs Cum-Ex-Geschäften aus dem Jahr 2009 von der Bank zurückzufordern. Belege für eine Einflussnahme von Olaf Scholz oder Peter Tschentscher auf diese Entscheidung liegen nicht vor.

Auf Anfrage bestätigte Scholz die Treffen mit Christian Olearius und das Telefonat. Er habe daran aber keine konkrete Erinnerung. Sofern Gesprächspartner zu Steuersachen vortrügen, sei er ausgesprochen zurückhaltend und lasse sich die jeweilige Sichtweise darlegen. Sollten die geschilderten Sachverhalte zutreffen, habe er Olearius an die dafür zuständige Behörde verwiesen. Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk antworteten auf Anfragen nicht.

Christian Olearius ist Mitinhaber der Warburg Bank.

Der Medienanwalt von Christian Olearius teilte mit, eine Einflussnahme seines Mandanten auf Politik und/oder Verwaltung habe es nicht gegeben. Es sei „selbstverständlich zulässig und üblich, dass relevante Hamburger Unternehmen sich von Zeit zu Zeit mit dem Ersten Bürgermeister und/oder Mitgliedern des Senats über die unterschiedlichsten Themen austauschen.“

Die Vorgänge sind relevant, weil die Hamburger Steuerbehörde im Jahr 2016 Steuerrückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften des Jahres 2009 der Warburg Bank verjähren ließ. 2017 forderte sie erst nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums wenige Wochen vor einer erneuten Verjährung 43 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften der Bank aus dem  Jahr 2010 zurück. Die Hamburger Finanzbehörde erklärte auf Anfrage, es habe keine Versuche gegeben, „politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen.“ Die Behörde habe aufgrund von Recht und Gesetz gehandelt. daserste.ndr.de

Von Lutz Ackermann, Manuel Daubenberger, Oliver Hollenstein, Christian Salewski, Karsten Polke-Majewski, Oliver Schröm & Willem KonradCum-Ex: Christian Olearius (links) und Olaf Scholz haben sich 2016 und 2017 mehrfach getroffen.
© Jörn Kaspuhl

Sven Giegold /Sprecher Europagruppe Grüne:
Jüngste Enthüllungen der ZEIT und von Panorama im Fall der CumEx-Steuergeschäfte der Hamburger Warburg-Bank legen nahe, dass Finanzminister Olaf Scholz im Bundestag über seine Treffen mit Warburg-Bank-Inhaber Christian Olearius gelogen hat. Olaf Scholz muss lückenlos aufklären. Es drängt sich die Frage auf, warum Scholz Olearius noch getroffen hat, als gegen ihn schon wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Die Steuerpflicht ist keine Verhandlungssache mit der Politik. Zudem ist gänzlich unglaubhaft, dass er sich an den Inhalt der Gespräche nicht mehr erinnern kann…….
Warburg-Bank / CumEx: Olaf Scholz’ Umgang mit wirtschaftlich Mächtigen untergräbt Vertrauen in die Demokratie.

Cum-Ex-Skandal: Sie dürfen die Beute behalten!

Immer mehr Geldwäsche-Verdachtsfälle in Deutschland

Die Zahl der Verdachtsfälle auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland ist stark gestiegen.Das geht aus dem Jahresbericht der Financial Intelligence Unit (FIU) für 2019 hervor, der dem Berliner „Tagesspiegel“ vorab vorliegt. Nach der Aufstellung der Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes erhöhte sich die Zahl der Meldungen binnen Jahresfrist um fast 50 Prozent auf 114 914 Verdachtsfälle – ein Rekord. Darin enthalten sind dem Bericht zufolge insgesamt 355 000 verdächtige Transaktionen.

Immobiliensektor als Einfallstor für dubiose GeschäfteDie FIU hatte bereits in ihrem Jahresbericht 2018 eine „extreme Anfälligkeit“ des Immobilienmarktes für dubiose Geschäfte beklagt – und große Probleme, Kriminellen hier auf die Schliche zu kommen. Seit Jahren gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass der Immobiliensektor ein Einfallstor auch für kriminelle Clans ist, um über den Kauf von Immobilien Gelder zu waschen.

Behörden können Problem kaum verfolgen„Ein Problem für uns ist, dass die Verfolgungskultur bei Geldwäsche in Deutschland traditionell nicht hoch entwickelt ist“, sagte FIU-Chef Christof Schulte dem „Tagesspiegel“. Von den Meldungen entfielen 98 Prozent auf den Finanzsektor, vor allem Banken und Finanzdienstleister. Allerdings erhöhte sich die Zahl der Meldungen aus dem „Nichtfinanzsektor“ von knapp 600 auf mehr als 1500. Darunter fallen neben Notaren, Immobilienmaklern und Anwälten auch die Veranstalter von Glücksspielen….

Geldwäschexperte Andreas Frank /AML CFT im Interview

faz
Tagesschau.de
Zoll.de/Pressemitteilungen

Hat der Schweizer Bundesanwalt Lauber ein Strafverfahren verhindert?

Neuer Vorwurf der Aufsicht:

berichtet: „Die Bundesanwaltschaft liess eine Anzeige drei Jahre lang liegen. Nun droht Noch-Bundesanwalt Lauber ein Verfahren wegen möglicher Begünstigung.

Montag 24. August 2020 entscheidet sich, ob gegen Michael Lauber ermittelt werden darf. Oder ob der Noch-Bundesanwalt als Amtsträger vor Strafverfahren geschützt bleibt. Erwartet wird, dass die Immunitatskommission des Nationalrats Laubers Schutz aufhebt. Dann musste sich der oberste Strafverfolger, der auf Ende Monat abtritt, wegen seiner Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino verantworten.

Doch es droht noch mehr Ungemach. Laubers Aufsicht prüft zwei weitere Anzeigen gegen den Bundesanwalt. Bei der einen geht es um mögliche Verfehlungen im Verfahren rund um die frühere usbekische Präsidententochter Gulnara Karimowa. Über die andere wurde bislang gerätselt. Nun wird klar: Es geht um den Verdacht der Begünstigung. Die Bundesanwaltschaft liess eine Strafanzeige fast drei Jahre lang unbearbeitet liegen.

Im September 2017 reichte der deutsche Geldwäscherei-Experte Andreas Frank die Anzeige bei der Bundesanwaltschaft ein. Sie richtet sich gegen zwei Genfer Vermögensverwalter und einen Zuger Anwalt. Frank wirft ihnen falsche Anschuldigungen vor. Hintergrund ist ein Ianger Rechtsstreit zwischen Frank und den Vermögensverwaltern. Frank hatte deren Geschäft öffentlich kritisch kommentiert. Damit brockte er sich eine Verurteilung wegen übler Nachrede ein.

Andreas Frank (Bundestag/Stellungsnahme ) ist nicht irgendein Querulant, sondern ein renommierter Fachmann. Er ist überzeugt, dass er Opfer eines Fehlurteils wurde. Über die Jahre sammelte er Beweise dafür, dass die Anschuldigungen, die zu seiner Verurteilung führten, falsch waren und nur dazu dienen sollten, ihn mundtot zu machen. Weil sich die Zuger Justiz aber nicht um seine Gegenanzeige kümmern wollte, wandte er sich also im September 2017 an die Bundesanwaltschaft. Im Oktober teilte diese ihm eine Verfahrensnummer mit und erklärte, sie prüfe die Zustandigkeit für seine Anzeige. Den Entscheid werde sie ihm «baldmöglichst zustellen».

Doch dann vergingen Monate ohne Meldung. Und schliesslich Jahre.

„Wir entschuldigen uns in aller Form“

Bis heute fragten Frank und sein Anwalt sechsmal nach, wie es nun um seine Anzeige stehe, mal bei der Stelle für die Triage von Anzeigen, der Zentralen Eingangsbearbeitung (ZEB), mal direkt bei Bundesanwalt Lauber. «Es droht Verjährung», schrieb Frank schon im Februar 2018. Im November 2019 kam dann endlich eine Reaktion: «Wir entschuldigen uns in aller Form für die bis heute ausgebliebene Antwort», schrieb die Leiterin der ZEB – und versprach, den Entscheid betreffend Zuständigkeit nun «So rasch als möglich» mitzuteilen.

Dann passierte wieder nichts. Das ist ungewöhnlich. Anzeigen dieser Art gehören für die Bundesanwaltschaft zum normalen Tagesgeschäft. Wenn sie sich nicht zuständig sieht, kann sie die Sache in wenigen Stunden erledigen.

Doch in diesem Fall lief nichts normal. Als die Bundesanwaltschaft im Frühjahr 2020 immer noch stumm blieb, stellte Frank ein Ultimatum. Sollte er bis zum 15. März nichts gehört haben, werde er die Aufsicht oder weitere Institutionen einschalten, drohte er.

Frank ist lange Kämpfe gegen Behörden gewohnt. Schon in den 2000er- Jahren wandte er sich an die EU-Kommission, urn Deutschland zu schärferen Anti-Geldwäscherei-Regeln zu zwingen. Heute ist er Sachverständiger für Geldwäschereifragen im Bundestag und im EU-Parlament.

Am 15. März dieses Jahres, ein Sonntag, traf dann tatsächlich eine E-Mail der Bundesanwaltschaft bei Frank ein, abends um 22.32 Uhr. Darin bittet die Leiterin der ZEB «höflich in aller Form um Entschuldigung». Und weiter: «Wir sind daran, Ihre Eingabe zu prüfen und werden Ihnen unsere Antwort so rasch als möglich zukommen lassen.»

Doch schon eine Minute später rief die ZEB-Leiterin die E-Mail wieder zurück. Dass sie die E-Mail abgeschickt habe, sei eine «Fehlmanipulation» gewesen, und er solle die Nachricht ignorieren, teilte sie Frank am Montag mit.

Nun, zweieinhalb Jahre nach Anzeigeerstattung, war Frank überzeugt, dass die Bundesanwaltschaft seine Anzeige «systematisch verschleppt». Dies schrieb er der ZEB-Leiterin. Diese antwortete: «lch bitte Sie höflich um Verständnis, dass aufgrund der derzeitigen Situation die Beantwortung Ihres Anliegens eine Verzögerung erhalten hat. Wir werden uns so rasch wie möglich wieder bei Ihnen melden.»

Das war das Letzte, was Frank von der Bundesanwaltschaft gehört hat. Bis vor wenigen Tagen.

Am 13. August wandte sich diese Zeitung mit Fragen zum Fall Frank an die Bundesanwaltschaft. Schon am Tag danach erhielt Franks Anwalt einen ein- geschriebenen Brief vom stellvertretenden Bundesanwalt Ruedi Montanari. Darin erklärt Montanari knapp, dass die Bundesanwaltschaft nicht zuständig sei für den Fall. Die verzögerte Bearbeitung sei «einem bedauerlichen internen Fehler» zuzuschreiben. Eine Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung zum Nichteintreten gibt es nicht.

Ein Fehler? Frank glaubt nicht daran. Er hegt vielmehr den Verdacht, dass es höhere Motive gibt. Deshalb hat er Bundesanwalt Lauber wegen Begünstigung durch Unterlassung von Ermittlungen angezeigt. In der Anzeige weist er auf eine mögliche Verbindung zum Genfer FDP-Nationalrat und Anwalt Christian Lüscher hin.

Spielte Nationalrat Christian Lüscher eine Rolle?

Die beiden Genfer Vermögensverwalter sind honorable Figuren des Finanzplatzes. Ihre ehemalige Firma wurde auch schon von Christian Lüscher vertreten. Lüscher wurde schon einmal vorgeworfen, gute Beziehungen mit Lauber zu unterhalten und diese für seine Zwecke zu nutzen. In einer flammenden Rede setzte sich Politiker Lüscher letzten Herbst im Parlament für Laubers Wiederwahl ein. Kurz darauf brachte Anwalt Lüscher für einen Klienten einen vorteilhaften Deal mit der Bundesanwaltschaft unter Dach und Fach. Lüscher bestritt damals jeglichen Zusammenhang.

Andreas Frank fragt sich also: Hat die Bundesanwaltschaft seine Anzeige absichtlich jahrelang liegen gelassen, um die Genfer Vermögensverwalter zu schützen? Obwohl sich Frank mehrmals per Post und E-Mail direkt an Michael Lauber wandte, schreibt eine Lauber Sprecherin der Bundesanwaltschaft dazu: «Bundesanwalt Lauber hatte keine Kenntnis von dieser Anzeige und war nicht damit befasst. Er konnte daher keinen Einfluss auf die Bearbeitung der Strafanzeige nehmen.» Christian Lüscher wollte sich nicht zur Angelegenheit äussern“…Tagesanzeiger.ch/Hat Bundesanwalt Lauber ein Strafverfahren verhindert?

Le procureur général a-t-il empêché une poursuite pénale?
Le Ministère public de la Confédération a laissé traîner une plainte pendant trois ans. Michael Lauber pourrait être poursuivi pour entrave présumée à l’action pénale…24heures.ch/Le Procureur General A T IL Empeche Une Poursuite Penale

Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber

https://www.nebelspalter.ch/artikel/2019/05/31/michael-lauber.html

 

Film im Kino: Marco Bellocchio – Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra

Anmerkung zu den Filmkritiken

Seit 14.8. wird in den Kinos Marco Bellocchios Film über den ersten Kronzeugen gegen Cosa Nostra, Tommaso Buscetta, gezeigt. Ich finde ihn sehenswert.

Verschiedene Kritiken finden sich im Netz. Hier soll deshalb nur eine Anmerkung gemacht werden zu den Filmszenen, die sich in der Aula Bunker während der Maxiprozesse in Palermo abgespielt haben.

Es handelt sich um Szenen, wie sie sich in der Realität zugetragen haben. Es ist keine Interpretation des Regisseurs, der zeigen möchte, was für lächerliche Existenzen Mafiabosse sind. Die Mafiabosse, die vor Gericht absurde Theaterszenen aufführen, das von ihnen provozierte Chaos, all das ist so abgelaufen (Zu sehen im Video „La mattanza“ von Carlo Lucarelli:

 

 ab 51.55) und diente dazu, dem Gericht die Verachtung und die Siegesgewissheit der Cosa Nostra zu demonstrieren.

In Italien wird ein Urteil erst nach der dritten Instanz rechtskräftig. Und Cosa Nostra hatte im Kassationsgericht (dritte und letzte Instanz) ihren Mann sitzen, den Richter Corrado Carnevale, der bei Mafiaprozessen letztlich „alles in Ordnung“ brachte. Er fand stets einen Grund, einen Freispruch durchzusetzen und bekam deshalb von den Medien den Spitznamen „ammazzasentenze“ (Urteilskiller). Die Mafiabosse im Gerichtssaal gehen also davon aus, am Ende straflos wie bisher davonzukommen. Kronzeugen sagen aus, dass der Boss der Bosse, Totò Riina, und die gesamte Cosa Nostra gespannt auf den Urteilsspruch der 3. Instanz warteten, in der Annahme, es werde wieder lauter Freisprüche geben. Dem war aber nicht so, denn Giovanni Falcone, der inzwischen von Palermo nach Rom ins Justizministerium gewechselt hatte konnte der quasi garantierten Straflosigkeit der Mafia ein Ende setzen: Bisher waren die Mafia-Urteile stets in derselben Sektion des Kassationsgerichts und beim immer gleichen Richter gelandet: auf dem Schreibtisch von Carnevale. Falcone sorgte für eine neue Regelung, ein rotierendes System. Und so wurden am 30. Januar 1992 die meisten Urteile der vorausgegangenen Instanzen bestätigt, darunter 19 Mal lebenslänglich, ein Urteil, das Mafiosi sich bisher nicht in ihren schlimmsten Träumen hätten vorstellen können.

Weshalb Giovanni Falcone mit seiner Frau und seinen Personenschützern von Cosa Nostra am 23. Mai 1992 bei Capaci in die Luft gesprengt wurde, wird bis heute diskutiert. Ein Grund ist sicherlich die Rache für die Urteile des Maxiprozesses. Unmittelbar nach diesem Attentat auf Falcone begannen Vertreter der italienischen Institutionen Verhandlungen mit der Mafia aufzunehmen, angeblich, um die Serie der blutigen Attentate zu beenden. Es existiert eine Forderungsliste von Totò Riina, das sog. papello, in dem vor allem eine Revision des Maxiprozesses, Abschaffung des Urteils lebenslänglich und andere Antimafia-Gesetze aufgeführt sind. Die Authentizität des papello ist aber umstritten und deshalb wurde es im Prozess zu den Verhandlungen zwischen Staat und Mafia (processo sulla trattativa) im Urteil nicht als Beweis aufgeführt.

Aula Bunker im Gefängnis Ucciardone/ von Petra Reski;    Bild rechts/  „das sog. papello“
                   

Hat die Mafia das Finanzministerium und den Zoll vielleicht seit Jahren im Griff?

Anti-Geldwäsche-Einheit soll Hinweise über Wirecard nicht weitergeleitet.. Heise.de

Zahlreiche Hinweise über Wirecard sollen von der zum Zoll gehörenden Anti-Geldwäsche-Behörde nicht an Strafverfolger weitergegeben worden sein.

Geldwäsche ist ein schwerwiegendes Problem, weil der Staat und damit alle ehrlichen Bürgerinnen und Bürger geschädigt werden. Kriminelle Profite dürfen keinen Weg in die Legalität finden. Oft ist es aber kompliziert, Geldwäsche wirksam zu bekämpfen. Die grundlegende Reform des Geldwäschestraftatbestands ist nun ein wichtiger Schritt für den Kampf gegen Geldwäsche, weil es das Vorgehen vereinfacht. Die Reform ist ein Herzstück der Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die wir im vergangenen Herbst beschlossen haben. Mit unserem kürzlich vorgelegten 16-Punkte-Aktionsplan wollen wir überdies auf EU-Ebene die Regeln, Aufsichtsstruktur und den Informationsaustausch im Bereich der Geldwäsche ausweiten und stärken…. BFM
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche:  RefE_Geldwaesche_Bekaempfung.pdf

Vortatenkatalog der Financial Action Task Force:  atf-gafi.org

Durch Geldwäsche wollen Straftäter ihre kriminellen Profite verschleiern und schmutziges Geld in den legalen Wirtschaftskreislauf einschleusen. Wir müssen die Strafverfolgung hier deutlich effektiver machen, um organisierte Kriminalität und schwerwiegende Wirtschaftsstraftaten besser bekämpfen zu können. Der Nachweis von Geldwäsche soll künftig wesentlich einfacher sein. Deshalb wollen wir den komplexen alten Tatbestand der Geldwäsche durch eine klare neue Strafvorschrift ersetzen und deutlich erweitern. Es soll nicht mehr darauf ankommen, dass Vermögenswerte aus ganz bestimmten Straftaten herrühren. Entscheidend wird dann nur noch sein, dass Vermögenswerte durch Straftaten erlangt wurden, ganz gleich ob durch Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Menschenhandel, Betrug oder Untreue. Wenn der Täter die kriminelle Herkunft in Kauf nimmt und den Vermögenswert verbirgt oder verschleiert, soll der neue Tatbestand der Geldwäsche greifen. Das wird es Staatsanwaltschaften und Gerichten erheblich erleichtern, Geldwäsche nachzuweisen und Täter konsequent zur Verantwortung zu ziehen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht

Geldwäsche! Wo den?
Die Politik sieht nichts, hört nichts und sagt nichts!

Italienischer Fernsehjournalist erhält Personenschutz

Massimo Giletti, Moderator der La7-Sendung
„Non è l’Arena“, hat von April bis Juli diesen Jahres in mehreren Sendungen heikle Themen angesprochen. Dem Mafiaboss Filippo Graviano, der wegen der Attentate von 1992-93 eine lebenslängliche Haftstrafe absitzt, gefielen diese Themen überhaupt nicht, und so sagte er am 11. Mai mit erhobener Stimme während seines Freigangs zu einem `ndrangheta-Mafioso: „Der (Justiz-) Minister Bonafede macht einfach seine Arbeit – aber der Typ da, Giletti, und der andere Typ da, Di Matteo, die gehen mir auf die …..“ Wegen der geäußerten Drohungen hat nun die Präfektur von Rom Personenschutz für Giletti angeordnet, der Antimafia-Richter Di Matteo lebt schon seit Jahren mit der höchstmöglichen Zahl an Leibwächtern.

Die Themen, die das Missfallen Gravianos erweckten, betrafen zunächst einmal die – offenbar von der Mafia koordinierten – Gefängnisrevolten im März, am Beginn des Lockdowns. Und dann – alle richteten den Blick auf das Virus – sickerte durch, dass verschiedene Mafiabosse und hochkarätige Kriminelle aus dem Gefängnis in den Hausarrest entlassen wurden unter dem Vorwand, nur so könne man sie vor einer Virusinfektion schützen und das Recht auf körperliche Unversehrtheit sei von der italienischen Verfassung garantiert. Diese Vorgänge waren Giletti ebenfalls einer genaueren Untersuchung wert und er rekonstruierte präzise mit entsprechenden offiziellen Dokumenten Schritt für Schritt den Gang der Ereignisse. So wurde offensichtlich, dass die italienische Gefängnisbehörde Dap mit der Situation von Corona-Krise plus Gefängnisrevolten plus mehreren Hundert Anträgen von Verteidigern auf Haftentlassung völlig überfordert war. Ein Gast im Studio, der jetzige Bürgermeister von Neapel De Magistris, stellte dann die Frage, wieso eigentlich der Justizminister Bonafede im Sommer 2018 dem Antimafia-Richter Di Matteo das Angebot gemacht hatte, Leiter des Dap zu werden und vierundzwanzig Stunden später das Angebot wieder zurückzog. Mit Di Matteo an der Spitze des Dap, so der Tenor der Aussagen im Studio, wäre das alles nicht möglich gewesen. Da der Justizminister eine konkrete Antwort auf die gestellte Frage sowohl in der Sendung als auch anschließend im Parlament verweigerte, erfolgten 1. Der Rücktritt des bisherigen Direktors des Dap, 2. zwei erfolglose Misstrauensvoten gegen den Justizminister von Seiten der Opposition, 3. weitere Rücktritte im Umkreis des Dap und die Ernennung zweier Antimafia-Richter zur neuen Leitung der Gefängnisbehörde. 4. Außerdem verfasste Bonafede ein neues Gesetz, mit dessen Hilfe verschiedene zuvor in den Hausarrest entlassene Häftlinge wieder zurück in die Haftanstalt geschickt wurden.

Interessant ist auch, wie Gravianos Drohungen gegen den Journalisten und den Antimafia-Richter bekannt geworden sind: Wieder einmal erschien in offiziellen Medien – nichts! (Der Journalist Saverio Lodato von Antimafiaduemila veröffentlicht deshalb am 10.8. einen Artikel: „Da niemand darüber schreibt, schreiben eben wir darüber!“) Anfang, Mitte Juli stellte der Journalist Abbate in Sizilien sein neues Buch über Matteo Messina Denaro „U siccu“ vor, in dem auch ein Bericht der Gefängnispolizei erwähnt wird, der Gravianos Drohungen zitiert. Nur über diese Buchvorstellung wurden die Öffentlichkeit und Giletti selber informiert.

Im Interview beklagt sich nun Giletti, dass ihn von staatlicher Seite niemand über die Drohungen an seine Adresse informiert hat und dass der Justizminister Bonafede (Fünf-Sterne-Bewegung) nach Bekanntwerden der Drohungen gegen ihn und Di Matteo, sich nicht sofort von diesen Äußerungen des Mafiabosses öffentlich distanziert hat. Offenbar hat der Minister Giletti privat angerufen, um ihm seine Solidarität auszudrücken, eine offizielle Stellungnahme der Regierungspartei Fünf-Sterne oder des zuständigen Ministers aber ist nicht erfolgt. Das ist laut Giletti ein gravierendes Versäumnis, und man kann ihm da nur beipflichten.

Außerdem hätte man sich ja auch vorstellen können, dass ein Justizminister sich davon distanziert, ein ausdrückliches Lob für seine Tätigkeit von einem hochrangigen Mitglied der Cosa Nostra erhalten zu haben….Ifattoquotidiano.it