Kaum Freizeit im Grundschulalter
Chinesische Kinder sind gut in Mathe.
Nur mit Bildung durch „Chiku“ erreicht man den Aufstieg, heißt es in China. Das erfahren schon die Kinder in der Kita. „Chiku“ heißt frei übersetzt: „leiden“.
berichtet: Schulische Leistungen gelten als Voraussetzung für den sozialen Aufstieg
Bildung gilt Eltern in asiatischen Ländern und besonders in China als Voraussetzung und Garant für sozialen Aufstieg und eine solide Karriere ihrer Kinder. „Chiku“ – frei übersetzt „leiden“ – gehört dazu. Nur durch harte Arbeit kann man alles erreichen.
Das ist die chinesische Variante des amerikanischen Traums „vom Tellerwäscher zum Millionär“. Allerdings geht es nicht nach der Vorstellung des Selfmade-Millionärs. Die Mühen, die es zu bewältigen gilt, beziehen sich auf die schulischen und akademischen Leistungen. Nur dann hat man Aussicht auf einen guten Job und ein gutes Einkommen.
Lange galt das Bildungssystem als starr, mit zu viel Frontalunterricht, bei dem die Lehrer ihren Stoff runterreißen und kaum auf das Lerntempo der Schüler eingehen können. Freizeit kennen die Kinder kaum. Spiel und Spaß kommen nach westlicher Sichtweise viel zu kurz.
Auch wenn im Kindergarten behutsam umgesteuert wird, hat sich insgesamt wenig geändert. So zeigt eine aktuelle OECD-Studie (OECD Education Study), dass Chinas Schüler in Sachen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen weltweit am besten abgeschnitten haben. Mit Peking und Shanghai sowie den Provinzen Zhejiang und Jiangsu hat China in der aktuellen Pisa-Studie überall die Spitzenplätze weltweit belegt.
Einen Großteil der Hausaufgaben macht Mathematik aus
Das aktuelle Curriculum des Bildungsministeriums für die Primarstufe sieht für die erste Klasse pro Woche vier Stunden Mathematikunterricht vor. Das klingt erst mal nicht viel. Aber nicht nur die Herangehensweise ist unterschiedlich, auch die Komplexität und die Zeit, die für Matheaufgaben aufgewendet wird, unterscheiden sich vom Westen.
Während Chinas Grundschulkinder im Schnitt etwa drei Stunden Hausaufgaben machen – dreimal mehr als ihre französischen Altersgenossen –, verbringen sie den Hauptanteil der Zeit damit, Matheaufgaben zu rechnen.
Es gibt auch Kritik an der Pisa-Studie. Bemängelt wird, dass die Ergebnisse nicht für das ganze Land repräsentativ sind. Sicherlich findet man das Niveau der Pekinger Schulen nicht überall im Land. Doch Andreas Schleicher, der deutsche Kopf hinter dem standardisierten Pisa-Test, ist der Überzeugung, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die anderen Städte und Provinzen aufholen.
7,5 Millionen Uni-Absolventen
Was heute Shanghai ist, sind morgen Shenzhen oder Nanjing. Pekings Regierung investiert stark in Bildung. So ist die Zahl der Universitäten im Land von 2008 bis 2018 um 400 auf 2663 gestiegen.
Im vergangenen Jahr absolvierten 7,5 Millionen Studenten die Universität. Vor zehn Jahren waren es noch fünf Millionen. Die chinesische Regierung gab im vergangenen Jahr 3,7 Billionen Yuan (umgerechnet 520 Milliarden Dollar) für Bildung aus. Insgesamt werden, schon sieben Jahre in Folge, vier Prozent des BIP in Bildung investiert.
Gerade bei den Kleinsten wurde in den vergangenen Jahren das Budget angehoben. 2018 stiegen, laut der jüngsten Zahlen Pekings, die Ausgaben für Kindergärten pro Kind um über zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Volkssport Bildung
„Lasst uns mal biyibi“, ruft die Kindergärtnerin. Milde übersetzt heißt das „vergleichen“, aber eigentlich ist es eine Wettbewerbssituation, in der sich chinesische Kinder immer wieder vorfinden. Von klein auf heißt es dann: Schau dir die anderen Kinder an, die sitzen schön und artig. Später dann: Sie können schon so gut Gedichte aufsagen, so gut rechnen, so gut dies und das. Es ist eine Gesellschaft, in der die Jüngsten darauf getrimmt werden, dass sie besser sein müssen als der
Ging es lange vor allem darum, einen guten Platz in den Schulen und dann in den Universitäten des Landes zu ergattern, um hoffentlich einen guten Job zu bekommen, vergleichen sich die in den 1990er Jahren geborenen und die Millennials meist nur noch des Vergleichs wegen. Sie haben es ihr Leben lang nicht anders gelernt. Das betrifft dann nicht mehr nur die Disziplinen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Es ist ein Volkssport geworden….Tagesspiegel