Weltweit verwaltet die Fondsindustrie 74 Billionen Dollar – nie war es mehr. Teure Fonds werden vor allem an Kleinsparer verkauft. Mit Profis verdient die Branche dagegen weniger.
Karsten Seibel berichtet: Abgesehen von einer Delle zur Lehman-Krise 2008 steigt das weltweite Fondsvermögen seit 2002 – und hat nun einen Rekordwert erreicht .
Christian Sewing will in den rund 700 Filialen der Deutschen Bank in Zukunft vor allem mehr Fonds verkaufen. „Bereits in den vergangenen zwölf Monaten sahen wir einen enormen Anstieg bei den Investmentprodukten“, sagte der 45-Jährige vergangene Woche auf einer Branchenkonferenz.
Sewing ist der neue Vorstand für das Privatkundengeschäft des größten deutschen Bankhauses. Von höheren Verkaufszahlen würde nicht nur sein Bereich profitieren, sondern auch die hauseigene Fondsfabrik der Deutschen Bank. Wie wichtig Kleinsparer für die Fondsindustrie sind, zeigt eine nun vorgestellte Studie der Boston Consulting Group (BCG). Demnach verdient die Branche an jedem weiteren Privatkunden, der ein paar Tausend Euro in Fonds investiert, mehr Geld, der Gewinn für die Anbieter steigt.
Bei großen Pensionskassen und Versicherungen, die Millionen verwalten lassen, ist das nicht sicher. Die Profis achten stark auf die Kosten und entscheiden sich mehr denn je für Produkte mit niedrigeren Gebühren.
Der Unterschied ist in Deutschland besonders groß. Ein Fondsanbieter verdient hierzulande an Privatkunden durschnittlich Gebühren in Höhe von 0,62 Prozent.
Mehr Gewinn mit Privatkunden Institutionelle Investoren sind dagegen lediglich bereit, 0,15 Prozent zu zahlen – also gerade einmal ein Viertel. In Gesamteuropa ist der Unterschied nicht ganz so eklatant. Hier stehen den 0,15 Prozent der Profis im Durchschnitt 0,51 Prozent der Masse gegenüber.
„Anbieter, die sich auf Privatkunden konzentrieren, haben ein höheres Wachstum bei den Mitteln und dem Gewinn verzeichnet“, heißt es in der BCG-Studie. Insgesamt verwaltete die Branche Ende des vergangenen Jahres 74 Billionen Dollar und damit fünf Billionen Dollar mehr als ein Jahr zuvor, der Gewinn der Fondsindustrie lag bei 102 Milliarden Dollar.
Der entscheidende Punkt ist: Der Wert des Vermögens in Publikumsfonds hat sich um zwölf Prozent erhöht, der Gewinn für die Anbieter um elf Prozent. Fonds für institutionelle Anleger erhöhten ihr Volumen um acht Prozent, der Gewinn aus dieser Quelle schrumpfte allerdings um ein Prozent.
Hier zeigt sich nicht nur die größere Verhandlungsmacht der Profis. Es wirkt sich auch das andere Anlageverhalten aus. ETFs werden nicht offensiv angeboten
Statt bei den teuren aktiv gemanagten Fonds greifen Versicherungen und Pensionskassen längst sehr viel stärker bei den günstigeren passiven Fondsvarianten zu, sprich bei jenen Produkten, die einen Index oder Markt eins zu eins abbilden und damit zwar nie besser als der Durchschnitt sein können, aber auch kaum schlechter. Gemeinhin laufen diese Fonds unter dem Kürzel ETF für Exchange Traded Funds.
Das unterschiedliche Anlageverhalten überrascht nicht. ETFs werden von Filialbanken und anderen Finanzvertrieben nicht offensiv angeboten, da sie nur mit dem Verkauf aktiv gemanagter Fonds hohe Provisionen kassieren können.
Zusätzlich nutzen die Vertriebe aus, dass kaum ein Sparer von sich aus nach den günstigeren und nicht selten auch besseren Produkten fragt. Ausnahmen sind jene Kleinanleger, die ohnehin ihr Depot bei einer Direktbank haben und damit selbst über Kauf und Verkauf der Investmentfonds entscheiden.