Es sind unfassbare Summen, die Kriminelle wohl jedes Jahr durch das globale Finanzsystem schleusen – und viele Banken sind behilflich. Die Bekämpfung von Geldwäsche mag aufwändig und teuer sein. Aber sie ist nicht verhandelbar.
Meike Schreiber berichtet: Die meisten Menschen halten sich an die Gesetze, sie stehlen nicht, sie verkaufen weder Drogen noch Waffen. Geldwäscher aber tun oft all das. Sie werden reich, indem sie anderen Menschen Leid zufügen.
In einer perfekten Welt sollten diese Kriminellen mit ihrem Geld nicht weit kommen. Denn ihre Einkünfte kassieren sie zunächst meist in bar, viele Bündel Scheine, die sich in diesen Mengen schlecht verstecken lassen. Was aber wäre, wenn die Scheine kaum jemand annähme? Allenfalls die Eisdiele um die Ecke. Aber kein Immobilienverkäufer, kein Schmuckhändler und schon gar keine Bank? Wenn die Verbrecher die Bündel verstecken müssten, wo sie geklaut oder zerstört werden könnten. Dann wären Verbrechen weniger rentabel.
Dieses Ziel aber ist in weiter Ferne. Das Thema Geldwäsche mag in den vergangenen Monaten auf die Agenda von Politik und Aufsicht gerutscht sein. Das ist erfreulich, weil Geldwäsche jahrelang nur Experten interessiert hat und engagierte Mahner auch in Deutschland auf Desinteresse gestoßen sind. Aber das reicht nicht. Denn das Ausmaß des Versagens ist zu groß.
Die FinCEN-Files, ein Datenleck aus dem US-Finanzministerium, zeigen nun erstmals, in welchem Ausmaß allen voran die größten Banken der Welt in Geldwäsche verwickelt waren oder sind – und kriminelle Netzwerke teilweise unbehelligt operieren lassen. Nachweislich transferierten internationale Großbanken von 2000 bis 2017 etwa zwei Billionen Dollar, obwohl sie den Verdacht hegten, dass das Geld Despoten, korrupten Oligarchen, dem organisierten Verbrechen oder anderen problematischen Akteuren zuzurechnen war. Experten gehen davon aus, dass immer noch 800 Milliarden bis zwei Billionen Dollar jährlich gewaschen werden, ein großer Teil davon dürfte durch das internationale Bankensystem fließen – man weiß nur derzeit nicht genau, wo die Geldströme verlaufen.
Seit der Finanzkrise verkaufen sich die Banken weltweit als geläutert, zuweilen gar als gemeinwohlorientiert, weil sie Volkswirtschaften mit Kapital versorgen. Zugleich aber machten sie sich zu Komplizen übelster Verbrecher, teils vorsätzlich, teils aus Nachlässigkeit. Möglich war und ist das auch, weil sich Aufseher und Politik nach der Finanzkrise darauf konzentrierten, wie viel Kapital eine Bank vorhält. Das war richtig, aber die schwache Abwehrkraft der Institute gegen Geldwäsche geriet dabei aus dem Blick.
Nur wenn Banken rechtzeitig Verdacht melden, können Behörden ermitteln
Die Banken bringen gerne vor, dass sie inzwischen Geldwäscheverdachtsfälle an die Behörden wie am Schnürchen melden und sich auch sonst alle Mühe geben. Tatsächlich geht von Banken aber auch eine viel größere Gefahr aus als von Schmuckhändlern oder Immobilienmaklern. Banken können Geldwäsche – absichtlich oder nicht – regelrecht als Dienstleistung und im industriellen Ausmaß betreiben. Der Fall der dänischen Danske Bank hat gezeigt, dass sie technisch in der Lage sind, Hunderte Milliarden aus dunklen Kanälen in das Finanzsystem zu schleusen, wo sich dann die Spur verliert. Das ist eine unvorstellbar große Summe.
In der Pflicht stehen vor allem die großen Institute, die weltweit tätig sind und als zentrale Verteiler (in der Fachsprache Korrespondenzbanken) für bargeldlose Transaktionen fungieren. Vereinfacht gesagt leiten sie das Geld von anderen Instituten für deren Kunden weiter – eine für die Volkswirtschaft notwendige Dienstleistung, aber eben auch ein Einfallstor für Geldwäsche.
Um dieses Tor zu schließen, müssen die Banken die Kunden aufwendig identifizieren, müssen gute Software haben und viele Mitarbeiter. Das ist zweifelsohne teuer, aber diese Kosten sind nicht verhandelbar. Es ist zudem richtig, dass die Gesellschaft die Bekämpfung der Geldwäsche ein Stück weit auf die Banken überträgt. Dies kann aber nur funktionieren, wenn auch die Behörden ihrer Arbeit nachgehen können. Nur wenn Banken rechtzeitig Verdacht melden, können Behörden ermitteln. Und nur wenn die Behörden richtig ausgestattet sind, kann Geldwäschern wirklich das Handwerk gelegt werden…Süddeutsche Zeitung