Chinas umstrittene Antikorruptionskampagne

Erschütterungen im Machtgefüge

Die Antikorruptionskampagne des chinesischen Staats- und Parteichefs fordert immer neue Köpfe. Sie ist auch ein machtpolitisches Disziplinierungsinstrument. Der Grat zwischen Stärkung und Schwächung der Partei ist dabei sehr schmal.
Erst war es nur ein Gerücht, dann kam am Mittwoch die Bestätigung: Su Rong, einer von 23 stellvertretenden Vorsitzenden der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, ist wegen «Verstössen gegen die Disziplin» abgesetzt worden. Dahinter verbergen sich Ermittlungen wegen Korruption. Diese werden zunächst innerhalb der Kommunistischen Partei durchgeführt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit folgen darauf Parteiausschluss, Anklage und Verurteilung.
Neue «Tiger»
Die Konsultativkonferenz ist ein beratendes Gremium parallel zum Nationalen Volkskongress, die Vizevorsitzenden sind meist Funktionäre auf dem Abstellgleis ihrer Karriere. Trotzdem ist Su, der bis 2013 nacheinander Parteichef in drei Provinzen gewesen war, der bis jetzt höchste Amtsträger, gegen den im Rahmen der Antikorruptionskampagne offiziell vorgegangen wird.

Das macht Su zu einem neuen Vorzeigebeispiel für das Bonmot des Staats- und Parteichefs Xi Jinping, der Kampf gegen Bestechung und Bereicherung werde Opfer unter «Tigern» (hohen Beamten) und «Fliegen» (niedrigen Chargen) fordern. Ein anderer «Tiger», der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, Liu Tienan , der im Mai 2013 seinen Posten verloren hatte, wurde am Dienstag formell wegen Bereicherung angeklagt. Wenige Tage vorher war bekanntgeworden, dass mit Ling Zhengce ein hoher regionaler Funktionär aus der Provinz Shanxi wegen Korruption abgesetzt worden war, der mit dem inneren Pekinger Machtapparat verbunden war. Sein jüngerer Bruder, Ling Jihua, war langjähriger Sekretär und Vertrauter des früheren Staats- und Parteichefs Hu Jintao, war aber im Zuge eines Skandals um den Unfalltod seines Sohnes in einem Ferrari auf einen weniger einflussreichen Posten abgeschoben worden.
Der Zugriff auf Ling Zhengce dürfte ein Zeichen sein, dass die Nähe zu Parteigrössen nicht vor Verfolgung schützt und dass auch Ling Jihua von den Umständen seiner Versetzung doch noch eingeholt werden könnte. Die Unberechenbarkeit und wohl auch Willkür, welche die Kampagne auszeichnet, spiegelt sich in diesen Fällen. Im Unterschied zum Vorgehen gegen die Seilschaften des ehemaligen obersten Sicherheitschefs und Mitglieds im Ständigen Ausschuss des Politbüros der KP, Zhou Yongkang , vor allem in der Provinz Sichuan und in der Erdölindustrie scheint Su, Liu und Ling wenig zu verbinden. Aber die Frage bleibt, weshalb es wen zu welchem Zeitpunkt trifft, wenn davon auszugehen ist, dass das gesamte System von Korruption durchzogen ist und kaum ein Parteifunktionär seine Hände in Unschuld waschen kann.
Erschütterungen im Machtgefüge
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