Baden-Württemberg: Eine Hochburg der italienischen Mafia!

Nach der Lektüre des SZ-Artikels „Operation Styx“, eines Artikels, der zu Fragen und zu Assoziationen provoziert

„Operation „Styx“ – so der Titel eines Artikels der Autoren Stefan Mayr und Markus Zydra in der Süddeutschen Zeitung vom 2. Oktober. Darin wird über den spektakulären Fahndungserfolg einer italienisch-deutschen Polizeioperation mit dem Namen Styx vom Januar 2018 berichtet, bei der auch ein hochrangiges und in Stuttgart wohnhaftes Mitglied der `ndrangheta, Mario L., Besitzer mehrerer Pizzerien im Großraum Stuttgart, verhaftet werden konnte.  Er wurde in Italien als der „auswärtige Arm“ des `ndrangheta-Clans Farao-Marincola aus Cutrò zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren und acht Monaten verurteilt.

Dieser große Erfolg gegen das organisierte Verbrechen – in Italien sind 66 Personen inzwischen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt – hätte doch, so denkt sich der normale Bürger, auch in Baden-Württemberg zu weiteren Ermittlungen gegen Personen des ausgedehnten Netzwerks von „Don Mario“ führen müssen – aber was passiert? Immerhin: In Konstanz muss ein Gebäude von Siemens umgebaut werden, damit der Prozess gegen 11 Mafiosi stattfinden kann, denn die verfügbaren Gerichtssäle sind alle zu klein. Und was tut sich in Stuttgart? Der erfolgreiche LKA- Ermittler,  Kriminalhauptkommissar Wolfgang Rahm, wird nicht etwa befördert, sondern er wird von seinen Aufgaben entbunden und versetzt – oder wie die beiden Autoren des SZ-Artikels formulieren „kaltgestellt“. Weitere Angaben zu diesem doch schockierenden Vorgang seien, so die Autoren, weder vom LKA noch von der Staatsanwaltschaft Stuttgart gemacht worden.

Wenn man dies schwarz auf weiß liest, denkt man sofort an Mafia-Kriminalromane z.B. von Leonardo Sciascia, in denen Ermittler, wenn sie im Mafia-Untergrund landen, versetzt werden und die Tatverdächtigen ihre Verbindungen in die Politik nutzen, damit schließlich die Ermittlungen eingestellt werden. Und in der Öffentlichkeit entsteht so wieder mal der gewünschte Eindruck, dass es die Mafia ja eigentlich gar nicht gibt.

Auch beim letzten Punkt sehe ich eine Verbindung zu den im SZ-Artikel  geschilderten Ereignissen: Das in Italien „omertà“ genannte Schweigegebot gilt offensichtlich auch in Baden-Württemberg. Der einzige Ermittler, der sich im SZ-Artikel namentlich zitieren lässt, ist der ehemalige Konstanzer Oberstaatsanwalt Dr. Jürgen Speiermann, alle anderen im SZ-Artikel zitierten Fahnder wollen ausdrücklich anonym bleiben. Im Leser entsteht der höchst beunruhigende Eindruck, irgendjemand oder irgendwelche Leute wollten unbedingt vermeiden, dass Baden-Württemberg als das erscheint, was es laut Statistik und laut Warnungen hochrangiger italienischer Ermittler in Wahrheit ist: Eine Hochburg der italienischen Mafia.

Höchst interessant ist übrigens auch, was der Ankläger des Konstanzer Prozesses
Dr. Jürgen Speiermann über den Prozess zu sagen hat. Im Interview mit dem Vorsitzenden des Berliner Antimafia-Vereins „Mafia? Nein danke!“ Sandro Mattioli äußert sich der Staatsanwalt enttäuscht darüber, dass der vorsitzende Richter mehrmals betont hat, „Mafia – das interessiert uns nicht“ und nur über konkrete Drogendelikte richten wollte. Übrigens waren bei Prozessende (März 2020) alle elf Angeklagten verurteilt, und dies, so Speiermann, sei nur möglich gewesen wegen der Zusammenarbeit mit einem „sehr guten Polizeibeamten“, einem Spezialisten im Kampf gegen die italienische organisierte Kriminalität (IOK) mit seinen „wahnsinnig guten Kontakten nach Italien“, gemeint ist der Kriminalhauptkommissar Wolfgang Rahm vom LKA in Stuttgart.

Und was sollen wir jetzt denken?

Das Schweigen … ist Mafia

 

Geldwäscher haben es zu einfach!

Im Plenum zu FinCEN-Enthüllungen: Geldwäscher haben es zu einfach!

Die FinCEN-Enthüllungen zeigen: beim Kampf gegen Geldwäsche liegt einiges im Argen. Geldwäscher und ihre Helfer machen sich zunutze, dass die Mitgliedstaaten die bestehenden Vorschriften nur halbherzig umsetzen, sich untereinander nicht koordinieren und es keine europäische Aufsicht mit echten Durchgriffsrechten gibt. Die Mitgliedstaaten machen es den Geldwäschern viel zu einfach: wenn auch zehn Monate nach Fristablauf mehr als ein Drittel der Mitgliedstaaten die fünfte Anti-Geldwäscherichtlinie noch nicht umgesetzt haben, braucht man sich nicht wundern, dass die EU anfällig für Geldwäsche bleibt. Die blumigen Erklärungen von Kommission und Mitgliedstaaten nützen wenig, wenn die Umsetzung der Anti-Geldwäschebestimmungen verschlampt wird.

Was ist eigentlich Hybride Kriegsführung?

Zusammenhang zwischen Hybrider Kriegsführung, Geldwäsche und Offshore Strukturen.

1. Die westlichen Demokratien befinden sich mitten in einem hybriden Weltkrieg

2. Die Demokratien stehen einer Allianz von Schurkenstaaten (Rogue State Actors = RSA), Transnationaler Organisierte Kriminalität (TOC) und Terror gegenüber

3. In einer atomaren Welt sind konventionelle, militärische Mittel im Kampf gegen die hybriden Krieger wenig zielführend.

Polizeiseminar Kloster Banz 06.10.2020
Zusammenhang zwischen Hybrider Kriegsführung, Geldwäsche und Offshore Strukturen
Hypride Kriegsführung /PDF

Andreas Frank AML/CFT* Expert aus Deutschland konzentriert sich auf die Bekämpfung der Geldwäsche (AML) und die Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (CFT).

Als AML/CFT-Experte berät er den Bundestag, den Europarat (Europarat) und den PANA-Ausschuss des Europäischen Parlaments (Untersuchungsausschuss zur Untersuchung angeblicher Verstöße und Missstände bei der Anwendung des Unionsrechts in Bezug auf Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung) sowie den TAX3-Ausschuss des Europäischen Parlaments (Sonderausschuss für Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung).

Wirecard: Zahlungsdienstleister ohne Aufsicht

Nicht zuständig: So lautet die behördliche Rechtfertigung gegen Vorwürfe, die Skandalfirma Wirecard sei nicht auf Geldwäsche kontrolliert worden. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage, verteidigt sich das Bundesministerium für Finanzen.
daserste.de/Wirecard-Behoerden-Verantwortung/ Video

Behörden im Wirecard-Skandal „Keiner fühlte sich zuständig“Fast zwei Milliarden Euro haben sich beim Zahlungsdienstleister Wirecard in Luft aufgelöst. Bei der Aufklärung des Skandals rücken auch die Finanzbehörden in den Fokus. Jetzt zeigt sich: Zuständigkeiten waren lange unklar. 

Von Arne Meyer-Fünffinger, Josef Streule und Sabina Wolf, BR

Am 1. September, nach zweitägigen Beratungen zum Fall Wirecard im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, tritt Hans Michelbach vor die Mikrofone. Der CSU-Finanzexperte teilt aus, unter anderem gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die habe sich über Jahre „defensiv verhalten, vielleicht auch täuschen lassen, obwohl es Warnhinweise durch Presseartikel und auch Anzeigen gab“. Michelbach nimmt auch die Konzernverantwortlichen bei Wirecard ins Visier. Die hätten „das Hauptziel verfolgt, möglichst viele Teile des Unternehmens aus der Finanzaufsicht herauszuhalten“.

Noch immer sind viele Fragen rund um den Skandal offen. Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft laufen. Der Deutsche Bundestag wird in Kürze einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um die Rolle der Aufsichtsbehörden und deren mögliches Versagen zu durchleuchten.

Wirecard-Aufsicht: Zuständigkeiten unklar

„Bei Wirecard war das Problem, dass sich keiner zuständig fühlte“, sagt Markus Herbrand, Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion. „Ganz viele wussten ganz viel, aber keiner hat gehandelt“. Interne Protokolle der Sondersitzung des Finanzausschusses zum Thema Wirecard vor rund drei Wochen, die BR Recherche und dem ARD-Magazin Plusminus vorliegen, belegen das eindrücklich.

Der Abgeordnete De Masi sieht bei dem Skandal „hohe kriminelle Energie“.

An zwei Tagen haben Vertreter von Bundesbank, Deutscher Börse und BaFin, von der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU, vom Bayerischen Innenministerium, vom Bundesfinanzministerium und vom Bundeskanzleramt klarzumachen versucht: An ihnen hat es nicht gelegen. BaFin-Präsident Felix Hufeld drückte das dem Protokoll zufolge so aus: „Handwerklich betrachtet“ habe es „keine Fehlentscheidung auf Basis des Wissens von damals“ gegeben. „Das, was da bei Wirecard passiert ist, ist etwas, was mit hoher krimineller Energie gemacht worden ist“, wird der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hendrik Hoppenstedt, dort zitiert. „Natürlich war da hohe kriminelle Energie am Start, aber die Aufsicht war eben auch völlig unzureichend“, sagt der Finanzexperte der Linken, Fabio De Masi, im BR-Interview.

Keine einheitliche Geldwäscheaufsicht in Deutschland

Ein Problem: Die Geldwäscheaufsicht ist in Deutschland zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Laut Geldwäschegesetz müssen Güterhändler wie Juweliere, Immobilien- und Autohändler Geldwäscheverdachtsmeldungen abgeben, wenn Kunden Transaktionen in Höhe von mehr als 10.000 Euro bar bezahlen. Die Aufsicht über diesen Nicht-Finanzsektor liegt bei den Ländern und ihren untergeordneten Behörden. Für den Finanzsektor ist im Gegensatz dazu die BaFin zuständig.

„Seids Ihr zuständig?“

Der Online-Zahlungsdienstleister Wirecard fiel durch dieses Raster, weil sich offenbar niemand für den Gesamtkonzern zuständig fühlte. So achtete die BaFin lediglich darauf, ob die zum Konzern gehörende Wirecard Bank AG ihre Meldepflichten erfüllte. Ein Ministerialdirigent des Bayerischen Innenministeriums schilderte am 31. August im Finanzausschuss des Bundestages, warum niemand auf den Rest der AG schaute:

Am 20. Februar 2020, so der Beamte, hätten sich Vertreter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die über Jahre die Bilanzen von Wirecard abgesegnet hat, an die Bezirksregierung Niederbayern gewandt und gefragt: „Seids Ihr zuständig für die Geldwäscheprävention bei der Wirecard AG?“ – und die Regierung von Niederbayern hat es dann durchaus für möglich gehalten, dass das so ist.“

Für die Beantwortung dieser Frage sei aber eine Einschätzung der BaFin notwendig gewesen. Danach habe es einen Austausch „vielfältiger Art, dann wieder mit längeren Pausen“ mit der Bundesbehörde gegeben – bis zum 22. Juni, „mit der Mitteilung, die Regierung von Niederbayern sei nach der derzeitigen Einschätzung der BaFin die zuständige Stelle“. Das Innenministerium in München habe davon „fast durch Zufall“ erfahren. „Das ist natürlich ein unhaltbarer Zustand, wir brauchen eine Aufsicht aus einer Hand“, kommentiert Fabio De Masi die langwierigen Abläufe im Interview mit dem BR.

Wirecard-Verantwortliche fragten 2018 bei LKA Bayern nach

Vertreter von Wirecard hatten sich von sich aus schon im März 2018 an das Landeskriminalamt Bayern gewandt und „allgemeine Fragen gehabt (…) zur Geldwäscheprävention, zur Betrugsprävention“, führte der Vertreter des bayerischen Innenministeriums im Finanzausschuss weiter aus.

Experte: Zahlungsdienstleister anfällig für Geldwäsche

Für den Sachverständigen für Geldwäscheprävention Andreas Frank, der auch den Bundestag berät, ist der Wirecard-Skandal ein weiterer Beleg dafür, dass die Aufsichtsbehörden in Deutschland nicht funktionieren: „Zahlungsdienstleister wie Wirecard sind sehr anfällig, für Geldwäsche missbraucht zu werden. Deshalb stuft die Financial Action Task Force Zahlungsdienstleister als sogenannte Financial Institution ein, die Verpflichtete sind, das heißt, sie haben erhöhte Sorgfaltspflichten und sie müssen gegebenenfalls Geldwäscheverdachtsmeldungen abgeben.“ Und wenn die Aufsichtsbehörde eine Kommunikation mit dem Verpflichteten habe, dann gebe es die Möglichkeit, auch andere Dinge zu prüfen, so Frank weiter.

BaFin-Präsident Hufeld wusste mindestens seit April 2020 von den Problemen bei Wirecard.

BaFin-Präsident Felix Hufeld wusste spätestens im April 2020, dass Wirecard in ernsthaften Schwierigkeiten steckt – nach der Lektüre eines Sonderprüfungsberichts der Unternehmensprüfer von KMPG. Dieser sei für ihn der letzte Baustein gewesen, so Hufeld im Finanzausschuss, „dass hier die Hütte brennt“. Allerdings war da wohl schon alles zu spät. Denn zwei Monate später meldete Wirecard Insolvenz an.

Hätte der Skandal früher aufgedeckt werden können, wenn die Geldwäscheaufsicht funktioniert hätte? Während die Vertreter von Behörden und Ministerien das vehement vereinen, sagt Linken-Finanzexperte De Masi: „Man hätte dadurch feststellen können, dass vielleicht bestimmte Firmen nur Tarnfirmen sind, wo keine Umsätze erwirtschaftet werden. Und damit hätte man erkannt, dass hier Bilanzbetrug vorliegt.“ Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, den der Deutsche Bundestag in Kürze einsetzen wird, wird unter anderem dieser Frage nachgehen.

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

Helfer der Schattenwelt

Es sind unfassbare Summen, die Kriminelle wohl jedes Jahr durch das globale Finanzsystem schleusen – und viele Banken sind behilflich. Die Bekämpfung von Geldwäsche mag aufwändig und teuer sein. Aber sie ist nicht verhandelbar.

Meike Schreiber berichtet:  Die meisten Menschen halten sich an die Gesetze, sie stehlen nicht, sie verkaufen weder Drogen noch Waffen. Geldwäscher aber tun oft all das. Sie werden reich, indem sie anderen Menschen Leid zufügen.

In einer perfekten Welt sollten diese Kriminellen mit ihrem Geld nicht weit kommen. Denn ihre Einkünfte kassieren sie zunächst meist in bar, viele Bündel Scheine, die sich in diesen Mengen schlecht verstecken lassen. Was aber wäre, wenn die Scheine kaum jemand annähme? Allenfalls die Eisdiele um die Ecke. Aber kein Immobilienverkäufer, kein Schmuckhändler und schon gar keine Bank? Wenn die Verbrecher die Bündel verstecken müssten, wo sie geklaut oder zerstört werden könnten. Dann wären Verbrechen weniger rentabel.

Dieses Ziel aber ist in weiter Ferne. Das Thema Geldwäsche mag in den vergangenen Monaten auf die Agenda von Politik und Aufsicht gerutscht sein. Das ist erfreulich, weil Geldwäsche jahrelang nur Experten interessiert hat und engagierte Mahner auch in Deutschland auf Desinteresse gestoßen sind. Aber das reicht nicht. Denn das Ausmaß des Versagens ist zu groß.

Die FinCEN-Files, ein Datenleck aus dem US-Finanzministerium, zeigen nun erstmals, in welchem Ausmaß allen voran die größten Banken der Welt in Geldwäsche verwickelt waren oder sind – und kriminelle Netzwerke teilweise unbehelligt operieren lassen. Nachweislich transferierten internationale Großbanken von 2000 bis 2017 etwa zwei Billionen Dollar, obwohl sie den Verdacht hegten, dass das Geld Despoten, korrupten Oligarchen, dem organisierten Verbrechen oder anderen problematischen Akteuren zuzurechnen war. Experten gehen davon aus, dass immer noch 800 Milliarden bis zwei Billionen Dollar jährlich gewaschen werden, ein großer Teil davon dürfte durch das internationale Bankensystem fließen – man weiß nur derzeit nicht genau, wo die Geldströme verlaufen.

Seit der Finanzkrise verkaufen sich die Banken weltweit als geläutert, zuweilen gar als gemeinwohlorientiert, weil sie Volkswirtschaften mit Kapital versorgen. Zugleich aber machten sie sich zu Komplizen übelster Verbrecher, teils vorsätzlich, teils aus Nachlässigkeit. Möglich war und ist das auch, weil sich Aufseher und Politik nach der Finanzkrise darauf konzentrierten, wie viel Kapital eine Bank vorhält. Das war richtig, aber die schwache Abwehrkraft der Institute gegen Geldwäsche geriet dabei aus dem Blick.

Nur wenn Banken rechtzeitig Verdacht melden, können Behörden ermitteln

Die Banken bringen gerne vor, dass sie inzwischen Geldwäscheverdachtsfälle an die Behörden wie am Schnürchen melden und sich auch sonst alle Mühe geben. Tatsächlich geht von Banken aber auch eine viel größere Gefahr aus als von Schmuckhändlern oder Immobilienmaklern. Banken können Geldwäsche – absichtlich oder nicht – regelrecht als Dienstleistung und im industriellen Ausmaß betreiben. Der Fall der dänischen Danske Bank hat gezeigt, dass sie technisch in der Lage sind, Hunderte Milliarden aus dunklen Kanälen in das Finanzsystem zu schleusen, wo sich dann die Spur verliert. Das ist eine unvorstellbar große Summe.

In der Pflicht stehen vor allem die großen Institute, die weltweit tätig sind und als zentrale Verteiler (in der Fachsprache Korrespondenzbanken) für bargeldlose Transaktionen fungieren. Vereinfacht gesagt leiten sie das Geld von anderen Instituten für deren Kunden weiter – eine für die Volkswirtschaft notwendige Dienstleistung, aber eben auch ein Einfallstor für Geldwäsche.

Um dieses Tor zu schließen, müssen die Banken die Kunden aufwendig identifizieren, müssen gute Software haben und viele Mitarbeiter. Das ist zweifelsohne teuer, aber diese Kosten sind nicht verhandelbar. Es ist zudem richtig, dass die Gesellschaft die Bekämpfung der Geldwäsche ein Stück weit auf die Banken überträgt. Dies kann aber nur funktionieren, wenn auch die Behörden ihrer Arbeit nachgehen können. Nur wenn Banken rechtzeitig Verdacht melden, können Behörden ermitteln. Und nur wenn die Behörden richtig ausgestattet sind, kann Geldwäschern wirklich das Handwerk gelegt werden…Süddeutsche Zeitung

Das gehört sich nicht!

Wie Wirecard und Cum-Ex den Kanzlerkandidaten Scholz einholen

Ein Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Wirtschaftskrimi, unangenehme Fragen zu seiner Rolle als Hamburger Bürgermeister im Cum-Ex-Skandal: Dem deutschen SPD-Kanzlerkandidaten Scholz weht eine steife Brise entgegen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz war sich fast eineinhalb Jahre vor dem Zusammenbruch der Wirecard einer möglichen Marktmanipulation bewusst und setzte damit eine Schlüsselfigur in der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Druck.

Die Finanzaufsichtsbehörde BaFin informierte Scholz im Februar 2019 über den Fall „wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation“, heißt es in einem Bericht des Finanzministeriums, den Bloomberg gesehen hat.

Sein frühes Wissen um die Vorwürfe, die um Wirecard herumgewirbelt werden, erhöht die Kontrolle über den ranghöchsten Sozialdemokraten in Dr. Merkels Koalition und legt die heikle Dynamik gut ein Jahr vor der nächsten Wahl offen.

Der Bericht, der den Vorsitzenden des parlamentarischen Finanzausschusses am Donnerstagabend (16. Juli) vorgestellt wurde, schafft eine neue Öffnung für Kritiker, die den deutschen Behörden vorwerfen, zu nachlässig zu sein, indem sie den Betrugsvorwürfen eines Unternehmens nicht nachgehen, das danach strebte, eine führende Rolle in der europäischen Technologieindustrie einzunehmen.

Dem Minister wurde gesagt, die BaFin werde „in alle Richtungen ermitteln“, hieß es in dem Dokument, über das zuvor in den deutschen Medien berichtet wurde.

Während Herr Scholz jede direkte Verwicklung in den Wirecard-Skandal bestritten hat, hat er darum gekämpft, sich von dem Thema abzuschotten.

Sein Stellvertreter, Jörg Kukies, bestätigte am Mittwoch, dass er sich Ende letzten Jahres zweimal mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun getroffen habe, darunter einmal am Geburtstag des Managers.
SCHOLZ‘ PROBLEM

Dr. Merkel hielt den Skandal auf Distanz und sagte, die Verantwortung für die Aufklärung des Skandals liege bei Herrn Scholz.

„Welche Informationen dem Finanzministerium zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung standen, wird das Ministerium der Öffentlichkeit mitteilen, und die Kanzlerin hält das für gut und richtig“, sagte Martina Fietz, stellvertretende Sprecherin von Dr. Merkel, am Freitag bei einer regulären Pressekonferenz der Regierung.

„Die Kanzlerin arbeitet loyal mit allen Mitgliedern des Kabinetts zusammen“, sagte Frau Fietz.

Trotz des wachsenden Drucks sei es für Dr. Merkel schwierig, gegen ihren Vizekanzler vorzugehen, ohne die Koalition zu stürzen – ein unwahrscheinliches Szenario inmitten einer globalen Pandemie und während der sechsmonatigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
POLITISCHE UNTERSTÜTZUNG

Wirecard, ein Mitglied des deutschen Benchmark-Index DAX, wurde zu einer nationalen Schande, als es letzten Monat sagte, dass ein Viertel seiner Bilanz wahrscheinlich nicht existiert.

Das löste ein Schuldzuweisungsspiel zwischen Banken, Wirtschaftsprüfern und Behörden aus und deckte große Lücken in der Aufsicht des Landes über Nicht-Finanzunternehmen auf.

„Politisch ist es höchst problematisch, dass sich der Finanzminister so früh mit dem Fall befasst hat“, sagte Danyal Bayaz, ein Gesetzgeber der Grünen Partei, am Freitag in einem Telefoninterview.

„Scholz hatte Wirecard auf seinem Radar, er hatte ein Interesse, aber dieses Interesse wurde anscheinend nie groß genug, um ihn zum Handeln zu veranlassen“, sagte er und fügte hinzu, dass das Finanzministerium es versäumt habe, seine Rolle aufzuklären und dass er nicht ausschließen würde, eine parlamentarische Untersuchung anzustreben.

Die Entscheidung ueber das Schicksal von Scholz liege vielmehr bei der SPD, deren Mitglieder im vergangenen Jahr seine Bewerbung um die Parteifuehrung zugunsten eines Duos abgelehnt hatten, das sich staerker fuer eine Politik wie eine Vermoegenssteuer, einen hoeheren Mindestlohn und oeffentliche Ausgaben aussprach.

Der Rückhalt der SPD bei den Wählern ist jedoch nach wie vor auf einem historischen Tiefstand, und die Partei hat begonnen, die Kandidatur von Scholz für das Kanzleramt zu unterstützen.

Die deutschen Regulierungsbehörden sind im Laufe der Jahre verschiedenen Vorwürfen gegen Wirecard nachgegangen, und das Ministerium wurde regelmäßig über den Stand der verschiedenen Sonden informiert, sagte Finanzministeriums-Sprecher Dennis Kolberg auf der Regierungskonferenz.
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Die Einreise von Wirecard-Ex-COO Marsalek in die Philippinen war gefälscht, sagt der Minister

Das Ministerium bemüht sich „aktiv“ um eine Überarbeitung der Buchhaltungsaufsicht nach dem Zusammenbruch von Wirecard und wird „so schnell wie möglich“ einen Plan vorlegen.

„Wir prüfen intensiv, ob Verbesserungen notwendig sind“, sagte Herr Kolberg.

Die BaFin, die vom Finanzministerium beaufsichtigt wird, ist in die Kritik geraten, weil sie sich anscheinend mehr auf Investoren konzentriert, die Unregelmäßigkeiten bei Wirecard behaupteten und Wetten gegen die Aktie abschlossen, als auf das Unternehmen selbst.

Die Aufsichtsbehörde sagte im März vergangenen Jahres, dass sie gegen beide Seiten ermittle.

BaFin-Präsident Felix Hufeld sagte im vergangenen Monat, seine Institution gehöre zu denjenigen, die dafür verantwortlich seien, dass es nicht gelungen sei, den von ihm so genannten „massiven Betrug“ bei dem Unternehmen aufzudecken.

Dennoch verteidigte er das Vorgehen der BaFin gegen so genannte Leerverkäufer als rechtliche Verpflichtung.

Trotz der Empoerung ueber die Maengel haben politische Gegner den Ruecktritt von Scholz nicht mehr gefordert.

„Die Schlamperei bei der Kontrolle von Milliardenunternehmen ist einfach unvorstellbar“, sagte Linksparteichef Bernd Riexinger in einer Stellungnahme per E-Mail.

„Scholz muss dringend erklären, warum der Verdacht von Unregelmäßigkeiten bei Wirecard – aber auch die Probleme mit dem Aufsichtsregime – in seinem Ministerium so lange ignoriert wurde.

Scholz-Null
Harm Bengen
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Die Gesundheit der Finanzmärkte ist schwer angeschlagen

Ein manipulierter Crash ist nicht ausgeschlossen

Wie grosse Finanzmarktakteure die Börsenkurse manipulieren

Seit einiger Zeit sind die Börsen anfällig für Preismanipulationen. Dieser Umstand kann Privatanleger viel Geld kosten.

Korrigierende und mässigende Einflussfaktoren haben in den letzten Jahren einen enormen Bedeutungsverlust erfahren. Diese Entwicklung hat sich in den letzten sechs Monaten insbesondere aufgrund der Massnahmen des Fed noch einmal deutlich verschärft. Aber ein derart ungesundes Finanzsystem begünstigt Übertreibungen und Marktmanipulationen. Dass nur Softbank auf das sich aufschaukelnde Herdenverhalten an den Börsen setzt, um Kurse zu manipulieren, ist sehr unwahrscheinlich.

Daraus ergibt sich für Anleger ein sehr beunruhigender Umstand. Es gibt nicht nur die Manipulationsstrategie «pump and dump», sondern auch eine mit dem Namen «short and distort». Dabei geht es nicht darum, die Kurse in die Höhe zu treiben, sondern die Kurse crashen zu lassen. Je länger die Kurse hoch bleiben, desto attraktiver könnte eine Crash-auslösende Kursmanipulation für einige der grossen Player werden. Angesichts der ungesunden Märkte, der zunehmenden Volatilität und der steigenden Gefahr durch mögliche Short-and-distort-Manipulationen ist klar: Langfristig orientierte Buy-and-hold-Investoren sollten sich weiterhin sehr defensiv ausrichten.

Die gegenwärtige Verfassung der Börsen legt nahe, dass Anleger in der nächsten Zeit mit zahlreichen kleineren oder auch grösseren Crashs rechnen müssen. Insbesondere bis zu den Präsidentschaftswahlen in den USA wird die Volatilität erhöht bleiben…..NZZ.CH

Manipulierte Märkte

 

Italien: Piera Aiello verlässt aus Protest die Fünf Sterne

Piera Aiello aus Partanna (Provinz Trapani)
in Sizilien ist die erste Kronzeugin, die 2018 auf einer Liste der Fünf-Sterne-Bewegung ins Parlament gewählt wurde. Sie arbeitete in der nationalen parlamentarischen Antimafia-Kommission und in der Justiz-Kommission, deren Aufgabe es ist, alle vom Justizminister Bonafede und seinem Büro formulierten Gesetze zu überprüfen, mögliche Bedenken zu formulieren und Verbesserungsvorschläge zu machen. „Aber nach Monaten und Monaten der Schein-Debatten “, so Aiello, „bleibt von der geleisteten Arbeit nichts übrig. Es entscheidet immer der Justizminister, und – ich bin sicher – er entscheidet nicht autonom, denn 90% der Vorschläge werden dann verworfen, und das oft ohne eine sinnvolle Begründung.“ Sie verlässt jetzt deshalb die Fünf Sterne, ihre Arbeit in Kommissionen und Parlament wird sie jedoch fortsetzen.

Wer ist Piera Aiello? Weshalb findet ihr Austritt aus der Bewegung einen solchen Widerhall in den Medien?

Sie ist eine Symbolfigur der Antimafia:

Mit 18 Jahren wird sie gezwungen, den Mafioso Nicola Atria aus Partanna (Provinz Trapani) zu heiraten. Ihr Schwiegervater Vito Atria wird nur wenige Tage nach ihrer Hochzeit in einer Auseinandersetzung mit den Corleonesi ermordet. Das gleiche Schicksal erleidet 1991 ihr Mann, der vor ihren Augen umgebracht wird. Piera, die nie die Lebenseinstellung ihres Mannes geteilt hat, beschließt nun, sich an die Justiz zu wenden und lernt so auch den Richter Paolo Borsellino kennen. Sie muss deshalb Sizilien verlassen und lebt unter anderem Namen in Rom. Kurz darauf folgt ihr ihre Schwägerin Rita Atria, die ebenfalls beschließt, ihr Wissen der Justiz zur Verfügung zu stellen, um sich an den Mördern ihres Vaters und ihres Bruders zu rächen. Durch die Aussagen der beiden jungen Frauen kann zahlreichen Mafiosi der Prozess gemacht werden. Pieras Schwägerin Rita begeht 1992 nach der Ermordung des Richters Borsellino in Rom Selbstmord, Piera selber lebt mit ihrer Tochter mit ihrer neuen Identität im Verborgenen bis zu den Wahlen 2018. Sie kandidiert im Territorium von Messina Denaro für die 5Sterne, von denen sie sich eine ernsthafte Antimafia-Arbeit verspricht. Erst im Juni des Wahljahres beschließt sie, sich zu ihrer wahren Identität und zu ihrem Gesicht zu bekennen.

Jetzt ist sie aus den 5Sternen ausgetreten, aus Protest gegen die Arbeit des Justizministers Bonafede. „Zu lebenslanger Isolationshaft verurteilte Mafiosi schickt er mit einer simplen Email, einem Rundschreiben an alle Haftanstalten in den Hausarrest!“ empört sie sich. „Natürlich ist auch für mich das Recht auf körperliche Unversehrtheit sakrosankt, aber genauso wie das Gesetz bei Totò Riina umgesetzt wurde, der bis zum letzten seiner Tage im Gefängnis medizinisch betreut und behandelt wurde, genauso hätten jetzt die anderen Mafiabosse behandelt werden müssen. (…) Wie kann ein Bürger dem Staat vertrauen, wenn vom Staat seine Sicherheit aufs Spiel gesetzt wird? Wie sollen sich Kronzeugen sicher fühlen vor Kriminellen, zu deren Verhaftung sie beigetragen haben? Und diejenigen, die vorhaben mit der Justiz zusammenzuarbeiten, wie sollen sie das nötige Vertrauen in einen Staat aufbringen, der keine eindeutige Haltung im Umgang mit Mafiosi einnimmt, indem er wirksame Strafen vorsieht für Leute, deren Hände mit Blut beschmiert sind?

Piera Aiello verlässt die Fünf-Sterne-Bewegung: „Die Antimafia-Arbeit – zunichte gemacht von unfähigen Leuten“. Ein vergifteter Abschied der Abgeordneten und Kronzeugin. „Ich möchte nicht zur Komplizin der Fehler werden, die die Fünf Sterne begangen haben.“

 

Italien: Mafia Bosse in den Hausarrest entlassen – und nun?

Von 223 im März und April in den Hausarrest entlassenen Häftlingen von besonderem Kaliber sind immer noch 112 zu Hause, d.h. sie sind trotz des vom Justizminister entlassenen Dekrets nicht in die Haftanstalten zurückgekehrt.

Da stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Der verantwortliche Justizminister Bonafede (5Sterne) wurde u.a. von der parlamentarischen Antimafia-Kommission zu einer Befragung geladen, hat jedoch verschiedene Fragen nicht beantwortet. Die Misstrauensanträge der Opposition gegen Bonafede wurden von der Mehrheit der Parlamentarier abgewiesen. Und die Verantwortung wird jetzt von einer Dienststelle zur nächsten geschoben.

Der Minister selbst weist in einem Post auf Facebook jede Verantwortung von sich: Die Entscheidungen zur Haftentlassung hätten Richter „vollständig autonom“ getroffen. Sein Ministerium habe mit den zwei jüngst erlassenen Dekreten Gesetze geändert, die seit 50 Jahren von keinem reformiert worden seien. Sie verpflichteten die Richter, sich vor einer solchen Entscheidung mit den lokalen Antimafia-Behörden zu beraten. Jetzt habe er dafür gesorgt, dass die Umsetzung der beiden Antimafia-Dekrete auch vor Ort überprüft würde. – Dem Leser fällt auf, wie häufig der Minister in einem Post die Wendung „in vollständiger Autonomie“, bezogen auf die Richter, verwendet.

Piera Aiello aus Partanna (Provinz Trapani), Kronzeugin und Abgeordnete der 5Sterne, verlässt deshalb die Partei (Sie ist Nummer 36 der Parlamentarier, die in der letzten Zeit aus der Partei ausgetreten sind): Das eigene Land für immer verlassen zu müssen, weil man Mafiosi angezeigt hat, und nun sehen zu müssen, dass diese Leute wieder in die eigene Stadt zurückkehren, das ist für sie „eine Katastrophe, eine Niederlage für Sie als Frau und für den italienischen Staat“.

Nando dalla Chiesa, Professor für Soziologie der Organisierten Kriminalität in Mailand, Sohn des 1982 von der Mafia ermordeten Präfekts Carlo Alberto Dalla Chiesa: Seinem Eindruck nach seien die Haftentlassungen nur möglich gewesen, weil Fehler und Unregelmäßigkeiten begangen worden seien. Ein Blick in die Vergangenheit könne da für mehr Klarheit sorgen: Er untersuche jetzt mit seinen Studenten die medizinischen Gutachten der 70er und 80er Jahre. Er habe die Aussagen von Kronzeugen zu diesem Thema studiert: Sie sprächen alle von Gutachtern, die von der Mafia bezahlt worden sind. Auf jeden Fall sei er sehr verbittert, wenn er an die Anstrengungen denke, die Richter und Ermittler auf sich genommen hätten, um die Mafiosi ins Gefängnis zu bringen. Sie jetzt freizulassen bedeute, sie wieder nach Hause zu schicken, damit sie dort wie vorher kommandieren können. „Von wegen Umerziehung der Häftlinge wie mancher behauptet – daran glaube ich nicht!“

Entlassen wegen Covid: Spaziergang der Bosse – „Ja, aber mit Maske und einem Meter Distanz“.

Cum-Ex-Skandal: Bankier suchte Hilfe bei Scholz

Die Privatbank Warburg hat in der Cum-Ex-Affäre offenbar intensiv versucht, Einfluss auf die Hamburger Regierung zu nehmen, um einer Steuerrückzahlung in Höhe von rund 90 Millionen Euro zu entgehen. Das geht aus Tagebüchern des Mitinhabers der Warburg Bank, Christian Olearius, hervor, die Panorama und die Wochenzeitung „Die Zeit“ einsehen konnten. Demnach hat sich Olearius mindestens drei Mal mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz getroffen. Zwei der Treffen fanden im Jahr 2016 statt, ein drittes Treffen 2017.

Treffen zwischen Scholz und Olearius auch 2017

Gegenüber Panorama und „Zeit“ bestätigte Scholz nun die Treffen mit Olearius. Bislang hatten weder er noch die Hamburger Senatskanzlei die Öffentlichkeit über die Treffen 2016 unterrichtet, sondern nur den Termin 2017 eingeräumt.

Scholz weist strikt zurück, zu Gunsten von Warburg interveniert zu haben. Gegen Christian Olearius und weitere Mitarbeiter der Bank wurde seit 2016 wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften ermittelt. Bei den Treffen soll Olearius Scholz sowohl über die Cum-Ex-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln gegen ihn und die Warburg Bank als auch über drohende Steuerrückforderungen im mehrstelligen Millionenbereich durch die Hamburger Finanzverwaltung informiert haben, offenbar, um politischen Beistand zu organisieren.

Nahaufnahme Olaf Scholz, der die Lesebrille abnimmt. © dpa picture alliance Foto: Kay Nietfeld

Olaf Scholz bestätigte nun die Treffen mit Olearius. Bislang hatten weder er noch die Hamburger Senatskanzlei die Öffentlichkeit über die Treffen 2016 unterrichtet.

Im Finanzausschuss des Bundestages wurde Olaf Scholz zu seiner Rolle im Steuerverfahren gegen die Warburg Bank bereits zweimal befragt. Nach übereinstimmender Aussage mehrerer Teilnehmer der Sitzungen hatte Scholz die Treffen mit Olearius im Jahre 2016 nicht erwähnt. Nach Recherchen von Panorama und „Zeit“ habe er davon gesprochen, ab und zu mit Vertretern der Warburg-Bank, aber auch anderer Banken gesprochen zu haben. Dies sei normal.

Auf Anfrage teilte Scholz mit, „er habe keine konkrete Erinnerung an den Inhalt der Gespräche.“ Er sei aber „nicht mit dem Steuerverfahren der Warburg-Bank befasst gewesen“ und „habe sich nicht in die Angelegenheit eingeschaltet.“ Die Bearbeitung der Steuersachen sei „ausschließlich Sache der Steuerverwaltung“ gewesen.

In den Tagebüchern von Olearius findet sich kein Hinweis darauf, dass Scholz tatsächlich Einfluss auf das Steuerverfahren genommen haben könnte.

Kontakt zur Kahrs und Pawelczyk

Traf sich in der Causa Cum-Ex mit Christian Olearius: Johannes Kahrs, 2016 haushaltspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag.

Aus den Tagebucheinträgen geht auch hervor, dass Christian Olearius im März 2016 Kontakt zu Johannes Kahrs aufnahm – damals haushaltspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag – und zu Alfons Pawelczyk, seit den 80er-Jahren ein einflussreicher SPD-Mann in Hamburg. Die beiden sollten offenbar helfen, die drohende Rückforderung des Hamburger Finanzamtes von 47 Millionen Euro zu verhindern. „Beide stehen zur Hilfe bereit“, heißt es in den Tagebüchern.

Darin ist auch vermerkt, dass Johannes Kahrs mit der Leitung der Bankenaufsicht (Bafin) und dem Bundesfinanzministerium gesprochen habe. Und dass Olearius den Kreisverband von Kahrs im Jahr 2017 mit einer Spende von 13.000 Euro unterstützt habe. Pawelczyk, so heißt es an anderer Stelle, „armiere ich mit Unterlagen. Er wird das Gespräch mit H. Scholz suchen.“ Und später: „Am Donnerstag, den 4. August, berichtet H. Pawelczyk vom Gespräch mit H. Scholz. Der geht der Sache nach.“

Weitere Treffen mit Scholz

Auch Alfons Pawelczyk (SPD) bereitete wohl ein Treffen von Olearius mit Hamburgs damaligen Bürgermeister Olaf Scholz vor.

Pawelczyk soll außerdem ein Treffen von Scholz und Olearius am 7. September 2016 vorbereitet haben. Laut Tagebuch nahm sich Scholz in seinem Amtszimmer eineinhalb Stunden Zeit für Olearius, der ihm die schwierige Lage der Bank schilderte. Über die Reaktion von Scholz notierte Olearius: Scholz „hört aufmerksam unseren Schilderungen zu und stellt kluge Fragen.“ Und weiter: „Wir bekommen nichts versprochen, erwarten, fordern das auch nicht. jederzeit könne ich mich melden, er erwarte das auch in dieser Angelegenheit.“

Am 26. Oktober 2016 kam es zu einem weiteren Treffen zwischen Olearius und Scholz. Bei dieser Gelegenheit übergab Christian Olearius, wie es in seinem Tagebuch heißt, ein siebenseitiges Papier. In dem Dokument legt die Warburg Bank dar, warum ihr die Cum-Ex-Gelder zustünden und dass deren Rückforderung „zu einer Existenzgefährdung“ der Bank führen würde. Das Papier liegt Panorama und der „Zeit“ vor. Olearius notierte zu dem Treffen, Scholz „fragt, hört zu, äußert keine Meinung. Lässt nicht durchblicken, was er denkt und ob und wie er zu handeln gedenkt. Ich verstehe das, will ja auch nicht drängen und ihn in irgendeiner Weise kompromittieren.“

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Am 9. November 2016 notierte Olearius, dass Scholz ihn in der Sache angerufen und mitgeteilt habe: „Schicken Sie das Schreiben ohne weitere Bemerkung an den Finanzsenator.“ Weiter heißt es: „Ich frage nichts, danke und lasse das Schreiben Tschentscher überbringen. Ich hoffe, dass sich das Abwickeln positiv deuten lässt.“ Peter Tschentscher, der damalige Finanzsenator habe auf das Steuerverfahren keinen Einfluss genommen. „An ihn persönlich gerichtete Schreiben von Steuerpflichtigen wurden in diesem Sinne an die Steuerverwaltung weitergegeben“, teilte die Finanzbehörde mit.

Hamburg verzichtet auf 47 Millionen Euro aus Warburgs Cum-Ex-Geschäften

Eine Woche später, am 17. November 2016, berieten Vertreter der Hamburger Finanzbehörde und Beamte des Finanzamts gemeinsam über den Cum-Ex-Fall Warburg. Sie entschieden, dass die Stadt darauf verzichtet, die 47 Millionen Euro aus Warburgs Cum-Ex-Geschäften aus dem Jahr 2009 von der Bank zurückzufordern. Belege für eine Einflussnahme von Olaf Scholz oder Peter Tschentscher auf diese Entscheidung liegen nicht vor.

Auf Anfrage bestätigte Scholz die Treffen mit Christian Olearius und das Telefonat. Er habe daran aber keine konkrete Erinnerung. Sofern Gesprächspartner zu Steuersachen vortrügen, sei er ausgesprochen zurückhaltend und lasse sich die jeweilige Sichtweise darlegen. Sollten die geschilderten Sachverhalte zutreffen, habe er Olearius an die dafür zuständige Behörde verwiesen. Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk antworteten auf Anfragen nicht.

Christian Olearius ist Mitinhaber der Warburg Bank.

Der Medienanwalt von Christian Olearius teilte mit, eine Einflussnahme seines Mandanten auf Politik und/oder Verwaltung habe es nicht gegeben. Es sei „selbstverständlich zulässig und üblich, dass relevante Hamburger Unternehmen sich von Zeit zu Zeit mit dem Ersten Bürgermeister und/oder Mitgliedern des Senats über die unterschiedlichsten Themen austauschen.“

Die Vorgänge sind relevant, weil die Hamburger Steuerbehörde im Jahr 2016 Steuerrückforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften des Jahres 2009 der Warburg Bank verjähren ließ. 2017 forderte sie erst nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums wenige Wochen vor einer erneuten Verjährung 43 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften der Bank aus dem  Jahr 2010 zurück. Die Hamburger Finanzbehörde erklärte auf Anfrage, es habe keine Versuche gegeben, „politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen.“ Die Behörde habe aufgrund von Recht und Gesetz gehandelt. daserste.ndr.de

Von Lutz Ackermann, Manuel Daubenberger, Oliver Hollenstein, Christian Salewski, Karsten Polke-Majewski, Oliver Schröm & Willem KonradCum-Ex: Christian Olearius (links) und Olaf Scholz haben sich 2016 und 2017 mehrfach getroffen.
© Jörn Kaspuhl

Sven Giegold /Sprecher Europagruppe Grüne:
Jüngste Enthüllungen der ZEIT und von Panorama im Fall der CumEx-Steuergeschäfte der Hamburger Warburg-Bank legen nahe, dass Finanzminister Olaf Scholz im Bundestag über seine Treffen mit Warburg-Bank-Inhaber Christian Olearius gelogen hat. Olaf Scholz muss lückenlos aufklären. Es drängt sich die Frage auf, warum Scholz Olearius noch getroffen hat, als gegen ihn schon wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Die Steuerpflicht ist keine Verhandlungssache mit der Politik. Zudem ist gänzlich unglaubhaft, dass er sich an den Inhalt der Gespräche nicht mehr erinnern kann…….
Warburg-Bank / CumEx: Olaf Scholz’ Umgang mit wirtschaftlich Mächtigen untergräbt Vertrauen in die Demokratie.

Cum-Ex-Skandal: Sie dürfen die Beute behalten!