Verbrechen ermöglichen – Crime Enabling

Der Hehler ist so kriminell wie der Dieb!

Ein früherer Kadermann der Ex-Bank Frey soll US-Bürgern bei der Steuerhinterziehung geholfen haben – nun äussert sich in dem Fall der Kronzeuge.

Der zuständige Richter des südlichen Bezirksgerichts in New York, Jed Rakoff, führt den Strafprozess gegen den früheren Kadermann der eingegangenen Bank Frey straff. Seit Donnerstag wird der Kronzeuge der Anklage, ebenfalls ein Schweizer, vernommen. Verstecken von Geldern

Crime Enabling – Verbrechen ermöglichen
Gewinnerzielung ist das Hauptmotiv für Straftaten weltweit. Enabling“ heißt ermöglichen – und genau das tun, unter anderen, Schweizer Finanzinstitute und ihre Helfer: sie ermöglichen Verbrechen.

Der Hehler ist so kriminell wie der Dieb!
www.w-t-w.org/en/isabell-hemming

EU-Liste der größten Geldwäscheländer

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:

“Es ist ein Schlag ins Gesicht aller ehrlichen europäischen Steuerzahler, dass Großbritannien, Irland und Luxemburg eine echte Schwarze Liste mit harten Kriterien blockieren. Die von den Mitgliedstaaten diskutierten Kriterien der Schwarze Liste sind deutlich schwächer als von der Kommission vorgeschlagen. Insbesondere Großbritannien versucht, seine Territorien Jersey und Guernsey zu schützen, bevor es die EU verlässt.

Welche Länder kommen auf die Schwarze Liste. Die EU baut ihr Dispositiv gegen die Steuerflucht eifrig aus. Zu den jüngsten Schritten gehören Kriterien zur Erstellung einer schwarzen Liste von Steuerparadiesen. Bis Ende Jahr will die EU eine erste Fassung ihrer «schwarzen Liste» von Steueroasen erstellen. Insbesondere die Schweiz sollte sich davor fürchten. Kürzlich hat die Schweiz – wie rund 90 weitere Drittstaaten – einen Brief der EU zu Steuerfragen erhalten.  Die EU will herausfinden, wer von ihnen auf eine «schwarze Liste» der Steueroasen gehört.

Die EU-Kommission will den Kampf gegen Steuervermeidung, Terrorfinanzierung und Geldwäsche verschärfen und hat dazu gesetzliche Änderungen vorgeschlagen. Kernelement ist eine Liste von Hochrisikostaaten – auf denen sich aber keine der großen Steueroasen findet.

Nach dem Panama-Skandal hatte sich EU-Finanz- und Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici deutlich positioniert: „Die Menschen haben genug“, sagte der Franzose. Man müsse Steueroasen „auf eine gemeinsame schwarze Liste der EU setzen und bereit sein, sie mit angemessenen Strafen zu treffen, falls sie sich weigern, sich zu ändern“.

Die Kriterien

Ob eine Jurisdiktion auf die Liste kommt, soll von folgenden Kriterien abhängen:

  • Steuertransparenz: Sie wird gemessen an drei Kriterien: den OECD-Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzdaten (AIA mit erstem Tausch 2018), den Informationsaustausch auf Anfrage und die gegenseitige Amtshilfe. Bis Mitte 2019 kann unter bestimmten Bedingungen die Einhaltung von zwei dieser drei Kriterien ausreichen, danach müssen es alle drei sein. Als viertes Kriterium soll mit Blick auf eine Initiative für einen künftigen globalen Austausch über den wirtschaftlichen Eigentümer  dieser Aspekt später hinzukommen.
  • Faire Besteuerung: Ein Land soll keine Steuerprivilegien gewähren, die nach der Definition des EU-Verhaltenskodexes für die Unternehmensbesteuerung als schädlich gelten. Auch soll es keine Offshore-Strukturen zur Anlockung von Gewinnen fördern, die keine reale wirtschaftliche Aktivität vor Ort widerspiegeln.
  • Anti-Beps-Massnahmen: Jede Jurisdiktion soll sich bis Ende 2017 auf die im OECD-Rahmen vereinbarten Mindeststandards zur Bekämpfung der Steuervermeidung durch Unternehmen verpflichten (Anti-Beps – Base Erosion and Profit Shifting).

Die Einigung der EU-Finanzminister auf grobe Kriterien für die Schwarze Liste findet sich hier:    Press Releases: Taxation criteria third country jurisdictions

Der Entwurf des Briefes, der diese Woche an 92 Länder geschickt wurde, findet sich hier:  2017/01/LETTER.pdf

Die 92 Länder, die genauer untersucht werden, bestehen aus den 86 Ländern aus den Tabellen II. und II. sowie weiteren sechs Finanzzentren aus den Tabellen III. bis V.:
Sven Giegold.de/coreboard indicators

http://www.chappatte.com/en/


Standard für den automatischen Informationsaustausch von Finanzkonten
Standard for automatic exchange of financial information in tax matters/German

Bilanz vom südafrikanischen Finanzminister Malusi Gigaba

Die unverblümte Wahrheit zu Südafrikas Finanzlage. Der neue südafrikanische Finanzminister Malusi Gigaba hat jüngst eine ungeschminkte Bilanz zur Situation des Landes abgegeben. An den Finanzmärkten kam sie nicht gut an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht in der Stärkung Afrikas einen zentralen Schlüssel gegen Massenflucht und weitere globale Krisen. Besonders in Afrika seien wegen Hungersnöten, Naturkatastrophen, Kriegen und Terrorismus sowie wegen des Klimawandels Millionen Menschen auf der Flucht, warnte Schäuble bei einer Wirtschaftskonferenz im südafrikanischen Durban. Die davon ausgehenden geopolitischen Gefahren seien größer als zum Beispiel die des EU-Austritts Großbritanniens. Damit hatte Schäuble den Ton gestzt für die unter deutscher G20-Präsidentschaft stattgefundene Afrika-Konferenz im Juni in Deutschland.

Es ist natürlich gar nicht schwer, das Bild einer Bananenrepublik zu zeichnen von Südafrika, auch wenn die Bananen in Südafrika gerade ziemlich knapp sind. Es ist Präsident Jacob Zuma, der die passenden Bilder liefert, der wie die Karikatur eines Diktators wirkt, auf eine so plumpe Art und Weise korrupt, wie man es selbst in Afrika schon lange nicht mehr erlebt hat. Er lässt sich Paläste bauen, hält seinen Söhnen Staatsaufträge zu und verkauft Ministerposten an eine befreundete Unternehmerclique. Seine Politik folgt einem ziemlich einfachen Muster: Früher, zu Zeiten der Apartheid, sassen die Weissen an den Fleischtöpfen, jetzt sind wir dran. Jetzt bin vor allem ich dran.

Jacob Zuma und seine Regierung sind eine Schande für Südafrika. Sie haben die Hoffnungen Millionen Schwarzer enttäuscht, denen sie wirtschaftlichen Aufstieg versprachen. Letztlich ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie seit 14 Jahren nicht mehr, die Kriminalität steigt, die Hoffnung verfliegt. Es ist derzeit wenig übrig von der Aufbruchsstimmung nach dem Ende der Apartheid, von der Vision einer Regenbogennation, in der Menschen aller Hautfarben zusammen leben. Aus der Rassengesellschaft ist eine Klassengesellschaft geworden. Wohl nirgendwo auf der Welt sind die Unterschiede so gross zwischen Arm und Reich.

Die jetzige prekäre Haushaltslage kommt nicht überraschend: Südafrika wird von einer Serie von Korruptionsskandalen gebeutelt. Eine mit Staatspräsident Jacob Zuma befreundete Unternehmerfamilie soll den Staat um Milliarden plündern. Unterdessen ermitteln auch die britische Finanzaufsicht und das amerikanische FBI in der Sache. Hinzu kommt jahrelange Misswirtschaft in Staatsbetrieben. Der technisch insolventen South African Airways (SAA) und der südafrikanischen Post allein hat Gigaba Hilfen von umgerechnet 1 Mrd. Fr. zugesichert. Auf der Einnahmenseite wiederum blieben die Steuereinkünfte um 3,6 Mrd. Fr. unter den Erwartungen. Die hohe Arbeitslosigkeit macht sich dabei bemerkbar, aber auch das tief zerrüttete Verhältnis zwischen Wirtschaft und Regierung.

 

Herr Präsident, ich dachte, dass all die Millionen von Dollars, für unsere Ausbildung , gegen Aids und Hilfe für unsere Familien ihre Pflanzen zu bewässern ist.“
-Cartoon- Derek Easterby
www.w-t-w.org/en/cartoon/derek-easterby

Crime Enabling – Verbrechen ermöglichen

Nicht nur US-Konzerne horten Billionen in Offshore Steueroasen

Amerikanische Konzerne haben besonders findige Strategien zur Steuervermeidung entwickelt.

Stefan Beutelsbacher berichtet: Die Caymans, Bermuda, die Niederlande: Amerikas Konzerne haben mehr als zweieinhalb Billionen Dollar in Offshore-Gesellschaften geparkt, zeigt eine Studie. Und auch, wer der größte Steuervermeider ist. US-Konzerne horten Billionen in Steueroasen

Amerikanische Unternehmen schleusen laut einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam gigantische Geldbeträge am Fiskus vorbei. Der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung zufolge haben die 50 größten amerikanischen Konzerne 2015 mit Hilfe eines Netzwerks von 1751 Tochterfirmen und Zweigniederlassungen zusammen rund 1,6 Billionen Dollar (1,5 Billionen Euro) in Steueroasen verschoben. Das entspricht laut Oxfam einem Anstieg um 200 Milliarden Dollar seit 2014 und in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Kanadas.

Die Organisation betont, dass sich die Firmen mit diesen Strategien im legalen Rahmen bewegten. Die Analyse zeige jedoch, dass das Steuersystem es Konzernen ermögliche, sich um ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl zu drücken. Statt des gesetzlich vorgeschriebenen amerikanischen teuersatzes von 35 Prozent hätten die untersuchten Unternehmen dank verschiedener Schlupflöcher im Schnitt nur 25,9 Prozent gezahlt. Andere Analysen kommen zu noch niedrigeren Werten.

Intensive Lobbyarbeit: Zudem bemühen sich die Firmen laut Oxfam zunehmend um politische Einflussnahme. Zwischen 2009 und 2015 hätten die untersuchten Unternehmen 2,5 Milliarden Dollar für Lobbyarbeit in Richtung der amerikanischen Regierung ausgegeben, davon seien 325 Millionen für Steuerfragen aufgewendet worden…FAZ

Oxfam/Offshore
Spiegel: Steueroasen

Credit: Paul Ozhgibesov/Shutterstock

Die Mafia fühlt sich in Malta sicher

Die Journalistin Galizia wurde von einer Autobombe getötet, womöglich durch die Mafia. Ihre Paten sitzen in der Regierung, sagt der EU-Abgeordnete Fabio De Masi.

Hasan Gökkaya berichtet:.Es reicht aber nicht, mit dem Finger auf Malta zu zeigen. Laut dem Bundeskriminalamt ist auch Deutschland ein Paradies für die Mafia, etwa bei Geldwäsche über Immobilien. Wer sich Malta vorknöpfen will, muss daher erst einmal vor der eigenen Tür kehren…..Die Zeit (mit interessanten Lesermeinungen)

Cartoon Mikiel Galea

Lux Leaks, Panama Papers & Co

Der ehemalige EU-Parlaments Abgeordnete und jetziges Mitglied des Deutschen Bundestages Fabio De Masi (Die Linke): Über die Steuertricks der Mächtigen und Konzerne und wie Kriminelle ihr schmutziges Geld waschen

„Alleine in der EU drücken Multis wie Google und Apple ihre Steuerschuld um mehrere hundert Milliarden Euro pro Jahr, während der Bäcker an der Ecke oder die Angestellte geschröpft werden. Gleichzeitig wird bei Bildung, Pflege und Infrastruktur gekürzt bis es kracht.

Steueroasen und Schattenfinanzplätze wie Bermuda, die Niederlande oder die Cayman Islands dienen außerdem Gangstern, Kriminellen und Terroristen, um ihre schmutzigen Gelder weiß zu waschen. Um Geldwäsche und Steuerbetrug einen Riegel vorzuschieben, brauchen wir brutale Transparenz bei Briefkastenfirmen und Konzerngewinnen, effektive Mindeststeuersätze für Unternehmen und wirksame Strafen für Steuertrickser.“

Unsere neue Broschüre zu Geldwäsche und Steuerdumping ist da! Auf 32 Seiten erklären wir, wie Konzerne und Mächtige jedes Jahr die Gesellschaft um hunderte Milliarden an Steuern bringen und wie Kriminelle mit Hilfe von Schattenfinanzplätzen ihr schmutziges Geld weiß waschen.

@FabioDeMasi

Die Broschüre- Lux Leaks, Panama Papers & Co_ Wie die Reichen, Mächtigen und Konzerne schmutziges Geld waschen und uns bestehlen

Marian Kamensky
www.humor-kamensky.sk/

Mächtigste Journalistin Maltas mit Autobombe ermordet

Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia legte sich oft mit den Mächtigsten im Lande an.  Sie führte einen erbitterten Kreuzzug gegen die Korruption in ihrem Land. Nun ist ihr dies zum Verhängnis geworden. Jetzt ist die Journalistin Maltas ist tot.

Die bekannteste maltesische Bloggerin Daphne Caruana Galizia wurde durch eine Autobombe getötet.

Die 53-Jährige berichtete Anfang 2016, dass zwei zentrale Mitarbeiter von Maltas Premier Joseph Muscat unlautere Finanzoperationen getätigt hatten.

Diese Veröffentlichungen wurden wenig später von den „Panama Papers“ gestützt.

Der letzte Eintrag auf ihrem Blog endet mit einer resignierten Note: „Wo du auch hinschaust“, schrieb Daphne Caruana Galizia, „überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos.“ Gepostet hat sie ihn am Montagnachmittag, 14.35 Uhr. 25 Minuten später war sie tot.
Tod einer unermüdlichen Journalistin
Maltesische Bloggerin von Autobombe getötet
Ihren grössten Coup landete die dreifache Mutter und Ehefrau mit ihren investigativen Recherchen zu den «Panama Papers» 2016. Caruana Galizia warf der Frau des maltesischen Regierungschefs Joseph Muscat damals vor, Bestechungsgelder auf Konten in Panama zu verstecken. Auch gegen Mitglieder der Regierung erhob sie Korruptionsvorwürfe. Durch ihre Berichte war Muscat gezwungen, Neuwahlen auszurufen – die seine Partei trotz allem gewann.
Gauner wo man nur hinschaut 
“There Are Crooks Everywhere You Look. The Situation Is Desperate.”
Malta: Tod von Journalistin lückenlos aufklären:
Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi zum tödlichen Autobomben-Anschlag auf eine maltesische Korruptions-Journalistin


Die maltesische Bloggerin Daphne Caruana Galizia hatte mit ihren unermüdlichen Recherchen die Mächtigen des Landes gegen sich aufgebracht. (Foto: REUTERS)

Kriminelle Schattenwirtschaft

Kriminelle Schattenwirtschaft: Hochburgen im Rheinland und im Ruhrgebiet, Flüchtlinge werden als „Rohstoff“ ausgebeutet

Arno Kleinebeckel berichtet: Eines ist hier wieder einmal klar geworden: Köln ist nicht nur Römerstadt, Rheinmetropole und beliebtes Touristenziel, sondern auch Tummelplatz für Gauner mit ganz besonderen Verbindungen. Die Rede ist vom „Rinzivillo“-Clan der berühmt-berüchtigten sizilianischen Cosa Nostra. Nach jetzt in Köln gefassten mutmaßlichen Mafiosi hatten die italienischen Behörden mit europäischen Haftbefehlen gefahndet, so eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft. La Mafia in Germania

Karikatur Greser und Lenz

„Folgt der Spur des Geldes – und Ihr trefft auf die Mafia“

„Folgt der Spur des Geldes – und Ihr trefft auf die Mafia“ (Giovanni Falcone)
Die aktuelle Situation bei der Bekämpfung der Mafia.

Unter diesem Titel trafen sich wie jedes Jahr vor dem Jahrestag des Attentats von Capaci (Sizilien) Staatsanwälte, Journalisten und Angehörige von Mafia-Opfern in der juristischen Fakultät der Universität Palermo, um in diesem Jahr den ökonomischen Aspekt des Problems vor Publikum zu analysieren. Eingeladen hatten, wie jedes Jahr, die Zeitung Antimafia Duemila und der Antimafia-Studentenverein „Contrariamente“ aus Palermo.

Hier einige Auszüge:

Der Staatsanwalt Sebastiano Ardita aus Messina sieht die aktuelle Situation in Italien mit einiger Sorge. Er stellt einen „schizophrenen Umgang mit dem Erbe Falcones“ fest.
Man begehe einerseits den 25. Jahrestag des Attentats mit großem medialen Pomp, andererseits wolle man von den innovativen Ideen des Antimafia-Richters nichts wissen.

Folgende besorgniserregende Phänomene führt er an:

• 2017 kommen eine Reihe von charismatischen und gewieften Mafiabossen frei, weil sie ihre Strafe abgesessen haben, und das zu einer Zeit, in der Cosa Nostra immer noch auf der Suche nach einem Boss der Bosse ist.

• Die Regierung arbeitet daran, die Erlaubnis für Justizorgane, Gespräche abzuhören, stark einzuschränken.

• Immer wieder versucht die Politik, den Artikel 41 bis (der die Isolationshaft für Mafiabosse und Terroristen festlegt) abzumildern oder ganz abzuschaffen.

• Man erlaubt jetzt dem ehemaligen Präsidenten der Region Sizilien, Salvatore Cuffaro, offiziell Unterricht für Journalisten zu erteilen, obwohl er wegen „schwerer Begünstigung der Mafia“ 6 Jahre im Gefängnis gesessen hat.

• Die von der Mafia ausgehende Korruption findet sich heute in jedem Bereich, von dem aus Einfluss genommen werden kann. Wegen ihrer Unsichtbarkeit kann sie deshalb überall im Staat und in der Verwaltung am Werke sein.

Und so müsse man zu dem Schluss kommen, dass der italienische Staat völlig hinter den Möglichkeiten der Mafia hinterherhinke und wie schon früher auch, in der Zeit vor Falcone, über keine geeigneten Abwehrmöglichkeiten gegen die Mafia verfüge.

Gianni Dragoni, Journalist des Wirtschaftsblattes „Il sole 24 ore“ nennt Zahlen:
Nach Schätzungen der letzten parlamentarischen Antimafia-Kommission hat die italienische Mafia einen Jahresumsatz von 160 Mrd. €, der Gewinn wird auf 105 Mrd. geschätzt.

Wenn also die italienische Mafia mit all ihren Geschäftsaktivitäten eine Holding wäre, wäre sie das weitaus größte italienische Wirtschaftsunternehmen und hätte damit 40 Mrd mehr Umsatz als „Exor“, der größte italienische Konzern, zu dem Fiat-Chrysler, Ferrari, CNH (italienisch-amerikanische Multinationale), PartnerRe (international tätiges Versicherungs-unternehmen) und Juventus Turin gehören. Deren Gesamtumsatz betrug 2016:
111 Mrd. €.

Der Wert eines Unternehmens an der Börse wird nach dem Gewinn berechnet. Nimmt man die geschätzten 105 Mrd. Gewinn zur Grundlage, hätte „Mafia spa“ einen Wert von 1680 Mrd., nahezu das Dreifache von allen 260 an der Börse notierten italienischen Unternehmen.

PS: Apple hatte am 19. Mai 2017 einen Wert von 811 Mrd. $, das sind 725 Mrd. €. Das heißt, „Mafia spa“ könnte Apple kaufen und hätte dann immer noch 955 Mrd. übrig.

Der Moderator Aaron Pettinari, Chefredakteur von Antimafia Duemila, bemerkt, dass Giovanni Falcone vor seiner Ermordung der „Spur des Geldes“ folgte und Ermittlungen über riesige Geldströme der sizilianischen Mafia anstellte, die zuerst auf der kleinen Mailänder Bank Rasini landeten (2) und dann scheinbar im Nichts verschwanden – das „Nichts“ vermutete er in der Schweiz. Diese Ermittlungen waren mit ein Grund für verschiedene Leute, Falcone eliminieren zu wollen. Seit den großen Mafia-Attentaten vor 25 Jahren habe sich aber doch sicher einiges geändert, vermutet Pettinari und übergibt das Mikrofon an Roberto Scarpinato.

Roberto Scarpinato, leitender Oberstaatsanwalt von Palermo, meint, nichts mehr sei so wie früher. Wir befänden uns in einer Welt, in der das Kapital die Demokratie vernichte:
„Das Sagen hat, wer das meiste Kapital besitzt“

Zuerst einmal müsse man einen Fehler vermeiden, der häufig in der Öffentlichkeit gemacht werde: Den Fehler, die Mafia-Phänomene mit den Augen von vor 25 Jahren zu betrachten. „Das Italien von damals existiert nicht mehr!“ Es zeigten sich vielmehr neue Formen der Mafia-Kriminalität, die man mit den bisherigen Antimafia-Gesetzen nicht mehr bewältigen könne. Grund seien die vielen internationalen Veränderungen von historischer Tragweite wie z.B. der Untergang der Sowjetunion, Globalisierung, Einführung des Euro, Osterweiterung der EU und vieles andere. Diese Veränderungen hätten nicht nur die bisherige Ordnung in der legalen Zivilgesellschaft durcheinander gebracht, sondern auch das Gleichgewicht in der ausgedehnten illegalen Gesellschaft und besonders im Universum der Mafien gestört.

Im Innern der Mafien, so Scarpinato, hat eine Spezialisierung stattgefunden: Der traditionelle Mafioso, der Schutzgeld erpresst und dem Opfer die Pistole an die Schläfe setzt, hat ausgedient. Durchsetzung durch Anwendung von Gewalt ist nicht mehr opportun. Mehr Erfolg scheinen neue Formen der Mafia zu haben. Das Kassationsgericht spricht von den „schweigenden Mafien“, er, Scarpinato, nenne sie „Mafie mercatiste“ (etwa: Mafien des Freien Marktes), d.h. Mafien, die sich flexibel an die Veränderungen angepasst, sich die Regeln des sog. Freien Marktes zueigen gemacht haben und zu Service-Agenturen geworden sind, Agenturen, die illegalen Service und illegale Güter zur Verfügung stellen. Dafür gebe es weltweit einen unvorstellbar großen Bedarf von Millionen „normaler“ Leute, denke man z.B. an Millionen Neureiche in China , in Indien, in Russland usw..

Die Selektion und Spezialisierung im Innern der Mafien hätten die klassischen Mafia-Methoden der Gewaltanwendung auf ein Minimum reduziert und es habe sich vor allem im Norden eine neue Art Beziehung Mafia-Bevölkerung herausgebildet, eine „kollusive“ (etwa: Komplizen-) Beziehung, so dass sich die Grenzen zwischen Mafia-Kriminalität, Wirtschafts-Kriminalität, Kriminalität in Politik und Öffentlichem Dienst – die sich vor allem in systema-tischer Korruption äußert -, immer mehr verwischten.

Zahlreiche Ermittlungen und Prozesse der letzten Zeit haben die Existenz von sog. „kriminellen Systemen“ aufgedeckt, die weder die typischen Eigenschaften einer Mafia-Organisation noch die einer „einfachen kriminellen Organisation“ haben (1). Es handelt sich um kriminelle Systeme, die neben den legalen Machtsystemen bestehen, gebildet aus der „Elite der Weißen Kragen“ (z.B. die von der Presse so genannten Cliquen, P2, P3, P4 usw.) und der „Mafia-Aristokratie“. Dort werden Geschäfte abgesprochen, zu denen das normale Volk der Mafiosi keinen Zugang hat.

Scarpinato unterscheidet drei verschiedene Arten von Mafien:

(Die folgenden Ausführungen sind leicht gekürzt. Um der besseren Lesbarkeit willen wird die direkte Rede beibehalten)

1. Die traditionelle Mafia
2. Die Mafien im sog. „Freien Markt“
3. Die kriminellen Systeme

(Roberto Scarpinato beendet seinen Vortrag)

Also wenn wir das, was ich hier ausgeführt habe, ernst nehmen, dann muss klar sein, dass heutzutage der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität nicht allein den Gerichten und der Polizei überlassen werden darf. Der Kampf muss weltweit geführt werden, auf allen Ebenen und an allen Fronten. Die wichtigste, die entscheidende Front ist die Bewahrung und die Wiederherstellung der Demokratie in der Politik gegenüber den großen Wirtschafts- und Finanzmächten, von denen die „Mafien im Freien Markt“ ein wichtiger und fester Bestandteil geworden sind.

Der Kampf besteht in der Schaffung nationaler und transnationaler Institutionen, die es den Völkern ermöglichen, wieder über das eigene Schicksal entscheiden zu können und die erlauben, die Kontrolle der Politik über die Wirtschaft wieder herzustellen. Das bedeutet z.B. auf europäischer Ebene, dass es doch nicht sein kann, dass über das Schicksal einzelner Länder entschieden wird von nicht repräsentativen Organen wie z.B. der Europäischen Zentralbank, von der nicht repräsentativen Europäischen Kommission oder vom Europa-Parlament, das nicht die geringste Bedeutung hat. Auch für Europa muss man einen Rechts-staat gründen und ein europäisches Parlament, das Ausdruck des Willens der Völker ist und das die politischen Entscheidungen einzelner Länder kontrollieren kann, das die Entscheidungen, die das Leben der einzelnen Völker betreffen, transparent gestaltet. Man muss also in Italien und in Europa eine politische Demokratie schaffen, die zu einer alternativen Gesellschaft führt, deren Basis die Vorstellung von der „Würde des Menschen“ ist. Die also völlig anders ist als die, die als einzigen Motor das Geld kennt und die den Menschen zur austauschbaren Ware herabwürdigt. Von dieser Art Gesellschaft, die die totale Kontrolle über das Leben jedes einzelnen von uns ermöglicht, träumen die großen Mafiabosse, die großen Bosse der kriminellen Systeme und die Mächtigen in der Wirtschaft.

Anmerkungen:
(1) Die kriminelle Organisation vom Typ Mafia definiert das Gesetz „Art. 416 bis“, die einfache kriminelle Organisation das Gesetz „Art. 416“.
(2) Banca Rasini, Mailand. Kleine Bank, in der Silvio Berlusconis Vater als Beamter angestellt war. Ihre Bekanntheit verdankt die kleine Bank den zahlreichen kriminellen Kunden, darunter den Mafiabossen Totò Riina, Pippo Calò, Bernardo Provenzano und Stefano Bontade.
(3) Für den italienischen Terminus „collusi“ verwende ich im Folgenden die Übersetzung Komplizen, wobei der italienische Begriff ausschließlich Komplizen der Mafia in Wirtschaft, Politik und Bevölkerung meint.
(4) Oligopol: ähnlich einem Monopol (bei dem einer den Markt beherrscht), nur dass hier ein Markt von einigen wenigen kontrolliert wird
(5) Der Fall CONSIP:`Die Consip ist die italienische Zentrale für Anschaffungen für den Öffentlichen Dienst und wird vom Ministerium für Wirtschaft und Finanzen verwaltet. Die Aufwendungen für die Anschaffungen bewegen sich in Milliardenhöhe. 2014 wurde ein staatlicher Auftrag über 2,4 Mrd. für Wartungs- und Reinigungsarbeiten im Gesundheitswesen ausgeschrieben, den jetzt die Staatsanwaltschaften von Neapel und Rom wegen des Vorwurfs der Korruption untersuchen. Festgenommen wurde bisher ein Unternehmer aus Kampanien, ermittelt wird aber auch u.a. gegen den Vater von Matteo Renzi, gegen den Sportminister, gegen einen Exmanager der Consip u. viele andere.
(6) cricche = Cliquen von Leuten in einflussreichen Positionen, wie z.B. Politiker;
P2: Eine Geheimloge, geführt von Licio Gelli, bei der Silvio Berlusconi Mitglied war, inzwischen ist sie aufgelöst, aber es hat Nachfolger gegeben:

Wie läuft`s mit den Bestechungsgeldern? – Du weißt, die Wirtschaftskrise, jetzt muss ich sogar Armbanduhren akzeptieren… (Schrift auf der Ablage: „Hier hinlegen“)

 

 

 

 

 

Und was wollen Sie dafür? – Den Auftrag für die Lieferung von Handschellen

 

Resumee:

Sacrpinato entreißt uns die Brille, mit der wir bisher die Wirtschaft betrachtet haben und zitiert einen Mafiaboss: „Dottore, die Welt ist heute anders als früher. Früher kontrollierte die Politik die Wirtschaft, heute ist es die Wirtschaft, die die Politik regiert. Die Märkte diktieren, was die Regierungen zu tun haben. Und wir sind das schwarze Herz der Wirtschaft. Wir sind die Wirtschaft.

Und mir stellt sich die bange Frage: Welche Politiker retten uns die Demokratie? Was kann ich tun?

You Want To Fight Mafia? Follow The Money!

Artikelserie: Frauen leiden unter Korruption

Blockchain: Zukunftsvision oder ungerechtfertigter Hype?

Momentan ist Blockchain vor allem in der Finanzbranche in aller Munde. Die Technologie, die aus der Entwicklung der kryptografischen Währung Bitcoin stammt, wird auf alle möglichen Zusammenhänge übertragen. Es gibt Vorschläge für das Finanzsystem, Versicherungen, Energiewirtschaft bis hin zum Urheberrecht. Vor allem Finanzinstitutionen und Zentralbanken forschen sehr aktiv an der Technologie. Hierfür wurden teilweise spezielle Banken-Konsortien und Forschungseinrichtungen gegründet. Laut einer Hochrechnung in einer Studie des Weltwirtschaftsforums wird im Jahr 2027 über 18 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes mit der Blockchain abgewickelt werden. Gleichzeitig stellt die große Aufmerksamkeit für Blockchain für viele mittlerweile einen ungerechtfertigten Hype dar.

Finanz- und Geldwäsche- Experten warnen vor dem Missbrauch der Kryptowährungen durch die organisierte Kriminalität. Es besteht grosse Skepsis gegenüber Kryptowährungen wie dem blockchain-basierten Bitcoin durch die Fachwelt.

Blockchain – eine Technologie revolutioniert unser ganzes Denken
Eine neue Riege an Vordenkern, Programmierern und Unternehmern schickt sich an, die Welt zu verändern. Darin liegt auch eine grosse Chance zur Selbstemanzipation für die Generationen Y und Z. NZZ
Wir leben in einem Überwachungsstaat. Von jedem von uns existiert eine digitale Akte…“.