Wie italienische Schüler gegen die Mafia vorgingen

Mafia in Deutschland. Die `Ndrangheta ist überall
Eine Studentengruppe aus Reggio Emilia Cortocircuito.re.it hat festgestellt, dass die Ndrangheta in ihrer Stadt aktiv ist. Ihre Recherchen veröffentlichten sie in einer Schülerzeitung – und halfen damit den Ermittlern.

Sandra Schumacher berichtet: Im vergangenen Jahr hat in der Stadt Reggio Emilia in der Nähe von Bologna der größte Mafia-Prozess Norditaliens begonnen. Insgesamt 237 Angeklagte stehen vor Gericht, die in Verbindung mit der kalabrischen Ndrangheta stehen sollen. Rund 1000 weitere Personen sollen in die Geschäfte verwickelt gewesen sein. Für diesen Prozess wurde extra ein Hochsicherheitsgerichtssaal gebaut. Einen wichtigen Beitrag zu den Ermittlungen lieferten die Recherchen des studentischen Antimafia-Vereins „Cortocircuito“ – ein Verein, der im Jahr 2009 zunächst als Schülerzeitung begann…Stuttgarter-Nachrichten

Heidi Wendelstein berichtet:  Wolfgang Rahm, Kriminalhauptkommissar IOK (Italienische Organisierte Kriminalität), LKA Stuttgart, wollte sich zum Thema Mafia in Stuttgart nicht festlegen lassen. Es gelte die Unschuldsvermutung für jeden Verdächtigen und er kann sich deshalb nicht zu Personen äußern, dass das Thema aber akut besteht und er einen Handlungsbedarf sieht beweist die Aktion des LKA Ba-Wü. „Gegen organisierte Kriminalität“. Hier ist für Bürger bereits eine Telefonnummer geschaltet über das sie verdächtige Beobachtungen melden können (0711/5401-2446).

Weshalb ist die organisierte Kriminalität ein Thema für Frauen? Die Mafia „erwirtschaftet“ in Italien soviel Geld wie in Deutschland die deutsche Bank und Mac Donald zusammen. Das sind enorme Beträge die wieder investiert werden um die Wirtschaft zu steuern, zu bestechen, zu unterwandern. Beträge die an den Steuersystemen vorbeilaufen und dem System fehlen. Geld das in unseren sozialen Systemen fehlt. Gerade in den Bereichen die Frauen betreffen wie Erziehung, Kinderbetreuung, Pflege, Bildung. Und die Opfer sind oft weiblich, Prostitution, Drogen, illegales Glücksspiel, illegale Müllentsorgung, Mord, zerstören das Leben einzelner Menschen oder ganzer Familien. Noch immer wird das Geld das später gewaschen in Umlauf kommt sehr schmutzig verdient…Bücherfrauen /PDF

Zentrale Ansprechstelle gegen Organisierte Kriminalität
Telefon: 0711/5401 – 2446
Die zentrale Ansprechstelle im LKA BW ist von 8 bis 18 Uhr  zu erreichen. Daneben steht Hinweisgebern auch ein Kontaktformular zur Verfügung.

Organisierte Kriminalität – Was geht das Frauen an?

Was uns Steuervermeidung wirklich kostet?

Große Konzerne schaffen ihre Gewinne in Steueroasen und drücken sich so vor ihrem fairen Steuerbeitrag. Das Geld fehlt letztlich in unseren Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystemen. Den Preis zahlen wir. Mit drastischen Folgen.
Wenn Konzerne nicht ihren fairen Steuerbeitrag leisten, rauben sie damit armen Ländern das Geld, das dringend für die Gesundheit ihrer Bevölkerung gebraucht wird.

Die Enthüllungen der Paradise Papers haben ein weiteres Mal gezeigt: Viele internationale Konzerne drücken sich dreist davor, ihren fairen Steuerbeitrag zu leisten. Mit Briefkastenfirmen in Steueroasen und perfiden Tricks bringen sie die Länder, in denen sie ihre Gewinne erwirtschaften, um Milliarden an Steuereinnahmen. Illegal ist es nicht. Die Konzerne nutzen einfach jede Lücke im Steuersystem, die sie finden können. Und die Politik? Tut zu wenig dagegen.

Die Leidtragenden sind letztlich wir alle. Denn das Geld fehlt in unseren Sozialsystemen, für die Bildung und bei der Gesundheitsversorgung…Oxfam.de Was uns Steuervermeidung wirklich kostet

Was das bedeutet, illustriert dieses Video.

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen

Erdogans Währungskrise

Erdogan fährt die Lira an den Rand des Abgrunds.
Als Auslöser für den Kursrutsch der türkischen Währung gelten Äußerungen des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. Seine Währungspolitik steht im klaren Gegensatz zur Geldpolitik führender Notenbanken.

Holger Zschäpitz berichtet: Am Devisenmarkt stürzte die türkische Lira auf den tiefsten Stand ihrer Geschichte. Auch an den Börsen verkauften die Investoren türkische Aktien und Anleihen. Die Rendite der zehnjährigen Türkei-Anleihen schoss postwendend auf den höchsten Stand seit mindestens Beginn der Kursstatistik im Jahr 2010. An der Istanbuler Aktienbörse wiederum kamen vor allem Papiere von Banken unter Druck.

Investoren sehen in den „Erdoganomics“, wie sie die ökonomische Theorie von Erdogan nennen, einen giftigen Cocktail, der die Wirtschaft am Bosporus in Verwerfungen stürzen könnte. „Eine fallende Lira befördert die Inflation, bremst die wirtschaftliche Aktivität, sorgt für Verluste bei ausländischen Türkei-Investoren“, sagte Julian Rimmer, Schwellenländerstratege bei der britischen Investec, dem Finanzdienst Bloomberg… Welt.
Bloomberg.com

dragancastellon.wordpress.com

Steueroase hofiert Kryptoszene

„Es geht nicht um Bitcoin, sondern Dynamik“ Bitcoin, e-Identität, selbstfahrende Busse – in der Schweizer Steueroase Zug hat die Zukunft schon begonnen. Eine Strategie gibt es nicht, sagt Stadtpräsident Dolfi Müller n-tv.de. Zug war vor einem Jahr der erste Ort, der die Kryptowährung Bitcoin in der öffentlichen Verwaltung eingeführt hat. Doch den Schweizern geht es um mehr. Zug ist zum Startup-Mekka der Kryptoszene geworden. Wer mit der Technologie Blockchain, die hinter dem Bitcoin steht, experimentiert, ist willkommen. Was das Internet für die Information sei, sei die „Block-Kette“ für die Transaktion, erklärt Müller. Kryptowährungen, Fintech, Insurancetech – spannende Anwendungen gebe es Tausende. Auch die neue e-Identität, mit der die Stadt seit kurzem wirbt, ist in diesem dezentralen digitalen Register abgespeichert. Betrüger in der Kryptoszene fürchtet Müller nicht….NTV

Der Kanton Zug ist reich. Es gibt jede Menge richtiges Geld. Warum hat die Stadtverwaltung vergangenes Jahr entschieden, die Kryptowährung Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren – und damit aus dem 30.000-Seelen-Ort Zug ein Krypto-Mekka zu machen?

Bitcoin stürzt binnen Stunden um 500 Dollar ab.
Der Kurs der Digitalwährung Bitcoin ist in zwei Stunden um fast 500 Dollar abgestürzt und danach fast ebenso schnell wieder in die Höhe geschossen. Grund ist eine Sicherheitslücke bei einem Konkurrenten….Der Spiegel
Bitcoin Suisse geht auf die Banken zu
Der neue CEO stammt aus der alten Finanzwelt, war aber bereits zuvor «bekehrt».

Arthur Vayloyan, der bis Ende September noch bei der Falcon Private Bank aktiv war, wird neuer CEO von Bitcoin Suisse, dem grössten Schweizer Broker und Verwalter für Krypto-Assets. Nach eigenen Angaben generiert die Firma monatlich rund 200 Mio. bis 300 Mio. $ Umsatz mit Krypto-Währungen und verwaltet deutlich über 1 Mrd. $ solcher Devisen. Dieses Volumen zeige, dass sein Unternehmen mehr mache, als kurzfristige Opportunitäten auszunutzen, sagt Niklas Nikolajsen, Mitbegründer und bisheriger CEO von Bitcoin Suisse.

Ende September kommunizierte die Finanzmarktaufsicht Finma, dass sie bei Rechtsverletzungen um ICO* konsequent einschreiten werde. Gibt es Hinweise, dass ein ICO unter ein Finanzmarktgesetz (Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung, Bankenrecht, Effektenhandel, Kollektivanlagenrecht) fällt, führt die Finma die entsprechenden Abklärungen durch und leitet bei einer Rechtsverletzung Massnahmen ein…NZZ

*Initial Coin Offering (ICO)

Italien: Parlament beschließt Gesetz zum Schutz der Whistleblower

Das Gesetz zum Schutz der Whistleblower, das die Fünf-Sterne-Bewegung eingereicht hat, ist Mitte November mit breiter Mehrheit beschlossen worden. (357 Jastimmen; 46 Neinstimmen; 15 Enthaltungen). Da vorher der Senat schon zugestimmt hatte, ist es ab jetzt in Italien geltendes Gesetz. Repubblica.it/

Wer Verbrechen oder irreguläre Vorgänge in den Behörden und in der Privatwirtschaft bei den Antikorruptions-Behörden oder der Justiz anzeigt, dessen Identität wird in Zukunft gesetzlich geschützt. Das Gesetz untersagt ausdrücklich jede Art von Bestrafung des Whistleblowers, er kann weder zurückgestuft noch entlassen werden. Auch eine Versetzung oder andere organisatorische Maßnahmen zum Nachteil des Whistleblowers sind untersagt. Eventuelle diskriminierende oder erpresserische Maßnahmen des Arbeitgebers werden für ungültig erklärt. Auch gilt laut diesem Gesetz die Beweislastumkehr: In anderen Ländern muss der Whistleblower beweisen, dass seine Vorwürfe berechtigt sind. In Italien muss in Zukunft der Arbeitgeber beweisen, dass die in der Anzeige genannten Vorwürfe andere Ursachen haben als die in der Anzeige genannten!

Ein langer Kampf – die erste Lesung war am 21.01.2016 – hat nun ein positives Ende gefunden: Parlamentarier der Fünf-Sterne-Bewegung hatten, ausgehend vom Gesetz der Vereinigten Staaten, lange an einem eigenen Gesetzentwurf gearbeitet.

Bestärkt in ihrem Vorhaben hat sie die Geschichte des Whistleblowers Andrea Franzoso, der die „Veruntreuungen und die irrsinnige Verschwendung von Geldern“ bei der Bahn (Ferrovie Nord) angezeigt und seine Erfahrungen in einem Buch* geschildert hat. Auch die von der Organisation „Riparte il futuro“ (etwa: „Neustart für die Zukunft“) und von Transparency Italien gestartete Unterschriften-Kampagne (mit über 66 000 Unterschriften) wirkte als Unterstützung für das Gesetzesvorhaben.

Ein Riesenerfolg der italienischen Politik. Hoffen wir, dass die anderen europäischen Mitgliedstaaten folgen werden!

https://altoday.com/archives/19364-martha-roby-strengthening-protections-brave-whistleblowers – @TeamRoby

*Andrea Franzoso, „Il disobbediente“ („Der Ungehorsame“), edizioni Paper First 2017 Ilfattoquotidiano.it/

https://www.cio.com/article/2985780/staff-management/changing-the-whistleblower-retaliation-culture.html

Organisierte Kriminalität – Was geht das Frauen an?

Universitäten in Italien: Ihr Beitrag zum Kampf gegen Mafia und Korruption

Das Ergebnis einer von der italienischen parlamentarischen Antimafia-Kommission in Auftrag gegebenen Studie: 57 von insgesamt 81 Universitäten haben das Thema in ihr Lehrangebot aufgenommen. Spitzenreiter ist der Norden mit 42 %, gefolgt vom Süden, 36 %, der Rest im Zentrum Italiens. Und es sind mehrere Studienfächer involviert!

Die Studie, die 2017 von der Rektorenvereinigung der italienischen Universitäten CRUI durchgeführt wurde, ergab, dass es eine zahlenmäßig relativ kleine Gruppe von Dozenten und Experten ist, die sich mit der Materie befasst. Umso erstaunlicher, dass die Zahl der in diesem Bereich engagierten Hochschulen zwischen 2011 und 2016 um 19 zugenommen hat (das sind pro Jahr fast vier!).

Neun der befragten Universitäten (Bologna, Messina, Milano Cattolica, Neapel Federico II, Pisa, Roma Luiss, Roma Sapienza, Roma Tor Vigata und Teramo) bieten zusätzlich für das letzte Studienjahr Vertiefungskurse, die sich ausschließlich mit der Problematik Mafia und Korruption beschäftigen, während andere Hochschulen auf eine Berücksichtigung verschiedener Perspektiven setzen (z.B. Geschichte der Mafia, Antimafia-Gesetzgebung, Soziologie und Psychologie des Phänomens).

Die verschiedene Repräsentanz der involvierten Hochschulen in den verschiedenen Landesteilen wird auf das unterschiedliche Problembewusstsein in den jeweiligen Regionen zurückgeführt.

An der Studien beteiligte Universitäten nach Größe und geographischer Lage: große, mittlere, riesige, kleine (Universitäten)

Die Studienangebote bestehen aus fest eingerichteten Beobachtungsstellen („Observatorien“), aus stabilen Arbeitsgruppen, Studien- und Recherche-Zentren.

Im Studienjahr 2015/16 haben die Hochschulen außerdem 352 Veranstaltungen organisiert, die für eine „Kultur der Legalität“ sensibilisieren sollten: Vortragsabende und ganze Vortragsreihen, Seminare, Studienreisen, Schaffung von Blogs und Radiosendern, Foto-Ausstellungen, Theateraufführungen, Wettbewerbe und anderes.

Die Fächer, die sich mit der Materie beschäftigen sind Jura, Wirtschaft, Politik, Psychologie, Pädagogik und Anthropologie.

Auch für deutsche Universitäten könnte Italien ein inspirierendes Vorbild sein!
Ilfattoquotidiano.it

Rede des Präsidenten der Rektorenvereinigung Gaetano Manfredi bei der Vorstellung der Studie vor der Nationalen Parlamentarischen Antimafia-Kommission am 7. November: Speech Manfredi_ANTIMAFIA_COMMISSION

ANSA-Bericht

 

 

Die große Geldflut

Wie Reiche immer reicher werden

Ein Großteil der Milliarden, mit denen die EZB Banken rettet und Staaten stützt, landet an den Finanzmärkten und macht Reiche noch reicher, während Normalbürger zusehen, wie die Nullzinspolitik ihre Ersparnisse wegfrisst. Die Notenbanken dieser Welt betreiben eine Politik des billigen Geldes, allen voran die EZB. Experten warnen vor neuen Blasen. Und immer mehr Geld wandert weg von der realen Wirtschaft in den spekulativen Bereich. Droht eine neue Krise?

Lehrstunde in Kapitalismus

„Die Welt gehört einer unsichtbaren Gruppe“

Hans-Jürgen Jakobs* über die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus. Und diese Investoren, die ihr Geld in die Unternehmen investieren, haben die wahre Macht – „ganz einfach, weil sie die größten Summen einsetzen.“

 


Nach der US-Wahl wird die Welt politisch neu vermessen. In dieser herausfordernden Zeit bringt das Handelsblatt ein Buch heraus, das ein brisantes Thema in den Blick nimmt: die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus. Lehrstunde in Kapitalismus

*Hans-Jürgen Jakobs gilt als einer der renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands. 2013 begann er mit Kolleginnen und Kollegen des „Handelsblatts“, das er als Chefredakteur leitete, nach den „wahren Herren des Geldes“ zu suchen und sie zu porträtieren. Daraus wurde der Bestseller „Wem gehört die Welt? Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus“.

Die vereinten Mafien von Europa

Dossier der italienischen Tageszeitung Il fatto quotidiano“

Das Dossier bietet eine ausführliche Übersicht über die Infiltration der Europäischen Union durch die verschiedenen Mafien und Gruppen Organisierter Kriminalität. Die Autoren stützen sich dabei auf die bis Mitte 2017 von verschiedenen Institutionen erhobenen Daten. Über eine interaktive Karte gelangt man zur Situation in den einzelnen Ländern Europas und entdeckt, dass keines der Mitgliedsländer frei ist von Organisierter Kriminalität (OK)

Hier soll nur die Gesamtsituation kurz zusammengefasst und ein Blick nach Deutschland geworfen werden.

  1. Allgemeine Situation

In den 28 europäischen Mitgliedstaaten wird gegen ca. 5000 kriminelle Organisationen ermittelt. Die italieniscnen Mafien nehmen dabei eine zentrale Stellung ein (Europol). 7 von 10 Organisationen arbeiten transnational und gleichzeitig in mehreren Sektoren, der größte Sektor ist der Drogenhandel, der zweitgrößte der Menschenhandel, der drittgrößte der Handel mit gefälschter Ware. Die OK-Gruppen teilen sich dabei einen illegalen Markt von 110 Milliarden Euro (Transcrime).

Die illegalen Gewinne müssen dann gewaschen werden, um sie in den Kreislauf der legalen Wirtschaft einzuspeisen. Zu diesem Zweck haben sich spezialisierte Banden gebildet, die eine Provision von 5-8% des gewaschenen Geldes erhalten. Auf diese Weise wird schrittweise die Konkurrenz in der legalen Wirtschaft ausgehebelt. Illegales Geld wird vor allem durch Immobilienkäufe, im Baugewerbe, bei der Müllbeseitigung, aber auch durch Investitionen in erneuerbare Energien, durch Geldtransfer und im Glücksspielsektor gewaschen.

Die Autoren vergleichen die Situation in Europa mit Italien nach dem zweiten Weltkrieg, als allerseits geleugnet wurde, dass die Mafia existiere.

Und was tut Europa? Seit mindestens 10 Jahren beschließt das Europaparlament Papiere, die die europaweite Einführung des italienischen Gesetzes „416 bis“ (allein zur Mafia zu gehören ist strafbar – Anm. 1) und der Beweislastumkehr (Anm.2) fordern. – Bisher ohne Ergebnis. Auch die Arbeiten für eine europäische Staatsanwaltschaft werden von verschiedenen Ländern blockiert. Die wiederholten Ermahnungen der Ermittler, dass die Mafien mit ihrem gigantischen Geldvermögen die freie und legale Wirtschaft aushebeln können, werden systematisch ignoriert. Außerdem gibt es bisher keine einheitliche Definition von OK, die die komplexen und flexiblen Strukturen der OK angemessen beschreiben würde (Europol). Und eine Verpflichtung für die einzelnen Staaten, sich um eine Regelung zu bemühen, existiert nicht.

Wie sollen die Mafien wirkungsvoll bekämpft werden, wenn jeder Staat macht, was er will, und einige Staaten gar behaupten, das Problem existiere gar nicht?

Der Bericht führt verschiedene Länder auf, die sich gegen eine effektive Mafia-Bekämpfung sträuben, darunter Deutschland. Bisher müsse man sagen, dass Europa mehrfach wichtige Gelegenheiten verpasst hat, um sich ernsthaft mit der Bekämpfung der Mafien auseinander zu setzen (Studie des Projekts Ikarus 2016; Jahresbericht 2016 der DNA Italien). Da europäische Gesetze fehlen, wenden sich inzwischen Ermittler aus europäischen Ländern mit Amtshilfeverfahren an die Nationale Staatsanwaltschaft in Italien. Ersatz für ein fehlendes Gesetz im eigenen Land ist nun die Kooperation mit Italien, wobei die italienischen Behörden bald ihre Belastungsgrenze erreichen werden.

Es ist schwer zu begreifen, dass sich Europa stur gegen den „Königsweg“ zur Bekämpfung der Mafien wehrt, den Giovanni Falcone so formuliert hat: „Folgt der Spur des Geldes!“ Zwischen 1992 und 2016 hat der italienische Staat 21,3 Milliarden beschlagnahmt und 8,5 Milliarden konfisziert. Dass sich die Mitgliedstaaten diesen wahren Geldschatz – vor allem in Zeiten knapper Kassen – entgehen lassen, ist einfach unverständlich.

Wie verfälscht Europas Blick auf Antimafia-Maßnahmen ist, zeigt das Schicksal der 2012 eingerichteten Antimafia-Kommission CRIM. Da die drei Vorsitzenden alle aus Italien kamen (Sonia Alfano, Rosario Crocetta, Salvatore Jacolino), wurde die Arbeit dieser Kommission so wahrgenommen, als sollten hier von Italienern italienische Probleme gelöst werden. Inzwischen ist die Kommission aufgelöst. Die Europaparlamentarierin Laura Ferrara (Fünf-Sterne-Bewegung) erzählt, sie habe in Brüssel oft den Vorwurf gehört, dass die Gefahr durch die Mafien lediglich „eine fixe Idee von Italienern“ sei.

Ein weiteres Problem sind die großen Unterschiede in den Rechtssystemen. Eine anfangs angestrebte Harmonisierung scheint nicht möglich, und so ist die aktuelle Aufgabe Europas darin zu sehen, einen gemeinsamen Ausgangspunkt zu finden, von dem aus man wirkungsvoll gemeinsam das Problem der Mafien angehen kann. Im Moment können sich die Mafien und OK-Gruppen die „Löcher“ in der Gesetzgebung bestens zu nutze machen.

Uneins ist man sich auch über die Prioritäten: Der Direktor von Transcrime z.B. hält einen europäischen „416 bis“ für zweitrangig. Für ihn steht an erster Stelle eine einheitliche Gesetzgebung zur Beschlagnahmung und Konfiszierung von Mafia-Besitz, um die Grenzen zwischen kriminellem und legalem Kapital wieder sauber zu ziehen. Den „Rest“ könne eine verstärkte Kooperation der Polizeien und eine verbesserte Ausbildung der Polizei erledigen.

Ob mit diesem Vorschlag auch andere Probleme gelöst werden können? Z.B. die unterschiedlichen Regelungen für Maßnahmen der Ermittler (Datenspeicherung, Abhören von Telefonaten usw.), z.B. die in verschiedenen Ländern automatische Löschung von Vorstrafen nach wenigen Jahren, z.B. die offenen Grenzen Europas, die aber nicht für Polizeien und Staatsanwälte gelten (Anm.3), z.B. die in Italien gültige „Beihilfe zu Mafia-Vergehen“, die in anderen Ländern nicht bekannt ist.

(1) Zugehörigkeit zur Mafia ist ein Straftatbestand, ohne dass der Beweis durch ein begangenes Verbrechen geführt werden müsste; Und: Mafiabesitz kann beschlagnahmt und konfisziert werden.

(2) Bei der in Italien gültigen Beweislastumkehr muss der Beschuldigte beweisen, dass seine Einkünfte und sein Besitz aus legalen und nachweisbaren Quellen stammt.

(3) Behörden müssen bei grenzüberschreitender Kooperation zuerst ein Amtshilfeverfahren einleiten.

  1. Blick nach Deutschland

Die wichtigsten Mafien sind die `Ndrangheta, die türkische Mafia und russisch-sprachige Mafien (aus Georgien, Litauen, Russland).

Der Antimafia-Staatsanwalt Roberto Scarpinato aus Palermo warnte im April 2014: „Die Mafia in Deutschland will, dass die Deutschen denken, sie existiere nicht. Sie braucht keine Gewalt mehr anzuwenden, sie kann mit ihrem Kapital verführen. Länder wie Deutschland gehen ein hohes Risiko ein. Wenn man sich nicht für die Herkunft des Kapitals interessiert (…) dann ist die Ethik eines Volkes in Gefahr. (…) Deutschland muss entscheiden, ob es die Mafia haben oder bekämpfen will!“

Warum Deutschland ein Paradies für die Mafien ist:

  • Die Zugehörigkeit zur Mafia ist kein Verbrechen und die mafia-eigenen Firmen und Restaurants werden praktisch nie beschlagnahmt.
  • Das BKA kennt namentlich ca. 500 Mafiosi (300 `Ndrangheta, 100 Cosa Nostra und Stidda, 90 Camorra), geht aber von „mindestens 1200 Mafiosi“ aus, die in Deutschland Verbrechen begehen.
  • Die Mafia verdient mit legalen (Restaurants, Immobilienkauf) und illegalen Geschäften (Drogen, Waffen, Geldwäsche). Ein Ziel ist Geldwäsche und Investition von illegal erwirtschaftetem Geld, das andere Ziel ist die Kontrolle des Territoriums, indem z.B. die zum `Ndrangheta-Clan Grande Aracrì gehörenden Restaurants an strategisch wichtigen Punkten errichtet werden.
  • Mafia-Ermittlungen werden seit 1998 immer seltener, obwohl z.B. die Hochburgen der `Ndrangheta Baden-Württemberg, NRW, Hessen und Bayern sind.
  • Die deutsch-schweizerischen Ermittlungen „Crimine“, „Helvetia“ und „Rheinbrücke“ haben die Existenz von `Ndrangheta-Zellen bewiesen, die auch Initiationen durchführen (von der Polizei gefilmt in Singen 2009); da aber die Zugehörigkeit zur Mafia keine Straftat ist….
  • Eine der Hauptaktivitäten der `Ndrangheta ist die Gastronomie. Die Restaurants dienen als Logistik-Zentren, als Generalquartier für Treffen, als Knotenpunkt für Waffen- und Drogenhandel.
  • Die Cosa-Nostra-Operation „Scavo“ im Raum Köln, initiiert von der italienischen Polizei und mit durchgefüht von der deutschen Polizei, erwies, dass ein Mafioso aus Licata (Sizilien, Provinz Agrigent) den Auftrag hatte, die Baumafia im Raum Köln zu koordinieren: Es handelt sich um ein Netz von 430 Baufirmen, die alle von Strohleuten eröffnet worden sind.
  • Seit dem Attentat von Duisburg 2007 verfolgen die Mafien die Taktik der Unsichtbar-keit, um ihre guten Geschäfte in Deutschland nicht noch einmal zu gefährden. Laut BKA und LKA werden nicht nur Geschäfte mit Waffen, Drogen, Erpressungen, Falschgeld gemacht, sondern die Italienischen Mafien haben inzwischen auch Zugang zu staatlichen Bauaufträgen, sie infiltrieren den Nahrungsmittelsektor und das Gesundheitssystem, die Abfallbeseitigung – und sie beantragen öffentliche Gelder für diese Geschäfte.
  • Ein Ermittler: „In Politik und Polizei denken viele, sie hätten alles unter Kontrolle, dass die Mafia kein Problem sei. Ganz falsch! Die Mafien haben sich hervorragend ausgedehnt, sie sind schon in die Gesellschaft eingedrungen und schütteln den Leuten, die was zu sagen haben, die Hand: Politikern, Staatsanwälten, Polizisten, Journalisten…“

    Moderne Zeiten

„Paradise Papers“: Neue Enthüllungen zu Steuerschlupflöchern

Die Welt hat einen neuen Offshore-Affäre – die «Paradise Papers»
Mit den «Paradise Papers» gibt es eine neue Veröffentlichung zu Steueroasen, die sich aus 21 Quellen speisen und 13,4 Millionen Dokumente umfassen soll. Darin geht es um Weltkonzerne und auch um ein prominentes Mitglied der amerikanischen Regierung.

Globale Recherchen haben Steuertricks von Reichen, Prominenten und Konzernen enthüllt. Darunter sollen die Queen, Trump und Apple sein.

Liegt ein Teil des Privatvermögens der Queen in einem Steuerparadies in der Karibik? Wurde Donald Trumps Team von Putins Schwiegersohn finanziell unterstützt? Haben Facebook und Twitter Hunderte Millionen US-Dollar von russischen Finanzinstituten erhalten? Und welche Riesenkonzerne drücken sich darum, Steuern zu zahlen? Diese Fragen könnten die „Paradise Papers“ beantworten.

Nach den „Panama Papers“ gibt es eine neue Veröffentlichung zu Steueroasen, die sich aus 21 Quellen speisen. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, die dem Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ  angehört, geht es um Dokumente zu Briefkastenfirmen von einer auf den Bermudas gegründeten Anwaltskanzlei und einer Treuhandfirma in Singapur. Investigations/Paradise Papers
Neuer-Offshore-Skandal
Deutschlandfunk.de/Paradise Papers
Erneuter Steuerbetrug aufgedeckt

ICIJ

Frauen und Kinder leiden unter Korruption