„Sternstunde des Parlaments“: Bundestag beschließt Geschäftsgeheimnis-Gesetz

Der Bundestag hat das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet. Die Abgeordneten hatten zuvor gegen den Willen der Regierung einen starken Schutz von Journalisten und Whistleblowern durchgesetzt.

Justus von Daniels und Jonathan Sachse berichten

Trotz einiger Bedenken des Bundesjustizministeriums hat der Bundestag am Donnerstag kurz vor Mitternacht das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beschlossen. Das Gesetz war zunächst umstritten: es drohte, sowohl Whistleblower als auch Journalisten in ihrer Arbeit zu kriminalisieren.

Die Fraktionen der Großen Koalition und die Grünen bekannten sich jetzt zu einem starken Schutz für Journalisten und mehr Rückhalt für Whistleblower…Correctiv

Blackrock Miteigentümer von Deutsche Wohnen und Moody’s

Moody’s droht jetzt damit, die Kreditwürdigkeit Berlins abzustufen, wenn die Deutsche Wohnen enteignet wird.

Wegen dieser Enteignungsdebatte fürchtet Berlin um seine Kreditwürdigkeit.

Panik in Berlin: Weil eine Bürger­initiative Unterschriften dafür sammelt, Immobilienkonzerne wie die Deutsche Wohnen zu enteignen, könnte das Bundesland seine Bonität verlieren. Die Ratingagentur Moody’s droht damit, die Kreditwürdigkeit Berlins herabzustufen, sollte das Volksbegehren erfolgreich sein. Senat, Wirtschaft und Presse reagieren besorgt – und das zu Recht. Setzt Moody’s die Ankündigung um, muss das Land Berlin künftig höhere Zinsen auf Kredite zahlen. Der Spielraum für öffentliche Investitionen würde schrumpfen.

Und dass die Ratingagentur Ernst macht, ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Zumindest wäre es im Interesse ihrer Eigentümer: Die Fondsgesellschaft Blackrock ist größter Aktio­när der Deutschen Wohnen und mit 6,26 Prozent der Anteile gleichzeitig drittgrößter Aktionär bei Moody’s. Der Vermögensverwalter MFS ist ebenfalls bei beiden Unternehmen Großaktionär. Anders ausgedrückt: Über Moody’s warnen Finanzkonzerne das Land Berlin vor ihrer eigenen Enteignung.

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt. Berlin fürchtet um seine Kreditwürdigkeit

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt.

Die Ratingagentur Moody’s kritisiert die Debatte um die Verstaatlichung von Immobilienkonzernen. Der Finanzsenator ist besorgt, die Wirtschaft entsetzt. Die aktuelle Eigentümerstruktur von Moody’s… nasdaq.com

Harm Bengen

Steueroasen: Gemeinsame Schwarze Liste der EU zeigt Wirkung

Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen Union entschieden, welche Drittstaaten sie neu auf die Schwarze Liste der Steueroasen setzen und welche Länder zur weiteren Beobachtung auf der Grauen Liste verbleiben. Ziel der gemeinsamen EU-Liste ist es, eine verantwortungsvolle Steuerpolitik weltweit zu fördern und sicherzustellen, dass die internationalen Partner der EU die gleichen Standards einhalten wie die EU-Mitgliedstaaten.

Die Liste ist das Ergebnis eines Überprüfungs- und Dialogprozesses der EU-Ratsgruppe Verhaltenskodex Steuern mit Drittländern. Dabei bewerten die EU-Länder Drittländer nach Kriterien zu Steuertransparenz, fairer Besteuerung, Umsetzung von OECD BEPS-Maßnahmen und Prüfung der ökonomischen Substanz von Steuergestaltungen für Null-Steuer-Länder.

Am 5. Dezember 2017 hatten die EU-Mitgliedstaaten die erste EU-Liste nicht kooperativer Drittländer präsentiert, die seither mehrmals angepasst wurde. Zuletzt befanden sich noch Amerikanisch-Samoa, Guam, Samoa, Trinidad und Tobago sowie die amerikanischen Jungferninseln auf der Schwarzen Liste, weil sie sich weigerten mit der EU zusammenzuarbeiten oder Mängel zu beheben. Die Graue Liste umfasste 63 Drittländer: EU list of tax havens Die heute verabschiedete Schwarze Liste führt zusätzlich zu den bisherigen fünf Ländern auch Aruba, Barbados, Belize, Bermuda, Dominica, Fidschi, Marshallinseln, Oman, Vanuatu und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

„Die Schwarze Liste wirkt. 60 Steueroasen haben angefangen, ihre schädlichsten Steuergesetze zu ändern oder abzuschaffen. Über 100 Steuergesetze werden derzeit weltweit verbessert. 35 Staaten haben zugesagt, in Steuerfragen transparenter zu werden. Das ist ein erster Erfolg der Schwarzen Liste. Das zeigt: Wenn die EU zusammenarbeit, kann sie etwas gegen die weltweite Steuervermeidung bewirken.

Inakzeptabel ist, dass die Schweiz auf der Schwarzen Liste fehlt und einen weiteren Aufschub bekommt, obwohl sie die Kriterien erfüllen. Es ist offensichtlich, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der Bewertung von Drittstaaten politische Doppelstandards anwenden. Frappierend ist, dass die wichtigsten Steueroasen der Welt gar nicht auf der Schwarzen Liste auftauchen. Mit angemessen Bewertungskriterien würden auch die größten Offshore-Finanzzentren wie die Britischen Jungferninseln, Kaimaninseln und Bahamas auf der Schwarzen Liste landen. Zur wirksamen Bekämpfung von Steuerdumping müssen die Mitgliedstaaten tatsächlich Sanktionen gegen Drittstaaten verhängen. Das ist rechtlich möglich und muss genutzt werden.

Um international glaubwürdig zu bleiben, muss die EU zuerst die Messlatte für ihre eigenen Mitgliedstaaten hochsetzen. Die neuesten Länderberichte der EU-Kommission zum Europäischen Semester listen aggressive Steuergestaltungsmodelle in mehreren Mitgliedstaaten auf. Einige EU-Mitgliedstaaten qualifizieren sich selbst für die Schwarze Liste. Sie halten nicht einmal die schwachen Steueroasen-Kriterien für Drittländer ein. Nullbesteuerung von Gewinnen ist im EU-Recht leider erlaubt und auch eine Prüfung der ökonomischen Substanz von Steuergestaltungen ist nicht zwingend vorgeschrieben. Das neue Bewertungskriterium der Transparenz über wirtschaftliche Eigentümer von Unternehmen muss spätestens ab Juni konsequent angewandt werden.”
Zehn neue Steueroasen

Die EU hat weitere Länder auf ihre schwarze Liste der Steuerparadiese gesetzt – darunter Bermuda, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman…Süddeutsche

Wie Russland Europa zur Geld-Waschanlage macht

Das Reich von Wladimir Putin ist weltweit eine der größten Quellen von Schwarzgeld in der EU.

Der größte Geldwäscheskandal aller Zeiten erschüttert Europas Finanzsektor: Nordische Banken haben hunderte Milliarden Euro aus Russland gewaschen. Deutsche Bank, Commerzbank und andere Institute leiteten das Schwarzgeld weiter. Und die EU-Länder drücken die Augen fest zu.

Hannes Vogel berichtet: Wenn sich jemand mit schmutzigem Geld aus Russland auskennt, dann Bill Browder. Als Chef der britischen Investmentfirma Hermitage Capital hat sich der Banker schon in den Neunzigern auf die russischen Märkte spezialisiert. Und Bekanntschaft mit Russlands größtem Problem gemacht: 230 Millionen Dollar hätten korrupte Beamte dem russischen Staat mithilfe seiner Firmen gestohlen, behauptet Browder. Sein Anwalt Sergej Magnitski, der den mutmaßlichen Betrug aufgedeckt hatte, starb 2009 nach Misshandlungen in russischer U-Haft. Putin-Kritiker Boris Nemzow, der die Aufklärung von Magnitskis Tod forderte, wurde 2015 in Sichtweite des Kremls hinterrücks erschossen.

EU-Länder wollen Moskau nicht weiter reizen

 

Das Land, in dem der „Troika Laundromat“ viele seiner Briefkastenfirmen unterhielt, wollte die EU-Kommission übrigens zusammen mit Saudi-Arabien und vier US-Territorien nun erstmals auf die schwarze Liste gegen Geldwäsche setzen. Doch die EU-Länder, darunter Deutschland, kuschten vor Riad und Washington und lehnten den Vorstoß in dieser Woche einstimmig ab.

„Ein Geschenk für Finanzkriminelle“ nennt Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold die Entscheidung. „Statt die Liste weichzuspülen, sollte die EU-Kommission auch Russland, Aserbaidschan, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Geldwäschestaaten aufnehmen.“

Tatsächlich hat Brüssel Putins Reich zusammen mit 53 anderen Ländern, darunter China, die Ukraine und die Schweiz, schon lange in die engere Auswahl genommen. Wenn die EU-Länder aber bereits beim Versuch, Panama und Saudi-Arabien an den Pranger zu stellen, auf die Barrikaden gehen, kann man sich vorstellen, wie groß der Widerstand erst bei Russland werden dürfte: Das Land ist wichtigster Öl- und Gaslieferant der EU und bereits ohnehin ein mächtiger Kontrahent im Ukraine-Krieg, im Syrien-Konflikt und im Nahen Osten.

Schwer vorstellbar also, dass Berlin, Rom und Paris Moskau mit der schwarzen Geldwäsche-Liste weiter provozieren werden. Die EU-Kommission scheint deshalb bereits einzulenken: „Wir müssen eine Liste zustande bringen, die volle Unterstützung erhält“, sagt Justizkommissarin Vera Jourova. Im Kreml dürfte sich Wladimir Putin schon die Hände reiben….NTV

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

 

Die unheimliche Macht der Berater

Vier Firmen. Fast eine Million Mitarbeiter weltweit. Aktiv in mehr als 180 Ländern. Ein Umsatz von fast 130 Milliarden Euro pro Jahr.

Man nennt sie die „Big Four“: die vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt. Diese vier Firmen prüfen weltweit die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne. Und sie prüfen Konzerne nicht nur, sie beraten sie auch – unter anderem wie man Steuerschlupflöcher in Gesetzen nutzen kann. Und schließlich beraten sie auch noch die Politik, die diese Gesetze macht. Kaum einer hat so viel Einblick. Sie haben Herrschaftswissen. Sie haben Macht.

Untersuchungen zu Verwicklung in Steuerskandale
Sie beraten Unternehmen und Regierungen und haben Herrschaftswissen: die vier weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Schätzungen gehen von bis zu einer Billion europaweit entgangenen Steuern aus. Bei den Steuersparmodellen großer Konzerne spielen die Berater eine Schlüsselrolle, meint die britische Parlamentarierin Margaret Hodge. Sie hat zahlreiche Untersuchungsausschüsse geleitet, in denen die Verwicklung der Big Four in Steuerskandale analysiert wurde: „Hinter dieser massiven Steuervermeidungsindustrie steckt ein System. Wenn sie es verstehen wollen, müssen Sie die Rolle der Beraterfirmen unter die Lupe nehmen. Allen voran die Big Four“.

In einer umfangreichen Recherche wollen Reporter von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung herausfinden: Wie mächtig sind diese Beraterfirmen wirklich? Wie arbeiten sie genau? Und welche Rolle spielen sie im schier endlosen Kampf gegen Steuerflucht?
Vier Firmen prüfen die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne. Und sie beraten sie auch. …..Die unheimliche Macht der Berater

Vier Firmen prüfen die Bilanzen nahezu aller multinationalen Konzerne.

Ein Film von Michael Wech, Georg Wellmann, Massimo Bognanni, Petra Nagel, Petra Blum, Lena Kampf und Katja Riedel

Die unheimliche Macht der Berater

Die Infiltration der Mafien in die legale Wirtschaft

Dies der Titel eines Kongresses, der anlässlich der Vorstellung des Buches
Das Unternehmen in der sog. „Grauzone“ von Stefania Pellegrini (Universität Bologna)
im Sitz der RAI Sicilia abgehalten wurde. Unter den geladenen Experten auch der Generalstaatsanwalt von Palermo, Roberto Scarpinato, der die aktuelle Situation folgendermaßen beschreibt:

Eingangs warnt der Staatsanwalt davor, den Fehler zu begehen, die Mafien mit der Brille von vor 25 Jahren zu betrachten. Die makropolitische und makroökonomische Lage habe sich in diesem Zeitraum durch große historische Umwälzungen wie den Untergang des Kommunismus, die Globalisierung und die Einführung des Euro gravierend verändert. Damit sei auch das bisherige Gleichgewicht einzelner Länder erschüttert und verändert worden.

Auch die Mafien mussten sich neu orientieren. Kurz gesagt, die Mafien hätten den Weg „dalla violenza al consenso“ genommen, also den Weg von der Anwendung von Gewalt zur Zustimmung durch Politik, Wirtschaft und Bevölkerung, den Weg zur „Gesellschaft als Komplize“. “Wir stehen heute einer Mafia in den Märkten gegenüber, die zu einer strukturellen Komponente des globalen Kapitalismus geworden ist. In Italien sperren wir weiterhin kleine und große Erpresser ein, was auf lokaler Ebene natürlich essentiell ist. Aber gleichzeitig wäre es wichtig zu begreifen, dass die eigentliche Schlacht auf der makro-politischen Ebene geschlagen wird.“

Wie gehen die Mafien in den Märkten vor?

Die Mafien verstehen sich heute als Service-Zentrum für Leute mit Geldproblemen: Ob es darum geht, eine Firma vor dem Aus zu retten, die Produktionskosten zu senken oder den Profit zu vergrößern (z.B. durch „kostengünstige“ Müllbeseitigung, durch gefälschte Rechnungen, durch eigens aus dem Nichts gestampfte Briefkastenfirmen) – um diese Bedürfnisse zu befriedigen, wendet man sich heute an die Mafia. Nachfrage nach Drogen, nach Prostituierten, nach billigen Arbeitskräften? Auch hier kann die Mafia helfen! Und dies gilt nicht nur für Italien, sondern weltweit: „Da sind die Millionen von neuen Reichen in China, die in Indien, in den Schwellenländern, die nicht nur einen Ferrari fahren, sondern überhaupt ein Leben wie im Westen führen wollen. Es gibt also weltweit eine ungeheure Nachfrage, und die am besten entwickelten Mafien haben sich in Agenturen für illegale Dienstleistungen und Güter verwandelt.“

Die Rolle Europas

Dass die Mafien ihre Aktivitäten ins europäische Ausland verlagert haben, lasse sich leicht erklären: Die Möglichkeiten Gewinne zu machen sind ungleich größer als in Italien und das Risiko einer Beschlagnahmung des Kapitals gehe gegen Null: „In den europäischen Staaten wurde gerade mal 1% des Gesamtumsatzes der Mafien beschlagnahmt. Außerdem finden sich die großen Steuerparadiese ebenfalls in Europa, denken wir nur an Malta oder die City of London.“

„Außerdem hat die EU 2014 festgelegt, dass für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts auch die Umsätze durch Drogenhandel und Prostitution hinzugerechnet werden müssen. Denn sie halten die Wirtschaft am Laufen. Das gilt nicht für die Umsätze durch Erpressungen, denn sie machen den Unternehmer ärmer, und das bedeutet einen Schaden für die europäische Wirtschaft.“ Er beklagt, dass es in Europa niemanden interessiere, ob an Geld Blut klebe. Und er behauptet, dass die Geldwäsche inzwischen überholt sei: „Die neuen Mafien in den Märkten wollen ihr Geld nicht mehr in den Banken verstecken, sie werden selber zu Banken. Man kauft beispielsweise kleine Banken im Osten, die dann in den großen Banken aufgehen, und so finden sie den Weg ins Top Management.“

Der Kapitalismus heute verhandle die Beziehung der Wirtschaft zur politischen Macht neu und diktiere der Politik ihre Agenda. Man brauche nur in den Nachrichten darauf zu achten, wie oft gesagt wird „Die Märkte brauchen, die Märkte verlangen, die Märkte fordern“. Und er fragt sich, wer denn diese Märkte seien, von denen ständig die Rede ist. Das seien etwa 200 Monopole, die über so viel Geld verfügten, dass sie den Zusammenbruch eines Landes herbeiführen, den Spread nach oben treiben und deshalb der Politik ihre Agenda diktieren können.

Abschließend zitiert Roberto Scarpinato einen einflussreichen Mafiaboss, den er in einem kanadischen Gefängnis vernommen hat. Der habe ihm Folgendes gesagt: „Sehen Sie, dottore, die Welt hat sich vollkommen verändert. Früher kontrollierte die Politik die Wirtschaft, heute diktiert die Wirtschaft der Politik die Agenda. Wir sind das schwarze Herz der Wirtschaft, aber auf jeden Fall sind wir – Wirtschaft.“

Roberto Scarpinato

Whistleblower stehen vor folgenreicher Wahl

Manchmal stinkt’s zum Himmel – und trotzdem will niemand wahrhaben, dass etwas faul ist. Doch es gibt immer wieder Menschen, die den Mund aufmachen und Missstände anprangern. Oft genug mit folgenschweren Konsequenzen.

Martin Porwoll hat seinen Chef in den Knast gebracht und damit Menschenleben gerettet. Er ist ein Whistleblower – und wie viele Hinweisgeber hat er einen hohen Preis bezahlt: Seine Glaubwürdigkeit wurde lange angezweifelt, er verlor seinen Job, wird bis heute auch als Verräter und Nestbeschmutzer gesehen. Dennoch sind Ermittler auf Menschen wie Porwoll angewiesen; gerade bei Wirtschaftskriminalität haben die Fahnder sonst kaum eine Chance. Unter welchen Umständen Whistleblower „singen“ dürfen, ist jetzt auch Thema auf EU-Ebene – und könnte entscheidend dafür sein, ob Verbrechen künftig ans Licht kommen oder weiter vertuscht werden.

Bei Whistleblowing geht es um das Aufdecken und Weitergeben von Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider, die meist als Mitarbeiter einen privilegierten Zugang zu Informationen haben. Nicht immer sind die Fälle so spektakulär wie der von Edward Snowden, der als ehemaliger US-Geheimdienstler die NSA-Affäre aufgedeckt hat.Stuttgarter Zeitung .

Einer Studie der Ethics & Compliance Initiative aus dem Jahr 2016 zufolge erfährt die Hälfte aller Hinweisgeber in Deutschland Vergeltungsmaßnahmen. Das kann von Mobbing über Aufgabenentzug und Versetzungen bis zur Diskreditierung der eigenen Person oder fadenscheinigen Kündigung gehen.

Laura Codruta Kovesi als Leiterin der EU-Staatsanwaltschaft nominiert

Europaparlament votiert für rumänische Anti-Korruptionskämpferin als erste Leiterin der Europäischen Staatsanwaltschaft

Soeben haben die Ausschüsse des Europaparlament für Inneres und für Rechnungsprüfung Laura Codruta Kovesi als Leiterin der EU-Staatsanwaltschaft nominiert. Kovesi war bis Juli 2018 Leiterin der anti-Korruptionsbehörde in Rumänien und überführte viele führende Politiker der Korruption, darunter auch Liviu Dragnea, Vorsitzender der regierenden rumänischen Sozialdemokraten. Die Entscheidung für Kovesi fiel gegen den Widerstand der Sozialdemokraten und der Mehrheit der Liberalen in den Ausschüssen. Dies entspricht der aggressiven Kampagne der sozialdemokratisch-liberalen Koalition in Rumänien gegen die rumänische Kandidatin. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat und Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans sowie der liberale Fraktionsvorsitzende Guy Verhofstadt hatten dagegen die rumänische Regierung für die Absetzung von Kovesi als Korruptions-Bekämpferin und Maßnahmen zur Schwächung der unabhängigen Justiz kritisiert. Grüne, Christdemokraten (EVP) und Rechtskonservative (EKR) unterstützten Kovesi von Anfang an.

Das Votum der Ausschüsse muss noch von der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden an den Rat geschickt werden. Der Rat hatte knapp den französischen Kandidaten Jean-Francois Bohnert unterstützt. Kovesi hatte im Rat nur den zweiten Platz erreicht. Parlament und Rat müssen sich gemäß Artikel 14 der Verordnung über die EU-Staatsanwaltschaft einigen, wer als erstes die Leitung der europäischen Staatsanwaltschaft übernehmen soll. Die neue Behörde soll nächstes Jahr ihre Arbeit aufnehmen und beim Missbrauch von EU-Geldern sowie Umsatzsteuer- und Zollbetrug ermitteln. 22 EU-Mitgliedstaaten nehmen inzwischen an der verstärkten Zusammenarbeit teil, 6 allerdings nicht, darunter Ungarn und Polen.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Kovesi ist eine exzellente Wahl. Kovesi ist eine glaubwürdige und standhafte Vorkämpferin für Rechtsstaatlichkeit in Europa. Das Votum zeigt: Das Europaparlament meint es ernst mit dem Schutz von EU-Geld vor Missbrauch. Es gab eine aggressive Kampagne zur Verhinderung von Kovesi durch die rumänischen Sozialdemokraten und Liberalen. Der Widerstand der Sozialdemokraten und Liberalen im Europaparlament gegen Kovesi weckt Zweifel wie ernsthaft sie die Parteifreunde in der rumänischen Regierung in die Schranken weisen wollen. Parteiloyalität scheint bei einigen Sozialdemokraten und Liberalen über den europäischen Werten zu stehen. Mit der negativen Haltung der Sozialdemokraten gegenüber Kovesi bekommt Frans Timmermans ein Glaubwürdigkeitsproblem. Timmermans hatte als Spitzenkandidat und für Rechtsstaatlichkeit zuständiger Kommissions-Vizepräsident Kovesis Absetzung kritisiert. Wenn es ernst wird, scheinen auch die Liberalen ihre kritischen Worte gegenüber Rumäniens Regierung nicht in Taten umzusetzen. Obwohl Guy Verhofstadt seit Wochen scharfe Worte an Rumäniens Regierung richtet, haben die Liberalen sich gegen Kovesi gewandt.

Die EU-Mitgliedstaaten sollten dem unabhängigen Auswahlkomittee und dem Europäischen Parlament folgen und der Kandidatin Kovesi zustimmen statt der rumänischen Regierung, die gerade de facto versucht Korruption zu legalisieren.”..
Sven-Giegold.de

Cleaning up |
The Economist

 

Deutschland stellt sich gegen besseren Whistleblower-Schutz

Das EU-Parlament will Whistleblowern besser schützen und hat dafür einen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Doch Deutschland will der Vorlage nicht zustimmen.

Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, legte die EU-Kommission im April 2018 einen Vorschlag zum besseren Schutz der Hinweisgeber vor. Dieser sieht für Whistleblower zunächst jedoch einen internen Beschwerdeweg innerhalb der eigenen Firma vor, ehe sie sich im zweiten Schritt an eine öffentliche Behörde wenden können. Danach erst sollen sie sich an die Öffentlichkeit – etwa an Medien – richten können….

Image result for Justizministerin Katarina BarleyJustizministerin Katarina Barley blockiert den bestmöglichen Schutz für Whistleblower in Europa“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold der dpa. Barley müsse den Weg für vollen Schutz freimachen – unabhängig vom internen Beschwerdeweg.

Am Dienstagabend scheiterte die Suche nach einem Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament, kommende Woche wollen die Unterhändler abermals verhandeln….Faz

https://altoday.com/archives/19364-martha-roby-strengthening-protections-brave-whistleblowers

 

Gefährdet die neue EU-Richtlinie Whistleblower?

Wie schützt die EU Whistleblower?
ZAPP-Caroline Schmidt

Eigentlich sollen mit einer geplanten EU-Richtlinie Whistleblower geschützt werden – doch einige Politiker verwandeln es geradezu in eine Anti-Whistleblower-Richtlinie.

Whistleblower werden oft wie Kriminelle verfolgt
Luxleaks, Panama Papers, Paradise Papers, FootballLeaks – hinter all diesen Enthüllungen stecken Whistleblower, die zum Teil unter beträchtlichem Druck schmutzige Steuerdeals von Großkonzernen, illegale Briefkastenfirmen in Übersee und Steuerhinterziehung im großen Stil aufgedeckt haben. Von der Öffentlichkeit werden sie dafür als Helden gefeiert, während sie von der Justiz in ihren Heimatländern wie Kriminelle verfolgt werden. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament haben deshalb einen Richtlinienvorschlag auf den Weg gebracht, mit dem sie Whistleblower in Zukunft vor Strafverfolgung bewahren wollen.
Neue Richtline soll Informanten schützen – könnte aber alles verschlimmern

„Wenn eine Information im öffentlichen Interesse ist“, so der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold, „dann sollte der Whistleblower geschützt sein.“…
Kaum Schutz für Whistleblower

Background Doc
CoL Recommendation Whistleblower

Editorial Pestke Whistleblower

EU KOM Mitteilung Whistleblower
RL-Entwurf EU KOM
Übersicht Länder Whistleblowerschutz

Whistleblower EU aktueller Stand

dstv.de/europarecht

W-T-W Women and Finance Frage:  „Wie ist die rechtliche Situation von international, investigativ tätigen Journalisten und Whistleblowern in der EU?“

Antwort:
Bundes-Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 

https://www.cio.com/article/2985780/staff-management/changing-the-whistleblower-retaliation-culture.html