Kritik am Reformpapst – inzwischen auf Stammtischniveau

In einer Welt, in der Rechtsbrüche, Gewalt, Verbrechen, Lügen, Finanzskandale und hemmunslose Habgier die Herrschaft übernommen zu haben scheinen, ist der Papst eine positive Gegenkraft. Er sieht sich Kritik und Anfeindungen ausgesetzt.

Anfang Februar tauchen in Zentrum von Rom anonyme Poster auf, die einen finsteren Papst Franziskus zeigen und im Textteil Maßnahmen des Papstes kritisieren:
 

 

 

 

 

 

(etwa): „Hallo Franz, du hast Bruderschaften unter kommissarische Leitung gestellt, Priester abgesetzt, dem Orden von Malta und den Franziskanern der Immacolata die Führung genommen, du hast Kardinäle ignoriert… Wo bleibt da deine Barmherzigkeit?“ Der Text ist mit Anklängen an den römischen Dialekt formuliert, so als ob hier das Volk von Rom spräche. Die DIGOS (Sektion der Staatspolizei) hat Ermittlungen aufgenommen und geht jedoch davon aus, dass die Autoren im Kreis der Kurie zu suchen sind.

Die Unterstützer des Papstes im Vatikan spielen den Vorfall herunter und tun nichts. Der Vatikan-Experte des „fattoquotidiano“, Marco Politi, meint jedoch, dass es sich hierbei um eine genau geplante brutale Attacke der Papstgegner im Vatikan handele und dass es ein gravierender Fehler sei, sie zu ignorieren, denn sie richte sich gegen die zentralen Punkte von Franziskus`Reformen: gegen den direkten Kontakt zwischen Papst und Volk und gegen das Herzstück seiner Politik, die Barmherzigkeit,

Die Methoden, mit denen hier versucht wird, den Papst und sein Vorgehen lächerlich zu machen, so der Autor, erinnern an die tweets von Donald Trump oder an die Beleidigungen, die in den Fußballstadien an der Tagesordnung sind. Letztendlich sei dies der Versuch, den Papst auf Stammtischniveau herabzuwürdigen.

Außerdem, so Politi, sei dieser Vorfall im Zusammenhang mit der weltweiten Kritik am Papst zu sehen, die ihm vorwirft, ein Demagoge, ein Populist, ein Kommunist, ein Feminist, ein Ketzer zu sein. Der Vorfall sei ein wirklich alarmierendes Zeichen dafür, dass der Krieg im Innern derkatholischen Kirche inzwischen mit brutaler Gewalt geführt wird.

Deshalb sei die Linie des Papstes, eine solche Attacke einfach zu ignorieren, völlig falsch. Es gehe nämlich nicht nur um die Person des Papstes, sondern auch um den Teil der Kirche weltweit, der Reformen wünscht.
Der Widerstand gegen Papst Franziskus wird immer offener ausgetragen

Waldemar Mandzel
www.w-t-w.org/en/waldemar-mandzel

Der Widerstand gegen Papst Franziskus wird immer offener ausgetragen

In einer Welt, in der Rechtsbrüche, Gewalt, Verbrechen, Lügen, Finanzskandale und hemmunslose Habgier die Herrschaft übernommen zu haben scheinen, ist der Papst eine positive Gegenkraft, die unbedingt vorgestellt werden muss.papa-francesco

Immer häufiger melden sich die Kritiker,
oder besser gesagt die Feinde des
„Reformpapstes“ Franziskus zu Wort.

Marco Politi, Vatikanexperte und Verfasser des Artikels auf il fatto quotidiano, spricht sogar von einem Bürgerkrieg im Innern der Kirche, der sich vor allem um gegensätzliche Vorstellungen dreht, Vorstellungen über die Aufgabe der Kirche und von dem, was als Sünde betrachtet werden muss.

Vier Kardinäle haben Mitte November einen Brief an den Papst veröffentlicht, den sie „zur Kenntnis“ auch an den Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Müller geschickt haben. Darin beschuldigen sie Franziskus, mit seinem Dokument „Amoris laetitia“ (in dem auch der Weg zur Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen geöffnet wird) nur Unsicherheit und Verwirrung bei den Gläubigen hervorgerufen zu haben.

In diesem Brief, der sich wie eine Kriegserklärung an den Papst liest, behaupten die vier Kardinäle, dass durch die Betonung des Gewissens, wie sie Franziskus in diesem Dokument formuliert, „Ehebruch eine Tugend, Mord legal und Wortbruch obligatorisch“ werden könnten. Höchst besorgniserregend ist das totale Schweigen der Vertreter der kirchlichen Hierarchien. Kein einziger, der sich bisher berufen fühlt, die Position des Papstes zu verteidigen.

Zwei der Verfasser des Briefes gehören zur Kurie: Walter Brandmüller und Raymond Burke, die zwei anderen sind emeritierte Erzbischöfe großer Diözesen: der von Papst Wojtyla und Ratzinger sehr geschätzte Carlo Carfarra, und Ratzingers Intimus Joachim Meisner.

Sie sind nur die Spitze eines Eisbergs, denn die Kritik an Franziskus’ Reformkurs und die Beschädigung seiner Autorität haben sich in den letzten beiden Jahren in weiten Teilen der katholischen Kirche ausgebreitet:

Vor der Synode 2014 schrieben fünf Kardinäle ein Buch zur Verteidigung des Sakraments der Ehe. Dann meldeten sich ebenfalls 11 renommierte Kardinäle aus aller Welt in einem weiteren Buch zu Wort. 800 000 Katholiken, darunter 100 Bischöfe, unterschrieben eine Petition mit dem Ziel, die Reformen zu stoppen. Zu Beginn der Synode 2015 schrieben 13 Kardinäle an den Papst und zweifelten die Rechtmäßigkeit der Sitzungsleitung an.

Diesem systematischen Widerstand begegnen die Reformbefürworter nur mit Furcht und Zaghaftigkeit. Bei der Abstimmung zur Synode „zur Familie“ 2015 hat die konservative Mehrheit des weltweiten Parlaments der Bischöfe gegen die Reformvorschläge gestimmt.

Danach meldete sich eine große Gruppe von Kardinälen, Bischöfen, Priestern, Theologen und Laien mit einer Erklärung zum Sakrament der Ehe zu Wort. Kurz darauf ging beim Kardinalskollegium ein anonymes Schreiben von 45 Theologen ein, in dem behauptet wurde, gewisse Interpretationen von „Amor Laetitiae“ könnten als ketzerisch angesehen werden.

Die Medien, so Marco Politi, unterschätzten massiv die Reichweite und die Explosionskraft der Anti-Franziskus-Bewegung im Innern der Kirche, während Kirchen-Experten davon sprechen, dass Franziskus in der katholischen Kirche völlig isoliert sei, dass es im 20. Jahrhundert noch nie einen solchen Aufstand gegen einen Papst gegeben habe. Ziel der Kritiker, so der Verfasser, sei die Zeit nach Franziskus. Man versuche auf alle Fälle zu verhindern, dass der nächste Papst die von Franziskus installierten Reformen weiter umsetzen könne.

Il Santo Padre Papa Francesco nell' Aula Paolo VI durante la commemorazione del 50/mo anniversario dellistituzione del Sinodo dei Vescovi, Roma 17 Ottobre 2015. Pope Francis arrives in the Paul VI hall at the Vatican for a meeting marking the 50th anniversary of the creation of the Synod of Bishops, Vatican, Oct. 17, 2015. ANSA/GIUSEPPE LAMI

 

Papst Franziskus kämpft für Legalität

Der Kämpfer im Vatikan: Papst Franziskus und sein mutiger Weg

Andreas Englisch arbeitet seit 1987 als Vatikan-Korrespondent für den Springer-Verlag in Rom und hat schon mehrere Bücher über die verschiedenen Päpste veröffentlicht. Sein zweites Buch über Papst Franziskus (Jorge Mario Bergoglio mit bürgerlichem Namen) „Franziskus – der Kämpfer im Vatikan“ beschäftigt sich vor allem mit den revolutionären Maßnahmen, die Bergoglio seit seiner Wahl zum Papst (März 2013) getroffen hat.

Fast 30 Jahre Arbeit in Rom, in unmittelbarer Nähe zum Vatikan und zu den Päpsten Johannes Paul II., Benedikt und Franziskus, das bedeutet Kontakt zu unzähligen Leuten, die entweder im Vatikan arbeiten oder in enger Verbindung zur Kurie und zum jeweiligen Papst stehen, darunter auch namentlich genannte Größen der italienischen Politik (z.B. Giulio Andreotti, Licio Gelli u.a.), aber auch anonym bleibende Mitglieder des römischen Hochadels, Kardinäle, Bischöfe und Mitarbeiter der mittleren Ebene der Kurie.

Das Buch ist so spannend, dass man es kaum aus der Hand legen möchte. Spannend – auch für kirchenferne Leser – sind zunächst einmal die Beschreibungen der revolutionären Einstellungen und Maßnahmen, die mit dem derzeitigen Papst verbunden sind. Die Wahl des Papst-Namens „Franziskus“ ist Programm. Wie sein Vorbild, der heilige Franz von Assisi, Nationalheiliger Italiens, sieht Bergoglio die Rolle der katholischen Kirche darin, den Armen, den Besitzlosen zur Seite zu stehen, statt die Privilegien der Reichen und derer, die sich für eine Elite halten (wie z.B. die Kurie im Vatikan)zu verteidigen. Tatsächlich lebt er dieses Programm als Papst vor: Er weigert sich z.B., im Apostolischen Palast zu residieren, bezieht zwei Zimmer im einfachen Gästehaus des Vatikans und speist in der Mensa für die Vatikan-Mitarbeiter. Als Zeitungsleser nimmt man ein solches Beispiel für den Lebens- und Regierungsstil des argentinischen Papstes zur Kenntnis und denkt vielleicht voller Anerkennung, dass der Papst Ernst macht mit seinem Bekenntnis zur Armut. Andreas Ernst aber schildert auch die Konsequenzen: Der Papst ist für jeden Mitarbeiter ansprechbar; die Mensa als traditioneller Umschlagplatz für Informationen liefert ihm Wissen über sehr vieles, was in der Kurie vor sich geht. Franziskus lässt sich nicht durch einen alles regelnden Mitarbeiterstab isolieren, wie das unter Benedikt der Fall war. Während vorher ein Präfekt entschied, wer Zugang zum Papst erhielt, bestimmt jetzt Bergoglio selber, wen er sprechen möchte. Will er telefonieren, greift er selber zum Hörer, so sei es einmal dazu gekommen, dass er auf seine Meldung „Hier spricht der Papst“ als Antwort erhielt: „Und ich bin der Kaiser von China“.

Das kleine Zimmerchen neben der Pforte, in dem Franziskus jetzt seine Gäste empfängt, soll nicht nur Bescheidenheit demonstrieren, sondern die Botschaft übermitteln, dass jetzt nicht mehr die äußere Form zähle, sondern der Inhalt der Gespräche. Dass der Autor das Innere des Vatikans bestens kennt, aber genauso auch die Denkweisen und die Vorliebe für symbolische Gesten, zeigt z.B. der Vergleich des jetzigen Audienzraums mit dem Weg durch den Apostolischen Palast, den frühere Gäste zurücklegen mussten, bis sie im Audienzsaal angekommen waren. Im Angesicht von solcher Pracht und Herrlichkeit, der der Gast auf seinem Weg begegnete, konnte er sich bei seiner Ankunft nur noch voller Demut und im Gefühl völliger Bedeutungslosigkeit vor dem Papst auf die Knie werfen. Eine solche Machtdemonstration liegt Franziskus fern.

Spannend sind auch die Ermittlungen, die der Autor anstellt, um zu begreifen, weshalb der Papst seine Weihnachtsansprache an die Kurie 2014 in eine bitterböse Strafpredigt verwandelte, in der er den Kardinälen unter anderem „spirituellen Alzheimer“ vorwarf. Der Weg führt den Autor über mehrere Informanten, mit denen er verschiedene Hypothesen diskutiert, bis er zu einer plausiblen Erklärung für die große Wut des Papstes gelangt.

Eine drängende Frage unmittelbar nach der Wahl Bergoglios war: Wie wird er es mit der Vatikan-Bank (IOR) halten? Wird er, anders als seine Vorgänger, sich den Skandalen stellen und die einzelnen Vorgänge und die darin verwickelten Personen genau unter die Lupe nehmen? Diese Kapitel machen ein Viertel des Buches aus und lesen sich wie ein Kriminalroman. Wenn der Papst die Botschaft des Jesus von Nazareth „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“ ernst nahm, dann musste er sich diesem Problem stellen. Die europäische Bankenaufsicht Moneyval hatte die Vatikanbank als „hochgradig kriminell“ eingestuft und sie der Geldwäsche verdächtigt. Und es ist allgemein bekannt, dass die IOR an dem betrügerisch herbeigeführten Zusammenbruch des Banco Ambrosiano (Mailand) vor 25 Jahren beteiligt war, durch den 1,1 Milliarden Dollar Kundengelder vernichtet worden waren. (Der Vatikan hat später Verantwortung übernommen, in dem er eine Entschädigung von 247 Millionen an die Gläubiger zahlte). Ein Paradestück des Buches ist der Besuch des Autors bei einem Fürsten, der von ihm, einem deutschen Journalisten, wissen will, was der Papst bezüglich der Vatikanbank vorhat. Die Unterredung selber ist für den Autor ein völliges Rätsel, und erst als einer seiner Freunde das Wort für Wort von Englisch wiedergegebene Gespräch dechiffriert, wird einiges klar. Das soll aber hier nicht verraten werden.

Die Schilderungen der Ereignisse gehen bis zum September 2015 und enden mit den Vorfällen um die „Grüne Enzyklika“, durch die die Papstgegner in der Kurie aller Welt demonstrierten: Wir sind mit diesem Papst nicht einverstanden! Damit findet ein durch-gängiges Thema seinen Abschluss: Die Feindschaften, die sich Franziskus durch seine Reformen zugezogen hat und die möglicherweise, so Englisch, zu einer Kirchenspaltung führen könnten: Er spielt den Gedanken durch, dass sich Benedikt mit Kardinälen zusammentun und eines Tages Franziskus exkommunizieren könnte, weil er „nicht katholisch“ sei, das heißt, weil er gemeinsame Sache mit „Ketzern“ mache, weil er das Sakrament der Ehe nicht anerkenne, weil er den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche nicht teile (Benedikt hatte stets wiederholt, nur als Katholik komme man ins Paradies), weil er die Kurie abgestraft hat (der Papst hat u.a. die bisher automatische Immunität für Vatikanangehörige abgeschafft), weil er Freundschaft mit anderen Kirchen und den Freikirchen wolle und den Islam achte. Der Autor ist der Meinung, dass den Papst bisher nur die Zustimmung und die Verehrung durch die weltweite Öffentlichkeit vor Schlimmerem geschützt hat.

Das Buch ist wirklich lesenswert. Man bekommt einen viel präziseren Eindruck von den Vorgängen im Vatikan als durch die Lektüre von einzelnen Nachrichten, die man unter tausend anderen Informationen von den Medien erhält. Englisch erzählt emotional, oft mit salopper Sprache und immer wieder mit Humor von seinen Recherchen im Vatikan. Er verhehlt nicht seine persönliche Bewunderung für den Papst aus Argentinien. Erfrischend ist seine unkomplizierte Haltung gegenüber italienischen Verhaltensweisen. Dadurch dass er immer wieder auch seine Überlegungen mitteilt, wie er in einer bestimmten Situation strategisch am besten vorgehen könnte, um an die von ihm gewünschte Information zu kommen, entsteht der Eindruck, unmittelbar am Geschehen beteiligt zu sein.
Das letzte Kapitel listet die von Franziskus eingeführten Neuerungen noch einmal in neun Punkten auf. Der Schlusssatz besteht aus einem Gebet, in dem Englisch dem Papst den Beistand Gottes wünscht. Ich habe dem Autor dieses persönliche Bekenntnis abgenommen.Der Kämpfer im Vatikan: Papst Franziskus und sein mutiger WegAndreas Englisch – Franziskus, der Kämpfer im Vatikan 2015 (374 Seiten)

Vatikanbank Rücktritt wegen Investmentfonds in Luxemburg

Italien: Zum ersten Mal geht die Staatsanwaltschaft gegen eine Bank vor.

Die Staatsanwaltschaft von Palermo nennt als Begründung für ihr Vorgehen gegen die Bank „Senatore Pietro Grammatico“ von Paceco (Provinz Trapani in Sizilien) die zahlreichen Vergehen gegen Geldwäsche-Gesetze, die Verfilzung mit Cosa Nostra und Freimaurer-Logen. antimafiaduemila.com

Die Ermittlungen gingen zunächst von den Beziehungen aus, die die Bank auch heute noch zu einem Mafioso (genannt „der Professor“) und seiner Familie unterhält. Dieser war schon 2002 wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung nach Art der Mafia verurteilt worden. Nach Aussagen von Kronzeugen gehöre „der Professor“ zu den mächtigsten Mafiosi im Raum von Paceco, im Hause seines Vaters habe ein Treffen zwischen dem heute meistgesuchten Mafioso in Italien Matteo Messina Denaro, Giovanni Brusca (heute Kronzeuge) und dem Mafioso Nicola Di Trapani stattgefunden. Der Bruder des „Professors“ war übrigens bei der Bank angestellt.

Bei den Ermittlungen setzte die Finanzpolizei eine spezielle Analyse-Software „Molecula“ ein, die neben Personen der Verwaltung und Bankkunden auch Personen identifizierte, die lediglich „Verbindungen“ zur Bank unterhalten. Die Software ermittelte darunter Personen mit Vorstrafen „wegen Mafia“ oder Personen, die in engem Kontakt stehen mit Personen, die ebenfalls schon einmal „wegen Mafia“ verurteilt wurden. Von 1600 Gesellschaftern oder Angestellten der Bank hatten 326 Probleme mit der Justiz, 11 davon wegen Vergehen im Rahmen der Antimafia-Gesetzgebung. Außerdem wurden verschiedene Konten ermittelt, die auf den Namen von nicht existierenden Personen eingetragen waren.

Man stieß auch auf eklatante Verstöße der Bank gegen die Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung. Z.B. hatte die Schwägerin eines Mafioso (heute Kronzeuge) im Jahre 2008 120 000 Euro in bar abgehoben. Als die „Banca D’Italia“ (1) nach einer erfolgten Inspektion Begründungen für diese gegen das Gesetz verstoßende Aktion verlangte, antwortete das Geldinstitut, dass die Barabhebung genehmigt worden sei, da „man den Charakter der Klientin bestens kannte und da man sich damals in einer Finanzkrise befunden habe“. Der Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers habe der Kundin Angst gemacht und sie veranlasst, ihr Kapital lieber in bar unter der Matratze verstecken zu wollen.
Ein weiterer merkwürdiger Vorgang war die Aufnahme eines Kredits über 237 000 Euro durch eine Person, die für die Staatsanwaltschaft im begründeten Verdacht steht, zur Mafia zu gehören. Die Bank genehmigte den Kredit und setzte fest, die Rückzahlung – und zwar von lediglich 135 000 Euro! – werde über 10 Jahre verteilt erfolgen. Auch in diesem Fall bestehen verwandtschaftliche Verbindungen: die Tochter des Kreditnehmers ist Angestellte der Bank.

Außerdem sei die Bank, so der ermittelnde Staatsanwalt von Palermo Lo Voi, unter anderen von Personen gegründet, geführt und verwaltet worden, die im Kontakt mit Mafia-Kreisen stünden oder zumindest als mafia-nah bezeichnet werden müssten.
Auch die zahlreichen Verbindungen zu Freimaurer-Logen (2) im Raum Trapani erwecken das Interesse der Ermittler. Staatsanwalt Lo Voi hat deshalb die „Verwaltung der Bank durch die Justiz“ für ein halbes Jahr beantragt und genehmigt bekommen.

(1) Italienische Zentralbank, die u.a. für Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und von Terrorismus-Finanzierung verantwortlich ist.

(2) Trapani und Provinz sind eine Freimaurer-Hochburg: Dort gibt es 19 offizielle Logen mit 500 Mitgliedern. Nicht erfasst sind die „okkulten“ Logen und deren Mitglieder.
Alte Dame versteckt Bargeld unter der Matratze

Bewegt sich da etwas in Brüssel?

EuropaparlamentDas Europaparlament in Straßburg hat am
7. Oktober die Resolution der Fünfsterne-Bewegung, angenommen, die ein einheitliches europäisches Vorgehen gegen Organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche verlangt.

 

„Die OK ist eine Plage, die ganz Europa betrifft, nicht nur Italien.“ – so die Referentin der Resolution Laura Ferrara (Fünfsterne-Bewegung – die größte Konkurrenz für den in Italien regierenden Partito Democratico). Mit 545 Jastimmen, 91 Gegenstimmen und 61 Enthaltungen hat das Parlament in Straßburg eine Resolution verabschiedet, die auf die Einsicht aller 28 Mitgliedsstaaten setzt, dass eine effektive Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, der Korruption, der Geldwäsche nur mit einem einheitlichen, europaweit gültigen Aktionsplan möglich ist. Auch wenn der Weg zu einer einheitlichen Gesetzgebung in diesem Bereich noch weit ist, ist ein erster Schritt gemacht.

Der Text enthält vor allem folgende Vorschläge:

1. Europaweit soll die Möglichkeit der Beschlagnahmung von Besitz ausgedehnt werden auf die sog. „vorsorgliche Beschlagnahmung“.

2. Der Schutz der Whistleblower soll bis Ende 2017 geregelt werden.

3. Die Personen, denen Geldwäsche, Korruption und andere schwere Verbrechen nachgewiesen sind, sollen sich in Zukunft nicht mehr für ein Amt in Öffentlichem Dienst und Politik bewerben können – und das gilt dann auch für Ämter in den Institutionen der EU.

4. Die Kommission soll eine schwarze Liste erstellen, auf die alle Unternehmen gesetzt werden, die erwiesenermaßen Verbindungen zur OK haben oder in Korruptionsfälle involviert sind. Damit soll ihnen die Möglichkeit genommen werden, Verbindungen zum Öffentlichen Dienst aufzunehmen oder zu unterhalten und Gelder aus Europäischen Töpfen zu beantragen.

5. Bei Europol soll eine Spezialeinheit geschaffen werden für die Bekämpfung von kriminellen Banden, die „gleichzeitig in mehreren Sektoren tätig sind“.

6. Die bisherigen Anstrengungen, den Umgang mit eingefrorenen und beschlagnahmten Besitztümern zu regeln, sollen intensiviert werden. Geklärt werden soll, wie deren Wiederverwendung zu regeln sei: Sie müsse sozialen Zwecken dienen und eine Entschädigung für die Familien der Opfer und für Unternehmen vorsehen, die Opfer von wucherischen Darlehen und von Erpressung geworden sind.
Ilfattoquotidiano.it
Laura Ferrante:  Beppegrillo.it
organized-crime

Die Mafia sitzt in Spanien mit am Tisch!

Rosy Bindi, Präsidentin der italienischen Antimafia-Behörde in Rom, hat nach vielen Bemühungen erreicht, dass die spanischen Restaurant-Kette „La Mafia“ mit inzwischen ca. 40 Restaurants in ganz Spanien ihren Namen ändern muss.

Seit dem Jahr 2000 werden immer neue Filialen unter dem Namen „La Mafia“ eröffnet, die italienische Küche bieten und u.a. mit den Slogans werben „Die Mafia sitzt mit am Tisch“, „Die Mafia schafft Arbeitsplätze“ (Über 400 Leute arbeiten inzwischen bei der Kette).

Es mutet schon absurd an, dass Antimafia-Behörde und italienische Botschaft in Madrid mit ihrer inhaltlichen Beschwerde 2014 keinen Erfolg hatten, als sie argumentierten, dass die Namensgebung der Restaurant-Kette ein europaweit aktives Verbrechersyndikat verharmlose und fragten „Wie würden die Spanier es finden, wenn man in Italien Trattorien aufmachte, die die Terroristen der Eta verherrlichten?“ Der Erfolg kam erst, als Italien sich an das Amt für Geisteseigentum in der EU wandte und den Einspruch so begründete: Der Name Mafia beschädige den Ruf der italienischen Küche und sei mit moralischen Prinzipien nicht vereinbar!

Nun muss nicht nur der Name der Kette geändert werden, auch die Bilder von bekannten Mafia-Bossen müssen abgehängt werden. Es braucht neue Ideen, wie man schon kleine Kinder statt mit „Mafia-Bonbons“, mit Kinderschürzen mit der Aufschrift Little Chef La Mafia“ und einer Spiel-Ecke (Zona Infanti – Per los Piccolinos de la Mafia) zu einem weiteren Besuch animieren könnte. Auch die zahlreiche Menus, die nach Mafia-Bossen benannt sind, müssen jetzt umgetauft werden. Repubblica.it

Spanien hat bereits Widerspruch gegen die Entscheidung der EU eingelegt.

Ob dieser Erfolg der Antimafia-Behörde der Mafia völlig egal ist, wie manch einer überlegt, darf bezweifelt werden. Immerhin lässt sich doch europaweit eine Strategie erkennen, Mafia als sizilianische Folklore zu verharmlosen und vielmehr zum Trend zu erheben. Die Musik-CDs „Il canto di malavita“ – Musik der Mafia z.B. werden in Deutschland fleißig beworben, während Vertrieb und Verkauf in Italien verboten sind, weil in den Texten Mafia-„Werte“ und z.B. die Ermordung des Carabinieri-Generals Carlo Alberto Dalla Chiesa verherrlicht werden – und die Begleitmusik lädt ein zum Tarantella-Tanzen!
Musica della Mafia

Auch das in großen Hotels deutschlandweit angebotene MafiaMusical verbindet wie die spanische Restaurant-Kette ein italienisches Menu mit „interaktiven“ Mafia-Spielen, während in der Schweiz zu einer Mafia-Party eingeladen wird („Mafia-Dresscode!!!“).

Nicht zu vergessen deutsche und amerikanische Reisebüros, die bei ihrer Sizilienreise ein Mafia-Kostümfest auf dem Programm haben, die „Wohnen bei der Bestie“ (gemeint ist der Boss der Bosse aus Corleone, Totò Riina) anbieten oder einem Sohn Riinas erlauben, seinen Vater als den besten aller Väter darzustellen, obwohl dieser nicht nur hunderte Morde angeordnet, sondern auch die Attentate auf die Antimafiarichter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino organisiert hat.ristorante-la-mafia

Don Luigi Ciotti für seinen Kampf gegen die Mafien in aller Welt ausgezeichnet

Don Luigi Ciotti, katholischer „Straßenpriester“, Gründer und Leiter der weltweit aktiven Dachorganisation „Libera“*, die sich der Erziehung zur Demokratie, zur Menschlichkeit und dem Kampf gegen die Mafien verschrieben hat, wird in Augsburg für sein Engagement und sein Handeln ausgezeichnet.

Dass er in Deutschland einen Preis erhält, dem Land, das bei der Aufzählung aller Länder, in denen sich Libera-Leute engagieren, nicht genannt werden kann, weil es hier keine Libera-Organisation gibt – das ist Anlass zu großer Freude!  (Allerdings gibt es in Berlin einen Partner-Verein „Mafia? Nein danke!“)  Dank an die Jury!

Augsburg, 20. Oktober, 19 Uhr: Im voll besetzten Goldenen Saal des Augsburger Rathauses beginnt der Festakt anlässlich der Verleihung des „Mietek-Pemper-Preises für Versöhnung und Völkerverständigung“ der Universität Augsburg an den italienischen Priester Don Luigi Ciotti.

Der ehemalige KZ-Häftling Mietek Pemper, nach dem der Preis benannt ist, hatte dem Unternehmer Oskar Schindler wichtige Informationen gegeben, mit deren Hilfe dieser seine berühmte Liste erstellen und damit etwa 1200 bei ihm angestellten Zwangsarbeitern das Leben retten konnte. Dass der Preis der Versöhnung und Völkerverständigung gewidmet ist, erscheint mir persönlich ehrenwert, aber nicht unbedingt logisch. Pempers Handeln ist doch eher von mutigem Einsatz, vom Kampf gegen eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, gegen menschenverachtende Gewalt gekennzeichnet.

Aktives Handeln, unkonventionelles Denken, die Bereitschaft, sich um des Zieles willen auch gegen massive Widerstände aus der Gesellschaft durchzusetzen, das, so der Vertreter der Jury Dr. Georg Haindl, seien die Kriterien für die Vergabe des Mietek-Pemper-Preises. Sie verbänden den Namensgeber mit dem diesjährigen Preisträger Don Luigi Ciotti.

Petra Reski, in Italien lebende Schriftstellerin, Journalistin und Mafia-Expertin, begann denn auch ihre Laudatio mit dem persönlichen Erlebnis, wie sie den Preisträger in Rom im Rahmen eines jährlich statt findenden Libera-Kongresses kennengelernt hat: Sie stellte uns Don Ciotti und seine Leute als die „Generalstäbe der Antimafia“ vor, die im normalen Leben Schüler, Studenten, Lehrer, Journalisten, Priester, einfache Bürger seien, die den ungleichen Kampf gegen die Mafien aufgenommen haben, d.h. Suche nach der Wahrheit, Erziehung zu demokratischen Werten, zu einer demokratischen Kultur. Sie kämpften mit Argumenten gegen die Autobomben, die Kalaschnikows, die Milliarden-Gelder und die Komplizen der Mafien in Politik, Öffentlichem Dienst, Wirtschaft und Banken. Kein Wunder also, dass Don Ciotti der bestbewachte Priester Italiens sei.

Don Luigi Ciotti betonte in seiner Dankesrede, dass der Preis (10 000 Euro) nicht an ihn als Einzelperson, sondern an die in seiner Organisation engagierten Mitglieder gehe. Er schilderte u.a. die Genese des italienischen Gesetzes zur Beschlagnahmung von Mafia-Besitz, bei der „Libera“ eine entscheidende Rolle gespielt hat. Mit einer Unterschriftensammlung habe „Libera“ erreicht, dass das seit 1982 bestehende Gesetz „Rognoni-La Torre“ 1996 dahingehend ergänzt wurde, dass der vom italienischen Staat eingezogene Besitz „sozialen Zwecken“ zugeführt werden muss. So sei es möglich geworden, auf ehemaligen Mafia-Grundstücken Libera-Kooperativen zu gründen, die den Menschen vor Ort legale Arbeitsplätze böten. So entstünden die „mafia-freien“ Bioprodukte wie Wein, Pasta und anderes mehr, die von den Coop-Supermärkten in Italien verkauft werden.

Don Ciotti griff auch die in der italienischen Gesellschaft vorhandene Debatte auf, die es ablehnt, berühmte Vertreter der Antimafia als „Helden“ zu bezeichnen und sie damit auf einen (vom Normalbürger nicht erreichbaren) Sockel zu stellen, weil sie eben vielmehr ein Beispiel dafür seien, dass jeder einzelne seinen Mut zusammenraffen und sich engagieren kann. Er schloss mit einem Appell an jeden einzelnen, nicht wegzusehen, sondern aktive Mitverantwortung zu übernehmen für alles, was sich vor unseren Augen abspielt.Funkhaus

 

Don Luigi Ciotti* für über 1600 Organisationen und Vereine

Mafiabesitz beschlagnahmen – und dann?

Die italienische Nachrichtenagentur Ansa meldet am 10.Oktober: „Der Präfekt Umberto Postiglione, Direktor der Nationalen Agentur für die Verwaltung und Nutzung der der Organisierten Kriminalität konfiszierten Besitztümer hat in Palermo am 10. Oktober 101 Besitztümer an verschiedene Bürgermeister der Provinzen Palermo und Trapani übergeben, darunter Gebäude, Appartements und Grundstücke, die nun für institutionelle und soziale Zwecke bestimmt sind.“.. Antimafiaduemila.com/

So müssen sich das die Väter des Gesetzes Rognoni-La Torre (von 1982) gedacht haben, als sie die Beschlagnahmung von Besitz überführter Mafiosi zum Gesetz erhoben.

Aber es gibt auch Probleme:
Da ist zum einen die beträchtlich zunehmende Zahl der Beschlagnahmungen, was zunächst doch ein höchst erfreulicher Umstand ist. Nach Angaben des Justizministeriums haben in den vergangenen 4 Jahren die Beschlagnahmungen in den südlichen Regionen um 72% zugenommen, mit Schwerpunkten in den großen Städten wie Palermo, Neapel, Reggio Calabria, Bari, Rom, gefolgt von den Städten Bologna, Mailand und Turin in Zentral- und Norditalien. Unter den eingezogenen Mafia-Besitztümern rangieren Immobilien an 1. Stelle (45,9%), gefolgt von beweglicher Habe wie Fahrzeuge aller Art und Patente (36,8%). An dritter Stelle mit 11,4% stehen Geldanlagen wie Wertpapiere, Aktien, Schecks. Den letzten Rang nimmt die Beschlagnahmung von Firmen ein (ca. 7%)

Aber: Unter 153 000 beschlagnahmten Gütern waren im Dezember 2015 nur 4 % einer konkreten Nutzung durch neue Eigentümer zugeführt.

Besitztümer, die an staatliche Behörden übergeben wurden (60 %), beherbergen nun vor allem Carabinieri, Polizei und Finanzpolizei. Sind Kommunen die neuen Besitzer (59%) steht die Nutzung für soziale Zwecke im Vordergrund, z.B. als Vereinslokale, Jugendhäuser, Seniorenzirkel usw., der Rest dient Zwecken der öffentlichen Verwaltung (Notunterkünfte, Büroräume, Raume für Schulen usw.) .. Avvisopubblico.it

Der sinnvolle Umgang mit konfisziertem Mafiabesitz ist also offensichtlich nicht gerade unkompliziert.

Die vom Gesetz vorgesehene „Rückerstattung“ dieser von den Mafien illegal der Gesellschaft gestohlenen Besitztümer gilt nicht unangefochten als oberstes Ziel der staatlichen Maßnahmen. Einzelne Politiker befürworten aus verschiedenen Gründen deren öffentliche Versteigerung, was nach Meinung von Antimafia-Experten den Mafien die beste Gelegenheit böte, sich erneut in den Besitz der eingezogenen Güter zu bringen – die Mafien können jeden Preis bezahlen. Bei den einer neuen Verwendung zugeführten Immobilien zeigt sich, dass die Erhaltung und Pflege der Gebäude nicht immer garantiert ist. Und was macht man mit illegalen Bauwerken? Abreißen? Soziale Einrichtungen in einem ohne Baugenehmigung errichteten Gebäude unterbringen? Sind ganze Firmen beschlagnahmt worden, stellt sich vor allem die Frage, wie man den Fortbestand der Firma ermöglichen und die Arbeitsplätze sichern kann.

Nicht zuletzt ergibt sich die Frage „Wie korrekt gehen die entsprechenden Beamten mit der Verwaltung des konfiszierten Besitzes und der Festlegung neuer Eigentümer vor?“ In Palermo wurde in diesem Jahr die mit diesen Aufgaben betraute Richterin mit 3 Kollegen vom Dienst suspendiert. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf Korruption, Induktion, Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat – ein herber Schlag für die gesamte Antimafia-Bewegung in Italien. Wie der italienische Justizminister Orlando unlängst feststellte, habe die Richterin mit ihrem Vorgehen nicht nur ihre persönliche Glaubwürdigkeit geschädigt, sondern auch das Prestige und die Würde der gesamten Richterschaft.  Palermotoday.it

„Keine Geschenke an die Mafien! Die beschlagnahmten Güter sind „Unsere Sache“
Confisca

Angst vor der Mafia?

Den folgenden News-Artikel veröffentlichen wir aus der Überzeugung heraus, dass der beste Schutz für Leute, die sich gegen Erpressungen und Drohungen wehren, Öffentlichkeit und Transparenz ist. Es ist dabei egal, ob es sich um einfache Angestellte in einem Betrieb handelt, die sich nicht zum Komplizen für illegale Vorgänge machen lassen wollen, oder ob es sich um den Oberstaatsanwalt von Palermo handelt, der von Cosa Nostra „zum Tode verurteilt“ worden ist.

Dazu Überlegungen aus Italien:

Salvatore (genannt Totò) Riina, Boss der Bosse, Boss der Corleonesi, der Cosa Nostra aus Corleone, seit 1993 in Haft.  Content.time.com

Salvatore genannt Toto RinaTotò Riina, abgehört im Gefängnis beim Gespräch mit dem Boss Lorusso:

„Dieser Staatsanwalt von diesem Prozess macht mich noch verrückt! Ich krieg’ eine solche Wut! Ich möchte wissen, warum die Bevölkerung keinen Staatsanwalt umbringen will. (…) Die bilden sich darauf was ein. Ja wirklich, die sind stolz darauf, weil die Bevölkerung sie schützt, ihnen hilft! …“Ilfattoquotidiano.it

paolo-borsellino Der Antimafiarichter Paolo Borsellino, von der Mafia am 19. Juli 1992 mit seiner Eskorte ermordet: Partecipiamo.it

„Es ist normal, dass jeder Mensch Angst hat. Das Wichtigste dabei ist, dass die Angst begleitet wird von Courage. Man darf sich nicht von der Angst überwältigen lassen, sonst wird die Angst zum Hindernis, das uns daran hindert, weiter zu gehen.“ Aforismi.meglio.it

Antonio Montinaro Antonio Montinaro, Chef der Eskorte des Richters Falcone, im Alter von 30 Jahren am 23. Mai 1992 von der Mafia bei Capaci ermordet.

Ich habe immer gesagt, jeder der meiner Tätigkeit nachgeht, hat die Möglichkeit zu wählen: zwischen der Angst und der Feigheit. Angst haben wir alle. Wer Angst hat, der träumt auch. Wer Angst hat, der liebt auch. Wer Angst hat, der weint auch, sie ist ein normales menschliches Gefühl. Es ist die Feigheit, die man nicht versteht. Und sie darf in der Sicht eines Menschen auf die Welt keine Rolle spielen. Ich habe Angst wie alle Menschen… zweifellos – Aber ich bin kein feiger Drückeberger!angst

Alarmstufe rot für den Ankläger im Prozess zur „trattativa“ *

Angst vor der Mafia?
Den folgenden News-Artikel veröffentlichet W-T-W Women and Finance aus der Überzeugung heraus, dass der beste Schutz für Leute, die sich gegen Erpressungen und Drohungen wehren, Öffentlichkeit und Transparenz ist. Es ist dabei egal, ob es sich um einfache Angestellte in einem Betrieb handelt, die sich nicht zum Komplizen für illegale Vorgänge machen lassen wollen, oder ob es sich um den Oberstaatsanwalt von Palermo handelt, der von Cosa Nostra „zum Tode verurteilt“ worden ist.

Der Oberstaatsanwalt von Palermo, Nino Di Matteo, der im Prozess zur „trattativa“ die Anklage vertritt, lebt seit 2014 mit dem Bewusstsein, dass er von dem in Opera einsitzenden Boss der Bosse, Totò Riina, zum Tode verurteilt worden ist. Aus dem Gefängnis heraus hatte Riina den Todesbefehl gegeben – so versteht man in Italien die abgehörten Äußerungen Riinas, der sicherlich wusste, dass seine Unterhaltungen mit einem Boss der Sacra Corona Unita im Hof des Gefängnisses mitgeschnitten wurden. Die Sicherheitsstufe für den Staatsanwalt wurde daraufhin auf die höchste Stufe angehoben.

Aus den Aussagen des Kronzeugen Vito Galatolo 2014 geht hervor, dass die für dieses Attentat bestimmten 150 kg Dynamit schon in Palermo versteckt seien. Außerdem sprach Galatolo von einem Plan B, falls ein Attentat in Palermo nicht möglich sei: Er sieht vor, Di Matteo in Rom mit einer Kalaschnikow zu erschießen. „Di Matteo hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt“, so Galatolo. Außerdem habe „man“ der Cosa Nostra versprochen, dass das Attentat auf den Palermitaner Staatsanwalt nicht so ausgehen werde wie die Attentate auf die Antimafia-Richter Falcone und Borsellino. Die Mafiosi, die die Attentate 1992 ausgeführt hatten, sind längst verurteilt und inhaftiert, während die Staatsanwaltschaften immer noch versuchen (z.B. im Prozess in Palermo) die Beteiligung von Vertretern des italienischen Staates nachzuweisen. Jetzt sei die Situation eine völlig andere: Cosa Nostra habe eine sichere Deckung durch die Politik. Diese Aussagen werden bestätigt von drei anderen Kronzeugen, die wie Galatolo für glaubwürdig gehalten werden.

Die Gefährdung des Oberstaatsanwaltes erhält nun eine neue Dimension: In einem abgehörten Gespräch zwischen einem Palermitaner Mafioso und seiner Frau beklagt sich die Frau über die Unvorsichtigkeit ihrer Schwiegermutter, die die Enkelin wiederholt in den Tennisclub TC2 gebracht habe, obwohl sie ihr das strengstens untersagt hatte. Das sei schließlich der vom Oberstaatsanwalt frequentierte Tennisclub – „und der soll doch umgebracht werden“. Aus der weiteren Unterhaltung geht hervor, dass nicht nur der Tennisclub als möglicher Ort des Attentats vorgesehen ist, sondern auch andere Punkte der Stadt, in denen der Staatsanwalt anzutreffen sei.

Außer diesem Gespräch gibt es weitere Elemente, die nun den Leitenden Oberstaatsanwalt von Palermo, Francesco Lo Voi, veranlasst haben, den CSM (oberste Behörde der italienischen Richterschaft) zu informieren. Um die „Aula Bunker“ herum – der Hochsicherheits- Gerichtssaal, in dem der Prozess zur trattativa abgehalten wird – sind die Sicherheitsmaßnahmen massiv verschärft worden Außerdem hat man Di Matteo „aus Sicherheitsgründen“ offenbar eine Stelle in der Nationalen Antimafiastaatsanwaltschaft in Rom angeboten – während man seine zwei Bewerbungen für eine solche Stelle noch unlängst abgewiesen hatte. Auch dies ein Zeichen, dass die Behörden die Situation als sehr ernst einschätzen. Antimafiaduemila.com

*Der Prozess in Palermo untersucht die Verhandlungen zwischen italienischen Staatsvertretern und (schon verurteilten) Bossen der Cosa Nostra. Im Zusammenhang mit diesen Verhandlungen müssen auch die Ermordung der beiden Antimafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992 gesehen werden.

Der Oberstaatsanwalt Nino Di Matteo, Ankläger im Prozess zur „trattativa“ in Palermo
Der Oberstaatsanwalt Nino di MatteoVideo: Antimafiaduemila.com
Quelle: Antimafiaduemila.com

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