Italien: Tod der „Bestie“ – Wie angemessen reagieren?

Am 18.11.2017 ist Salvatore (oder Totò) Riina aus Corleone, genannt „die Bestie“, aber auch „Boss der Bosse“, im Alter von 87 Jahren im Gefängnis von Parma gestorben. 26 Urteile zu lebenslänglich wurden gegen ihn ausgesprochen, die Zahl der Opfer, die auf sein Konto gehen, ist nicht genau auszumachen, sie geht in die Hunderte. Richter, Polizisten, Politiker, Rivalen im Innern von Cosa Nostra, aber auch völlig Unbeteiligte hat er persönlich umgebracht oder er hat dafür gesorgt, dass sie ihm aus dem Weg geräumt wurden. Sein Blutrausch gipfelte in den Attentaten gegen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino (1992) und in den terroristischen Anschlägen in Rom, Mailand und Florenz (1993).

Wie geht man nun mit dem Tod eines solchen Mitbürgers um?

  1. Der italienische Staat verfährt zweigleisig: Einerseits wurde den engsten Angehörigen am 17.11. noch gestattet, vom Ehemann und Vater Abschied zu nehmen, was eigentlich bei einem Gefangenen zu den Bedingungen des 41 bis (das Gesetz regelt die verschärften Haftbedingungen für Terroristen und hochkriminelle Mafiabosse) nicht gestattet ist. In völlig anderer Weise wird das Begräbnis organisiert: Vorgesehen war eine schnelle Bestattung mitten in der Nacht. Da die Fähre Neapel-Palermo aber verspätet anlegte, musste die Beerdigung auf den Morgen verschoben werden. An Riinas Grab trafen sich lediglich Ehefrau Ninetta Bagarella und drei der vier Kinder (Anm.1), Carabinieri und Polizei, Medienvertreter und wenige Neugierige mussten draußen bleiben Dieses Mal hat der Staat verhindert, dass der Tod eines Mafiabosses für eine Machtdemonstration ausgeschlachtet wurde – wie noch vor zwei Jahren in Rom, als der Boss des Clans Casamonica als „König von Rom“ und unter den Klängen aus dem Film „Der Pate“ zu Grabe getragen wurde.


 

  1. Die Medien beschreiben mehrheitlich das Leben des schwestkriminellen Verbrechers. Der „Corriere“ z.B. beschreibt die wichtigsten Morde, die zu den 26 Urteilen „lebenslänglich“ geführt haben. Andere Zeitungen interviewen Experten, wie es nach dem Tode Riinas, der wohl bis zum Schluss – auch aus dem Hochsicherheitsgefängnis heraus – von den Mafiosi als oberster Boss betrachtet worden ist, im Innern von Cosa Nostra weitergehen könnte.
  2. Für den Vatikan äußert sich der Erzbischof von Monreale (zu dieser Diözese gehört Corleone) Michele Pennisi: „Keine richtige Beeridung für Totò Riina! Er ist exkommuniziert.“ (Anm. 2) „Ich fürchte bloß, dass sein Grab zu einem Wallfahrtsort wird. Es gibt Leute, die nach Corleone kommen, um das Haus des „Paten“ zu besichtigen. In einem Hotel waren Amerikaner, die eine Diashow zu dem Attentat von Capaci sehen wollten. Und wie ich höre, organisiert der Sohn eines Mafiabosses Touren für Touristen (Anm.3) Wer weiß, was er den Leuten da erzählt!“
  3. Am meisten hat mich aber der Vorschlag von Alfredo Morvillo überzeugt, der meint: „Es hätte doch eine Kurznachricht genügt: Gestorben Totò Riina, oberster Boss der Cosa Nostra.“

Alfredo Morvillo arbeitet als Staatsanwalt in Trapani. Seine Schwester Francesca Morvillo Falcone kam mit ihrem Mann Giovanni Falcone im Attentat von Capaci um.

Anm.1 Ein Sohn sitzt wegen Mord im Gefängnis

Anm. 2 Papst Franziskus hat ausdrücklich Mafiosi und Korrupte exkommuniziert.

Anm. 3 Es handelt sich dabei um einen Sohn des Mafiabosses Bernardo Provenzano, der für ein amerikanisches Reiseunternehmen Führungen in Corleone macht.

 

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