Negativ Zinsen – Aufbewahrungs – Strafgebühren

Grenzen der quantitativen Lockerung
Negative Zinsen – also gewissermaßen Aufbewahrungs- oder Strafgebühren – sind bei Bundesanleihen mit kurzen und mittleren Laufzeiten schon länger zu beobachten. Jetzt hat es auch die Benchmark-Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit, die als der Gradmesser für deutsche Staatsanleihen gelten, erwischt. Ihre Renditen sind erstmals in ihrer Geschichte in den Minusbereich abgetaucht. Am deutschen Anleihemarkt ist damit ein neuer Tiefpunkt erreicht.Die ersten Euro-Unternehmensanleihen mit Minusrenditen sind aufgelegt worden. Bei Euro-Staatsanleihen wird das Angebot zulässiger Papiere allmählich knapp.

Andreas Uhlig berichtet: Negativzinsen breiten sich an den Kapitalmärkten immer weiter aus. Hatte im Juni die Rating-Agentur Fitch die Gesamtsumme der Staatsanleihen mit laufender Minusrendite auf 11,7 Bio. $ veranschlagt, übertreffen Schätzungen jetzt bereits die Summe von 13 Bio. $. Und immer mehr Unternehmensanleihen handeln mit negativer Rendite. Anfang September sollen sie über einen Viertel des Sektors für in Euro denominierte Investment-Grade-Anleihen ausgemacht haben.

Nun sind vergangene Woche erstmals auch negative Renditen am Euro-Primärmarkt für Anleihen nichtstaatlicher Unternehmen aufgetaucht – ein von Beobachtern als historisch bezeichnetes Ereignis. Der Konsumgüterkonzern Henkel und der Pharmakonzern Sanofi emittierten Anleihen über 500 Mio. € beziehungsweise 1 Mrd. € jeweils mit einem Coupon von 0% und – bei Emissionspreisen über pari – einer Rendite von –0,05%. Die hohe Nachfrage von Investoren wird mit den noch grösseren Renditeeinbussen bei Staatsanleihen erklärt. Henkel refinanziert mit dem aufgenommenen Geld Bankkredite.

Eine Ausweitung des Universums negativer Zinsen im Euro-Raum ist zu erwarten, da die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Kaufprogramm von Wertpapieren und die Erhebung eines Negativzinses nicht nur fortsetzen, sondern, wie Kommentatoren weiterhin annehmen, sogar intensivieren dürfte. Bei Euro-Wertpapieren seien «Crowding out»-Effekte zu verspüren. Der Schaden durch verzerrte Kurse und ausbleibende Kapitalverzinsung sei grösser als der Nutzen zusätzlicher Käufe. Und von Unternehmen sei eine veränderte Investitionspolitik kaum zu erwarten, da Überlegungen zur Kapazität oder zur Nachfrage wichtiger als die Zinshöhe seien.

Traditionelle Wirtschaftlichkeitsrechnungen würden durch negative Renditen auf den Kopf gestellt, und ein neuer Private-Equity-Zyklus drohe. Sogar Anleihen mit BB-Rating einiger Konzerne – wie Peugeot oder Heidelberger Zement – rentieren nur noch wenige Basispunkte über null.  Ende August überschritten die Käufe der EZB von Staatsanleihen seit 2015 1 Bio. €.  Ein Strategiewechsel wäre ein Übergang von quantitativen Vorgaben zum «yield targeting». Die EZB würde Renditeziele bekanntgeben und, falls nötig, entsprechend Anleihen kaufen. Yield

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