Kranke Banken?

Finanzsektor unter Druck: Europas Bankenbranche geht es schlecht. Nur die konsequente Neuaufstellung von Aufsicht und Abwicklung kann den Sektor von Grund auf erneuern und Europa vor finanzieller Stagnation bewahren.

Claudia Aebersold berichtet: In Europa lässt die dringend notwendige Flurbereinigung auch acht Jahre nach der Krise noch immer auf sich warten Das Vertrauen in Europas Bankensystem ist schwer angeschlagen. Das schwache Wachstum und die Altlasten aus der Ära vor der jüngsten Finanzkrise machen es verletzlich. (Verweis) Das Zusammenspiel aus strukturellen Problemen im Finanzsystem und zyklischer Konjunkturschwäche in der Euro-Zone ist ein giftiges Gebräu, das die Bankenbranche der Währungsunion mächtig unter Druck setzt. Wie stark, war zu Jahresbeginn ersichtlich, als die Aktien der Grossbanken innert kürzester Zeit einen Fünftel ihres Wertes verloren. Der Internationale Währungsfonds (IMF) warnt denn auch in seinem neusten (Verweis) Bericht zur Finanzstabilität vor den Schwachstellen im Euro-Bankensystem, die er mit den Begriffen Überkapazität, notleidende Kredite sowie veraltete Geschäftsmodelle umschreibt.

Die amerikanischen Banken stehen heute viel besser da als die europäische Konkurrenz, und dies nicht nur, weil die US-Wirtschaft im Konjunkturzyklus weiter fortgeschritten ist und eine Normalisierung der Geldpolitik in den USA eher in Reichweite ist. Amerika hat auch schneller und beherzter auf die Finanzkrise reagiert. Die amerikanische Aufsicht etwa hat nach dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers die Strukturbereinigung im Bankensektor dezidiert vorangetrieben. In Europa lässt die dringend notwendige Flurbereinigung hingegen auch acht Jahre nach der Krise noch immer auf sich warten. Die Zahl der Banken in der Euro-Zone hat sich seit 2007 nur halb so stark verringert wie jene in den USA (vgl. Grafik). So werden die Aktien europäischer Geldhäuser heute an der Börse zu einem rekordhohen Bewertungsabschlag gegenüber jenen amerikanischer Wettbewerber gehandelt – der Markt traut den europäischen Banken nicht. Besonders jenen nicht, die am stärksten unter den genannten Krankheiten leiden: die griechischen, die italienischen und die portugiesischen Institute sowie die deutschen Grossbanken. Auch bei den «schlechten» Aktiva wie illiquiden Positionen oder notleidenden Krediten haben die Europäer bisher zu wenig auf das Tempo gedrückt.

Der IMF schätzt, dass die Euro-Banken heute notleidende Kredite in der Höhe von 900 Mrd. € in den Büchern halten. Viele Euro-Banken haben das Zeitfenster für den Verkauf illiquider Aktiva, das sich nach dem Lehman-Kollaps durchaus geöffnet hatte, schlicht nicht genutzt. Heute sitzen sie nicht nur auf diesen toxischen Altlasten, sondern auch auf einem Berg an Problemkrediten, der in der gegenwärtigen Konjunkturlage anwächst statt kleiner wird. In einzelnen Fällen, wie in Deutschland, wiegen auch Rechtsrisiken aus der Vorkrisenzeit schwer. Politischer Filz als Erblast…
Die Bank ist krank

Harm Bengen www.w-t-w.org/en/harm-bengen www.harmbengen.de

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