Schäuble zur Reform der Währungsunion

Aus deutscher Sicht zäumt Brüssel die Reform der Banken- und Währungsunion am Schwanz auf. Nun hat Finanzminister Schäuble einen Gegenvorschlag skizziert.

René Höltschi berichtet: Die Diskussion über Reformen der Europäischen Währungsunion einschliesslich der Bankenunion gewinnt an Fahrt – aber auch an Dissonanz. Mit Blick auf eine einschlägige Debatte am Samstag, dem zweiten Tag eines informellen Treffens der EU-Finanzminister in Luxemburg, hat das deutsche Finanzministerium in einem Non-Paper einen Diskussionsbeitrag skizziert. Dessen Botschaft ist klar: Aus Sicht von Finanzminister Wolfgang Schäuble zäumen die EU-Kommission, die fünf Präsidenten der EU-Organe (im «Fünf-Präsidenten-Bericht») und manche Euro-Staaten das Pferd am Schwanz auf.
Jetzt eine Diskussion über eine weitere Vergemeinschaftung von Bankrisiken über eine gemeinsame Einlagensicherung oder Einlagen-Rückversicherung zu beginnen, sei «inakzeptabel», heisst es im Papier. Demgegenüber hat EU-Kommissions-Präsident Juncker am Mittwoch angekündet, in einem ersten Schritt werde Brüssel noch dieses Jahr einen Vorschlag für eine Einlagen-Rückversicherung für den Euro-Raum vorschlagen.

Auch für ein gemeinsames finanzielles Sicherheitsnetz (Backstop) für den europäischen Abwicklungsfonds (SRF) ist die Zeit aus Berliner Sicht noch nicht gekommen. Der über Bankenabgaben finanzierte SRF wird ab 2016 aufgebaut und kann zur Finanzierung der Abwicklung maroder Banken beitragen, wenn das Bail-in der Aktionäre und Gläubiger nicht ausreicht. Vor allem in der Aufbauphase könnte er an Grenzen stossen, sollten sehr grosse Banken in Schieflage geraten. Deshalb plädiert der «Fünf-Präsidenten-Bericht» dafür, dem SRF eine Kreditlinie des Euro-Krisenfonds ESM einzuräumen. Das deutsche Finanzministerium hingegen will es zunächst bei nationalen Kreditlinien für die nationalen «Kammern» des SRF belassen.
Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrisen

Bevor über weitere Schritte zur Vergemeinschaftung von Bankrisiken diskutiert werden kann, müssen aus Schäubles Sicht eine Reihe anderer Massnahmen ergriffen werden, um den Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrisen aufzubrechen. Hierzu regt das Papier unter anderem Schritte in Richtung eines Verfahrens zur Restrukturierung von Staatsschulden an, also eine Art Insolvenzordnung für Euro-Staaten. Zu den möglichen Optionen gehöre die automatische Verlängerung der Laufzeit von Staatsanleihen, wenn ein Staat Unterstützung des ESM erhalte, heisst es. Ähnliche Vorschläge gibt es von Ökonomen, nicht aber im «Fünf-Präsidenten-Bericht».

Auch müssten die Staaten dafür sorgen, dass die Banken genug «bail-in-fähiges» Fremdkapital vorhalten, fordert das Berliner Papier. Schliesslich plädiert es dafür, der europäischen Bankenaufsicht und der Bankenabwicklungsbehörde mehr Unabhängigkeit von der Europäischen Zentralbank bzw. der EU-Kommission zu gewähren. Bis jetzt ist dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Das Papier räumt ein, dass hierzu eine Revision der EU-Verträge (Primärrecht) nötig wäre. Eine solche erfordert ein schwerfälliges Verfahren mit Einstimmigkeit aller EU-Staaten, weshalb der «Fünf-Präsidenten-Bericht» grundsätzlichere Reformschritte erst für eine spätere Phase (nach 2017) vorsieht.

Das Schäuble-Papier sieht es umgekehrt: Erst wenn eine Vertragsreform vereinbart und die übrigen geforderten Schritte umgesetzt seien, könne man an einem gemeinsamen Backstop für den SRF arbeiten, stellt es klar.
Familie Euro

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